Danke für die Links, lieber Wolfgang! An diese Texte hatte ich nicht mehr gedacht.
Aber ich fand noch was, das ich vor 16 Jahren im zarten Alter von 39 geschriebe hatte. Die Tunica-Geschichte ist da nicht erwähnt, aber sonst geht der Beitrag über das hier Gefragte ein wenig hinaus. Ich weiß nicht mehr, wo ich ihn veröffentlich hatte.
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1. Version:
16.9.2004
Eigentlich ist das eine uralte Geschichte. Ich war noch nicht in der Schule da hatte ich eine gleichaltrige Freundin. Und irgendwie kamen wir dazu, dass ich Röcke von ihr anprobierte und manchmal trug, wenn ich bei ihr spielte. Das war noch zu einer Zeit, da Erotik keine Rolle spielte und der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen daran festgemacht wurde, welche Bewegungen man machte, wenn man Pipi musste.
Leider zog die Familie weg. Ich habe die Mädchen immer beneidet um ihre Röcke und Kleider und auch um andere Kleidungsstücke. Im Laufe des Älterwerdens, kam die Erotik dazu, aber davon will ich nicht erzählen. Ich erfuhr allerdings auch, dass Jungen und Männer in anderen Kulturen Röcke tragen oder zumindest trugen. So kam nach und nach die theoretische Einsicht, dass ich das auch tragen könnte. Aber abgesehen von heimlichen Anproben, setzte ich das nicht in die Praxis um. Es blieb beim Phantasieren.
Mit 21 Jahren machte ich eine Reise nach Sri Lanka und kaufte mir dort zwei Sarongs, die ich dort öffentlich trug. Welch herrliches Gefühl! Zu Hause traute ich mich nicht vor die Tür damit.
Ich kaufte mir auch schon mal einen Jeansrock, aber traute mich damit auch nicht raus, außer einmal im Dunkeln.
Später, als ich meine jetzige Frau kennen gelernt hatte, meinte sie, ich solle mal einen Rock anziehen. Das tat ich dann oft bei ihr, aber nie in der Öffentlichkeit.
Ich war schon 34 als ich im Internet diverse Männerrock-Foren fand. Den Männern, die dort von ihren Rock-Erfahrungen berichteten, wollte ich nicht feige nachstehen. Das hätte mein Ehrgefühl verletzt. So ging ich hinaus ins Menschengewühl und machte in den folgenden 5 Jahren viel mehr positive als negative Erfahrungen mit meinen Mitmenschen. Mittlerweile besitze ich ca. 30 Röcke, die Hälfte kurz, die Hälfte lang, und "erobere" damit ein gesellschaftliches Terrain nach dem anderen. Auch hielt ich schon Vorträge in Unis im Rock.
Soweit in groben Zügen meine Rock-Geschichte.
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28.9/4./6.10.2004
2. Version:
Eigentlich ist das eine uralte Geschichte. Ich war noch nicht in der Schule da hatte ich eine gleichaltrige Freundin. Und irgendwie – ich kann mich nicht daran erinnern, was der Auslöser war – kamen wir dazu, dass ich Röcke von ihr anprobierte und manchmal trug, wenn ich bei ihr spielte. Sicher war ich zu dem Zeitpunkt schon so sozialisiert, dass ich in Röcken Mädchenkleidung sah, aber ob dieses Bewußtsein bei dem Interesse, das ich an Röcken hatte, überhaupt eine Rolle spielte, ist mir heute nicht mehr gegenwärtig. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mich schämte, dem Vater meiner Freundin im Rock unter die Augen zu treten, gegenüber der Mutter aber keinerlei derartige Scham empfand. Leider zog diese Familie irgendwann weg.
Im Folgenden habe ich die Mädchen immer beneidet um ihre Röcke und Kleider und auch um andere Kleidungsstücke, denn ich fand so manches Mädchenkleidungsstück viel attraktiver als das, was ich so anzuziehen hatte. Strumpfhosen übrigens waren damals für Jungen und Mädchen gleichermaßen normal, und wenn ich heute lese, wie darüber diskutiert wird, dass Strumpfhosen gemeinhin als Mädchenkleidung angesehen werden aber für Jungen doch genau so geeignet sind, verwundert mich das, denn es ist für mich von klein auf selbstverständlich, auch wenn ich seit den Kindertagen kaum noch welche getragen habe.
