Hallo!
Wenn ich mein Kamel anbinde und hoffe dass es nicht wegläuft, habe ich kein vertrauen in Gott. Wenn ich das Kamel anbinde gehe ich immer davon aus dass es weglaufen könnte... Ich habe auch kein Vertrauen darin dass mir das Kamel gehorcht. Wenn ich dem Kamel auch ein guter Diener bin, bleibt es auch von alleine, wenn es Angst vor mir hat wird es versuchen wegzulaufen.
Lieber Harry,
genau darum geht es ja in dem Gleichnis. Der Frager fragt, was er machen soll: Etwas tun oder auf Gott vertrauen, dass der es tut. Und Muhammad soll eben mit dem von mit zitierten Gleichnis geantwortet haben. Stell Dir vor, jemand arbeitet nicht mehr, weil er darauf vertraut, Gott werde ihn auch so ernähren. Selbst die Vögel, die in einer solchen Situation von Jesus als Gleichnis erwähnt werden, müssen ihre Nahrung suchen. Menschen arbeiten, Vögel suchen Narung, und dann ernährt Gott sie. Zum Kamelgleichnis: Gott gab mir den Verstand und die Fähigkeit, mein Kamel anzubieten. Warum sollte ich von dieser Fähigkeit nicht gebrauch machen. Garantiert ist es aber trotzdem nicht, dass es nicht wegläuft, denn der Knoten könnte sich lockern, das Seil könnte reißen, jemand könnte es losmachen und mitnehmen. Deswegen braucht man auch dann Vertrauen, wenn man selber alles Mögliche getan hat, um zu erreichen, was man erreichen will.
Oder mal konkret in Bezug auf Erlösung: Sicher kann es sein, dass man rein gar nichts tun muss, und auch so erlöst wird oder es schon längst ist. Auf der anderen Seite kann es aber auch sein, dass man beten muss oder meditieren oder Opfer bringen oder oder oder, um erlöst zu werden. Das Kamelgleichnis zeigt: Bete, meditiere, bringe Opfer, wenn du meinst, dass es gut ist, aber dann musst du trotzdem vertrauen, dass die Erlösung kommt. Und sie kommt dann meistens völlig unerwartet:
"Ohne Regeln war anfangs der Tee-Weg,
Eifer, Beherrschheit allein sein natürlich Gesetz.
Doch ob Regeln es gibt, ob nicht,
gibt nur den Willen man auf,
folgt wie ein Wunder die Wandlung."
(zen-buddhistisch, meines Wissens von Takeno Jôô)
Bleibt die Frage, ob Vetrauen oder Glaube nicht auch eine Leistung ist.
LG, Micha