Ihr könnt sicher auch schlüssig erklären, warum viele Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, so schlecht bezahlt sind.
Die Lohnpreise gestalten sich in großem Maße nach Angebot und Nachfrage (gemessen nicht in Personen sondern in Euro).
Deutsche Maschinen verkaufen sich besser als deutsche Pädagogik. Das hat nicht s mit dem Geschlecht der Anbietenden zu tun. Frag die Frauen, warum sie sich von den Technikerberufen fernhalten, und diese nicht zu Frauenberufen machen.
Manche Berufe haben Nachteile und Risiken, die sie zur Gewinnung von Arbeitskräften mit besseren Gehaltsaussichten ausgleichen müssen.
Gesellschaftlich wird einem Mann an sich weniger Wert zugesprochen als einer Frau an sich. Ein Mann gewinnt hauptsächlich durch Macht gesellschaftliche Anerkennung. Reichtum ist eine Form von Macht. Das ist nebenbei bemerkt ein Grund, weshalb Männer sich schöner Kleidung verweigern. Schönheit macht verletzlich, und das schwächt die Macht, und daß wir uns anscheinend als eigenen Wert für andere dekorieren, verspotten Machos, weil sie sowas nur bei Frauen kennen.
Da Geld den meisten Männern die einzige Möglichkeit von Machterwerb, und somit die einzige Möglichkeit zu sozialer Anerkennung, bietet, nehmen sie bereitwilliger Nachteile und Risiken zugunsten höherem Gehalts in Kauf. Am extremsten ist das bei den gefährlichsten Berufen. Daß mehr als 90% aller tötlichen Arbeitsunfälle Männer treffen, hat nichts mit männlicher Ungeschicklichkeit zu tun, sondern damit, daß an den gefährlichsten Arbeitsplätzen kaum oder keine Frauen sind. Um dies zu vertuschen reden Reporter bei Bergwerkunglücken zwar immer von Bergleuten statt von Bergmännern, auch wenn man sicher sein, daß da nur Männer betroffen sind. Zum Ausgleich wird bei Terroranschlägen von Hintermännern statt von Hinterleuten gesprochen, als ob es nie Terroristinnen gegeben hätte.
Bei anderen Nachteilen sind fundierte Zahlen schwerer zu finden. Für das Risiko des Lohnausfalls bei erfolgabhängigem Einkommen und unbegrenzten Arbeitszeiten könnte man vielleicht die Anzahl der Selbstständigen anführen. Es muß ja nicht gleich um Lebensgefahr gehen, um Frauen abzuschrecken.
Es gibt auch Nebensächlichkeiten, wie die Verpflichtung zur uniformen Kleidung, der sich die Frauen nicht so bereitwillig unterwerfen. Eine auf weiblichen Körperbau geschnittene Version der Geschäftsmannuniform ist problemlos erhältlich, und Frauen, die ihre Karriere ernst nehmen, tragen diese normalerweise auch. Die meisten Frauen aber lassen es sich nicht gern nehmen, den Wert ihrer Körperlichkeit durch schöne Kleidung hervorzuheben.
Mein Arbeitgeber hat gestern damit geprahlt, einen gender pay gap von unter 2% zu haben. Dabei arbeite ich in einem Wirtschaftszweig, der einen überdurchschnittlichen gender pay gap haben soll. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich dadurch auf, daß bei der Messung meines Arbeitgebers Aspekte wie Qualifikation und Berufserfahrung mit berücksichtigt worden sind.
Der gender wear gap ist offensichtlich ernstzunehmender als der gender pay gap.
Gruß,
Jo