Ich erfuhr allerdings auch, dass Jungen und Männer in anderen Kulturen Röcke tragen oder zumindest mal getragen haben, also in anderen Ländern und Völkern, aber auch hier bei uns von einigen Jahrhunderten. So kam nach und nach die theoretische Einsicht, dass ich das auch tragen könnte. Aber abgesehen von heimlichen Anproben, setzte ich das nicht in die Praxis um. Zu sehr war ich mittlerweile so sozialisiert, dass sich das für einen Jungen nicht gehört. Es blieb beim Phantasieren.
Mit 21 Jahren machte ich eine Reise nach Sri Lanka und kaufte mir dort zwei Sarongs, die ich dort öffentlich trug. Welch herrliches Gefühl, wie der Stoff die Beine umspielte und die warme Luft daran ließ! Erstmals bewegte ich mich in einem sozialen Kontext, in dem der Rock nicht nur als Frauenkleidung interpretiert wurde. Ach wenn das doch auch in Deutschland so wäre! Die Singhalesen sahen es mit Wohlgefallen, dass ich Freude an ihrer traditionellen Kleidung hatte. Wieder in Deutschland aber traute ich mich nicht vor die Tür damit, sondern trug die Sarongs nur zu Hause.
Der Neid auf die Mädchen und Frauen wurde indes immer größer, vor allem an warmen Sommertagen, an denen ich mir in meinen Hosen so winterlich eingepackt vorkam. So kaufte mir auch schon mal einen Jeansrock, aber traute mich damit auch nicht raus, außer im Dunkeln, was mir im Nachhinein eher Gefühle der Peinlichkeit erzeugt, letzteres natürlich nicht deshalb, weil ich einen Rock trug, sondern weil ich mich damit nicht tagsüber raus traute.
Später, als ich meine jetzige Frau kennen gelernt hatte, meinte sie zum Spaß, ich solle mal einen Rock anziehen. Das tat ich dann oft bei ihr, aber nie in der Öffentlichkeit. Das wäre ihr zunächst auch gar nicht recht gewesen.
Ich war schon 34 als ich im Internet diverse Männerrock-Foren fand. Den Männern, die dort von ihren Rock-Erfahrungen berichteten, wollte ich nicht feige nachstehen. Das hätte mein Ehrgefühl verletzt. So ging ich hinaus ins Menschengewühl, genoss das luftige Gefühl um die Beine und machte in Bezug auf das Rocktragen in den folgenden fünf Jahren viel mehr positive als negative Erfahrungen mit meinen Mitmenschen. Auch meine Frau merkte diese überwiegend positive Resonanz und freute sich mit mir. Ich denke, dass es vielen so geht, dass sie selbst zwar nichts dagegen haben, dass Männer Röcke tragen oder theoretisch sogar dafür sind, die Angst vor der Intoleranz der Mitmenschen sie aber davon abhält, es sich selbst bzw. ihrem Freund oder Mann zu gestatten.
Mittlerweile besitze ich ca. 30 Röcke in verschiedenen Stoffen, Formen und Farben (und Größen, denn ich habe zugenommen), die Hälfte kurz, die Hälfte lang, und "erobere" damit ein gesellschaftliches Terrain nach dem anderen. Dabei musste ich schon etwas Geduld und Hartnäckigkeit aufweisen, denn in jeder neuen sozialen Situation kam wieder die Spannung auf, ob ich wohl im Rock toleriert oder gar respektiert würde. Und immer wieder erwies sich die Furcht, es könnte nicht so sein, als unbegründet. Ob Freunde oder Familie, ob Nachbarschaft oder Verwandtschaft, ob Kommilitonen oder Kollegen, zumindest auf der Verstandesebene hatte niemand dagegen etwas auszusetzen, sondern teilte meine Argumente, nur kam dem einen oder der anderen ein wenig emotionales Unbehagen auf, eben aufgrund der gleichen Sozialisation, die weniger auf logischer, als auf sozialer Plausibilität beruht, also weniger auf konsequenter Logik als auf Herdentrieb. Hin und wider begegnete ich mal Jugendlichen oder Männern, die sich darüber lustig machten, doch darauf angesprochen, hatten sie keine Argumente, sondern lenkten ein. Auch hielt ich schon in Unis Vorträge im Rock ohne negative Reaktionen wahrzunehmen. Wie gesagt, positive überwogen. Die meisten Leute scheinen dem recht gleichgültig gegenüber zu stehen oder sie sind höflich und zurückhaltend oder aber sie befürworten das männliche Rocktragen, auch wenn sie es selber nicht praktizieren.
