Hallo Cephalus!
Warum unterstellst Du mir, dass ich lediglich weil ich selbst anders handeln würde und einen andern Geschack habe, anderen vorschreiben wollte, sich nach meiner Nase zu richten?
Wo unterstelle ich das? Du hast Dich etwas gefragt. Du hast selbst gleich drauf geantwortet. Ich habe keine moralische Wertung der Frage vorgenommen. Bleib bitte ganz entspannt. :-)
Es ging mir nur darum, daß Du eine Motivation erfragt hast, aber selber gleich eine geliefert hast -- die wohl in den meisten Fällen ausschlaggebend sein dürfte für entsprechende Vorschriften (bzw. Versuche derselben).
Nicht das ist die wirkliche Antwort auf meine Frage, denn der Kern meiner Frage ist:
"Die eigene Freiheit endet dort wo in die eines anderen eingegriffen wird" - Kann ein beliebiger Stil sich zu kleiden die Freiheit eines anderen beschränken?
Nur, wenn Du davon ausgehst, daß kein beliebiger Stil bei jemanden anderen Unwohlsein erzeugt. Und natürlich, daß Unwohlsein eine Verletzung der 'Freiheit' darstellt. Aber das ist hypothetisch und auch unwichtig.
Ich weiß, worauf Du hinauswillst, das ist mir schon klar. Die Frage ist doch viel eher, ob diese Minimalforderung ausreicht oder ob weitere Grenzen notwendig sind. Wer tagsüber auf einem Kinderspielplatz rumpoppt, schränkt auch niemandes Freiheit ein. Ob die Eltern der Kinder sich mit dieser Minimalforderung beruhigen lassen, ist eher zweifelhaft. Das hat zwar nicht konkret mit dem Thema zu tun, zeigt aber, daß das noch nicht alles sein kann. Es sind Szenarien vorstellbar, die dem nicht widersprechen und dennoch der breiten Masse zuwiderlaufen. Sich auf eine einfache Regel zu berufen, wird dabei nicht helfen. Ich halte es eher nach Kants Kategorischem Imperativ: "Handle stets so, daß aus der Maxime Deines Willens ein allgemeingültiges Gesetz abgeleitet werden könne."
Leider ist das noch nicht bei allen angekommen, "Was Du nicht willst usw." ist nämlich nicht dasselbe. Aber immerhin ein guter Anfang.
Es ist schlicht egal was ich über den anderen und seine Erscheinung oder Entscheidungen denke, ich sehe so lange kein Recht und keine Notwendigkeit ihn zu be- oder gar verurteilen wie er mich nicht beeinträchtigt.
Es mag sein, daß es egal ist. Vieles ist egal. Ob ich lebe oder nicht, kratzt das Universum kein bißchen. Ob ich das hier schreibe oder nicht, ist dem Universum auch egal. Ist das aber eine Handlungsgrundlage? Für wen? Und läßt sich darauf eine Gesellschaft aufbauen? Tötet jemand einen anderen, wirst Du nicht 'beeinträchtigt' -- je weniger Du mit dem Opfer in Verbindung standest, desto gleichgültiger kannst Du dem gegenüberstehen. Kein Urteil? Tyrannisieren einige Schläger eine 'Gemeinschaft', werden sehr viele beeinträchtigt -- stehst Du daneben, wenn es nicht Deine Gemeinschaft ist?
Man braucht keine Regel, kein Gesetz, wenn eh alle danach handeln. Du wirst kein Gesetz finden, wo den Menschen Atmen geboten wird, sie machen es eh. Man braucht Regeln, wenn ein bestimmtes Verhalten negative Folgen haben kann, so daß dieses Verhalten ausgeschlossen oder zumindest sanktioniert werden kann.
Ich denke dieser philosophische Ansatz dürfte in westlichen Kulturen die Basis sein, auch wenn man in fernöstlichen Regionen die Homogenität und das vermeintliche Wohl der Masse höher bewertet als das Individuum und dessen Interessen.
Aufgrund meiner Geschichte habe ich diese westliche Ordnung verinnerlicht, andere Gesellschaftsnormen kann ich wohl tollerieren aber nicht selbst für mich annehmen - das bitte ich zu entschuldigen.
Zum einen: Was habe ich denn bitte für einen Eindruck hinterlassen, daß Du glaubst, Dich für Deine angemessen vorgetragene Meinung entschuldigen zu müssen? (unangemessen vorgetragene Meinungen müssen auch nicht entschuldigt werden, bestenfalls die Form, in der das geschah)
Zum anderen: Weder Kollektivität noch Individualismus taugen in ihren Extremen für uns Menschen. Kannst ja mal "Die Welt der tausend Ebenen" von Philipp José Farmer lesen, da wird eine 'Gesellschaft' extremer Individualisten skizziert. Und die Aufgabe jeglichen Ichs kann man auch in diversen SF-Büchern, -Serien & Filmen lesen und anschauen (Charity-Reihe von Wolfgang Hohlbein, Star Trek mit den Borg), wenn man nicht gleich zu den staatenbildenden Insekten schauen möchte (Ameisen, Termiten, Bienen).
Uns bleibt als Menschen nur ein Großteil des zwischen den Extremen liegenden Spektrums. Pflege eines Selbsts, wo man Freiheiten genießt, und Teilhabe an einer Gemeinschaft unter Zugeständnissen und Kompromissen. Wie stark was ausgeprägt wird, ist ständig Teil unseres gesellschaftlichen, unseres politischen Lebens. Es wird sich vermutlich ständig ändern, wenn es keinen optimalen Zustand für alle Zeiten gibt, was ich glaube (aber, wohlgemerkt, nicht weiß).
LG
Masin
PS: Mir macht's gerade Spaß, deswegen sind die Texte etwas länger :-)