Ich denke, es ist die Seh- und Denkgewohnheit, die hohe Absätze mal feminin, mal maskulin erscheinen lassen. Genau wie bei den Röcken.
LG, Micha
Ja, das ist es mit Sicherheit.
Aber Dein Vergleich mit den Röcken spricht Bände.
Es wird nämlich, falls überhaupt, ein gutes Stück Weges sein, bis sich High Heels an Männern allgemein toleriert durchsetzen könnten. Denn zuviele Scheren im Kopf sind aktiv, um die Männer im Gros an diese Schuhe heranzuführen.
Ich, für mein Teil, bin mir sicher, dass ich wohl niemals hochhackige Schuhe tragen werde. Ja, muss ich zugeben, so einmal im Jahr überfällt es mich im Schuhgeschäft, sowas mal auszuprobieren - a) um das Gefühl zu testen und b) um die Optik zu testen.
(Auch wenn es Gewöhnungssache ist) so werde ich nie die Herausforderung annehmen, mich im Gehen in Hochhackigem zu üben. Meine hochabsätzigsten Schuhe haben irgendwas von 4 oder 5 Zentimeter Absatz (gegenüber dem Zehenniveau). Das sind Straß besetzte Stiefeletten. Und jedesmal, wenn ich beim Tanzen irgendein normalgewichtiges, hübsches (naja, diese Eigenschaft spielt ja eigentlich keine Rolle) Mädel um mich herumwirbeln will, wirft es mich selbst aus der Flugbahn.
Und zu b) gefällt mir diese Optik auch an mir überhaupt nicht. Auch längst nicht an jeder Frau. Und an Männern fast ausnahmslos auch nicht.
Im Gegenteil, gerade zum Beispiel an Mark Bryan finde ich, sieht es sehr befremdlich aus. Ja, in meinen Augen lässt es ihn feminin erscheinen - und das sind ganz besonders die Schuhe. Um Marks Look ein wenig zu demontieren, finde ich, dass er ohnehin für männliche Verhältnisse recht dürr ist. Dann trägt er die engen Bleistiftröcke, was seiner Strich-in-der-Landschaft-haftigkeit noch einmal mehr Substanz gibt, und dann stelzt er sich noch auf dürres Fundament auf - ja, trotz Männergesicht gibt das allem einen sehr femininen Touch, das meinem Geschmack nach zuviel des Guten ist. Kann er ja machen, sein Marketing und seine Gefolgschaft in den Social Medias tut das ja wohl keinen Abbruch, aber für mich erschließt sich ganz klar: nicht nur, aber ganz besonders wegen den High Heels macht es die Erscheinung Mark extrem feminin.
Können Heels eigentlich feminin wirken, wo sie doch eine Erfindung für Männer waren, damit diese beim Reiten besseren Halt in den Steigbügeln finden?
War mir noch nicht so klar, dass Absatzschuhe was mit Reiten zu tun haben könnten, speziell Cowboys z.B. Aber ja, klingt plausibel.
Aber nein, Absatzschuhe wurden doch auch aus anderen Gründen entwickelt / getragen. Früher, als noch nicht die ganzen Autos die Luft verpesteten, da verpesteten die Fortbewegungsmittel die Straßen. Und ja, Straßen waren oft auch gar nicht so gepflastert oder aus festem Untergrund. Aber auch mit Pflaster sammelten sich die Pferdeäpfel und spätestens bei Regen vermatschte dann alles zu einem dicken unschönen Brei. Auch in den Städten, gerade da. Nicht zuletzt bei den Römern, aber auch später gab es ja sowas wie Bordsteine und Zebrastreifen aus Steinblöcken, um den Fußgängern die Möglichkeit zu geben, Straßen sauberen Fußes zu überqueren. Das war ja dann auch schon einer der Vorläufer von DIN-Normen, um eben die Achsen von Kutschen und Wägen darauf zu normieren.
Jeder, der im Mittelalter, wo diese Technik eher vergessen war, es sich leisten konnte, der trug Schuhe mit mehr Sohlenhöhe - und Absätzen. Nicht zuletzt wurde das dann zu einem Erkennungszeichen von Patriziern und vom Adel. Alles rangniedrigere konnte sich aus wirtschaftlichen Gründen solchen Luxus nicht leisten. Auch aus dem mittelalterlichen Japan sind mir Absatzschuhe aus den gleichen Gründen bekannt.
Dass sich im puristischen Bürgertum Europas, besonders gefühlt wohl Deutschland, dann das Entsagen des "Prunks" durchsetzte, mag zum Teil auch daran liegen, dass damit ein allgemeiner volkswirtschaftlicher Wohlstand ausgedrückt werden konnte. Wer flache Schuhe tragen konnte, der brauchte durch den Matsch nicht mehr laufen, der hatte seinen Fuhrmeister und seine Kutsche, die ihn überall hinbrachte. Wer flache Schuhe tragen konnte, der kam aus einer Stadt, die sich Straßenreinigung leisten konnte, oder die sich bereits eine Kanalisation erschaffen konnte.
Ich könnte mir ableiten, dass hochhackige Schuhe, gerade sowas wie Groschen- oder Pfennigabsätze für die Damen sich erhalten konnten, weil die Kleider der Damen nicht lange genug sein konnten (Bein zu zeigen war ja verpönt) und die hohen Schuhe dies noch zusätzlich ermöglichten. Und die dünnen Absätze auch als Zeichen, nicht viel auf den Beinen sein zu müssen. Und Mädels und Frauen, die sich das (in ihrem Alltag) nicht leisten konnten, sehnten sich bestimmt auch danach als Zeichen einer 'erhabenen Weiblichkeit' (nicht im Sinne von physischer Erhabenheit sondern im Sinne von sozialer Erhabenheit).