Wenn ich nun darauf zurück blicke muss ich doch sehr dafür plädieren, den Jungen von klein auf die Möglichkeit der freien Wahl zwischen Röcken und Hosen zu geben, damit sie nicht entweder zu Unterdrückten oder zu Rebellen werden müssen, wenn sie mal einen Rock tragen wollen und sich das aus Angst vor den Reaktionen der Mitmenschen nicht trauen oder aber so wie ich, Schritt für Schritt sich den Mut dazu erarbeiten müssen.
Wer keinen Rock tragen will, braucht das ja auch nicht, aber das Bewusstsein der Wahlmöglichkeit muss da sein, und daran hapert es eben auch, denn viele Jungs und Männer wissen nicht, dass sie die freie Wahl haben und empfinden die diskriminierende Kleidungskonvention nicht als solche, sondern eher als ein Naturgesetz. Sie wissen nicht, dass sie selber Schöpfer dieses „Gesetzes“ sind, und als solche es auch aufheben können. Aber was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es bekanntlich, und daran ist was wahres dran. Lasst also Hänschen schon lernen, damit Hans sich wohl fühlt als autonomes, eigenverantwortliches menschliches Wesen. Es gibt ja auch Frauen, die lieber Hosen als Röcke tragen, und da sie von klein auf so erzogen sind, dass sie die Wahl haben, wählen sie frei und ungezwungen. Warum sollten wir Männer es da schlechter haben? Dass viele Frauen sich der historischen Bedingtheit der sozialen Akzeptanz ihrer freien Wahlmöglichkeit nicht bewusst sind, sondern sie selbstverständlich wie ein Naturgesetz für sich wahrnehmen, steht auf einem anderen Blatt. Gerade aber die Frauen, die die Geschichte der weiblichen „Eroberung“ der Hosen kennen, stehen der Männerrockbewegung meistens sehr sympathisierend gegenüber oder unterstützen sie gar. Es sei denn, sie wollen die freie Wahl als weibliches Vorrecht für sich beanspruchen oder haben selbst einen solchen Widerwillen gegenüber Röcken entwickelt, dass sie gar nicht verstehen können, wie ein Mann gerne Röcke tragen kann.
Männer dagegen haben oft sehr viel Angst davor, von den Mitmenschen irgendwie ungünstig beurteilt zu werden und versagen sich so innere und äußere Freiheiten. Ihr Ruf ist ihnen oft wichtiger als Ihr eigener Sinn. Da bin ich echt froh, das hinter mir gelassen zu haben, und während ich mir das Recht auf meinen Eigensinn nehme, gestehe ich diesen auch anderen zu, und im gegenseitigen Respekt lebt es sich noch viel besser miteinander als in der gegenseitigen Unterdrückung und Unterwerfung. Das ständige Sich-Anpassen an vermeintliche soziale Zwänge schadet der Gesellschaft letztlich mehr als es ihr nützt, vor allem dadurch, dass es eine Menge Stress mit sich bringt und keinen echten Respekt voreinander produziert, sondern Fäuste in den Hosentaschen statt offener zum Gruß erhobener Hände. Das Rocktragen alleine ist natürlich keine Lösung aller psychosozialer Probleme, aber die eine oder andere Verkrampfung kann man damit schon lösen, das habe ich am eigenen Leib gemerkt. Aber auch hier muss ich eingestehen, dass es Menschen gibt, die sich einfach nur dann wohl fühlen, wenn sie sich ein- und unterordnen und unbemerkt in der Masse untertauchen können und keine Eigenverantwortung für ihr Verhalten übernehmen müssen. Nun, die Verantwortung möchte ich doch jedem aufbürden, der Mündigkeit für sich beansprucht, aber ansonsten mag sich, wer will, dem Herdentrieb ergeben, soll aber nicht von anderen erwarten, es ihm gleich zu tun. Dummerweise geschieht das aber oft, denn Individualisten stören die von Herdenmenschen konstruierte Plausibilität. Sie nehmen nämlich ihre eigenen Vorlieben oft als Naturgesetze hin. Ich möchte ihnen zumuten, für ihre sozialen Vorlieben die Verantwortung genau so zu übernehmen wie ich für die meinen. Wenn man eigene Verantwortung und Respekt voreinander zusammen bringt, kann dabei die wunderbarste und lebenswerteste Gesellschaft heraus kommen, in der auch niemand überfordert wird, weder darin, sich anpassen, noch darin, seine Individualität betonen zu müssen.
Ich bin gespannt, wie es weiter geht ...
Soweit in groben Zügen meine Rock-Geschichte.
Michael (MAS) im September 2004
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Ja, so hat das angefangen und so schieb ich 2004 darüber.
LG, Micha