Ich habe Leuten zugehört.
Und zwar stieg ich in den Bus ein. Aber auf der richtigen Seite (der ohne Sonne) war keine einzige Sitzreihe mehr frei. Zumindest im Sommer bei Hitze stehe ich dann gerne, am besten in der schattigen Ziehharmonika. Also ging ich nach dort hinter.
An der nächstgelegenen Sitzbank saß mit Blick nach hinten ein unsportlicher Mittvierziger, der nach ein paar Haltestellen sich höflich bei den Damen hinter seinem Rücken erkundigte, ob denn der Bus nicht zum Bahnhof fahre. Die drehten sich um und gaben ihm Empfehlungen, wie er vom nächsten Stopp am bequemsten wieder in Richtung Bahnhof komme. Er bedankte sich und stieg aus.
Nach einer Weile setzte ich mich auf diese Bank, mit den beiden älteren Damen im Rücken.
Nach geraumer Zeit - vermutlich dachten sie, ich sein noch etliche Meter hinter ihnen, stieg mein Gehör in folgende Gesprächsfetzen ein:
"...der übrigens trägt nur Frauenkleider", sagte die eine.
"Der will aber keine Frau sein!", fiel die andere ihr ins Wort.
"Nein, Frau will er nicht sein. Aber er könnte doch auch mal ein schickes Hemd tragen.", die erste.
"Ja, ein schickes Hemd!", papageite die zweite.
"Er trägt aber nur Frauenkleider.", resümierte die erste.
Damit war das Thema gegessen. Andere Themen. Nach dem, was ich im weiteren aus den anderen Themen heraushörte, muss sie wohl auch mal in meiner Gegend gewohnt haben.
Suche das Kompliment!
Nein, da war keins. Ich könnte für mich den Fakt herauspicken, dass beide übereinstimmend überzeugt waren, dass ich keine Frau sein möchte. In diesem Punkt scheine ich wohl schon mal alles richtig gemacht zu haben.
Etwas diskriminerend könnte ich es empfinden, dass meine Bekleidung als "Frauenkleider" (Frauenbekleidung) bezeichnet wird. Was es im Geschäft zwar durchaus auch war. Aber mit meiner Muster- und Formen-Bereicherung habe ich ja auch nichts getan, diesen Eindruck dauerhaft zu unterbinden. Vor einem Jahr etwa habe ich in kurzen Zeitabständen mehrfach von Menschen gesteckt gekriegt, dass meine Bekleidung als "Frauenkleider" wahrgenommen werden. Davor hätte ich noch versucht zu erklären, dass es Männerkleidung ist, wenn ein Mann sich damit bekleidet - das wird aber niemand so unverhofft als neue Sicht inhalieren.
Inzwischen beleidigt mich das nicht mehr, als "Mann in Frauenkleidern" bezeichnet zu werden. Wobei als "Mann im Rock" oder "Mann im Kleid" ich das als weniger despektierlich, besser gesagt respektvoller empfinden würde.
Und mein dazugehörige Outfit dieser Begegnung im Bus könnt Ihr da sehen (
gestern getragen). Um die Wenigschreiber mal zu pimpen:
hier Bild.
Edit:
Ach, mir fällt auf bei Nochmaldurchlesen... Als Jugendlicher hatte ich erst mal fast nur Hemden getragen. Mir ist das aber zuviel. Das da mit dem Kragen am Hals. Bei manchen Hemdkleidern mit Kragen liegt der Kragen in der Regel weiter weg vom Hals. Aber im Sommer muss es schon kühl sein, um überhaupt ein Hemdkleid anzuziehen. Und das hat ja dann fast immer dünnen Flatterstoff. Nee, für Hemden bin ich nicht zu haben. Allenfalls mal im Winter.
P.S.: keine Stunde vor dieser Busbegegnung von oben, erinnerte mich ein älterer Herr in einem Hawaii-Hemd, dass ich mir - praktisch als meine letzten gekauften Hemden nahezu - vor langer Zeit mal zwei Hawaii- bzw. Seidenhemden gekauft habe. Bunt. Leichtes Material. Kaum angehabt, zumal ich sehr bald angenehmere Oberteile mir erobert habe. Aber zurück zu diesen Seidenhemden: ja, leicht, flatterhaft. Aber sie bedecken mir zu viel. Und schon alleine wieder dieser Kragen ist mir am Halse lästig.