Autor Thema: Rock + SH im Penny-Markt.  (Gelesen 14599 mal)

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Rock + SH im Penny-Markt.
« am: 22.11.2004 23:45 »
Hi,

momentan i.d. Penny-Märkten:

Schwarze Baumwoll SH, sehr dünn (FSH ???) für 2,49 Euro.
--------------------------------------------------------------------------

Ab Montag, 29.11.04 in allen Penny-Märkten:

wadenlanger Rock,                            für 9,99 Euro

Gr. S - XXL, versch. Farben, Stretch-Stoff,

Front-RV, Taschen vorne, Godet-Form, lt. Foto, (Prospekt liegt schon aus) vielleicht auch in anderen Styles (?).

......nur mal hier zur Info.

Gruß

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Offline John

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #1 am: 23.11.2004 05:36 »
Das scheint das zu sein:

http://www.penny.de/01angebote/angebote_detail.asp?id=4756&f=1

Wenn man bedenkt, dass das Mädel hoge Absätze trägt ist der Rock fast bodenlang. Was OK ist.
 Bei einem Preis von 9,99 kann es aber minderwertige Qualität sein, und wenn so ein Rock billig "fällt" kann er auch schnell billig aussehen - und man selbst dann auch. Kann, wohlgemerkt, muss nicht. Andererseits, wenn er nichts ausieht hat man 10 Euro in den Sand gesetzt, das sind 3 dunkle Hefe mit Trinkgeld - und da analysiert man ja auch nicht lange....

Wenn ich aber bedenke, dass ein Guinness bei uns langsam die 4 EUR- Marke überschreitet, dann ist der Rock richtig geschenkt....

Offline Wild Bill

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #2 am: 23.11.2004 06:14 »
Hier in der USA haben wir ein sagen "You get what you pay for it"

Wild Bill

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #3 am: 23.11.2004 11:11 »
Hallo John,

vielen Dank für den Link.

Auf den Internet-Fotos sieht er aus, wie A-Linie ausgestellt, und doch nicht Godet = besser.

Qualität ? Hmm, kann man im Laden prüfen. Meistens ist ein Stück ausgepackt, da kann man den Stoff fühlen, die Nähte, den RV, usw.  Ich vermute, daß der Stoff schon dicker und edler ist, schlißlich ist jetzt Winter und nicht Sommer.

Die Discounter-Supermärkte in Deutschland haben immer bessere Qualität. Weil bei den sehr hohen Stückzahlen, wohlen viele Firmen gerne liefern/verkaufen. Die Supermärkte haben dann eine große Macht, wer den Auftrag bekommt.

Normalerweise kostet so ein Rock ca. 30,- Euro, aber wenn Penny-Markt ca. 150.000 Stück (oder mehr ?) auf einen Schlag bestellt, dann ist der Preis auch niedriger, bei gleicher, guter Qualität.

Wow, da würde sich Wild Bill freuen ?. Eine Order, mit 150.000 Utilikilts von einer Supermarktkette.

In USA vermute ich es anders. Da gibt es wenig, was wirklich billig ist. Und wer wenig bezahlt, darf auch nur wenig erwarten. Aber den meisten Amerikanern kümmert Qualität nur wenig. Wenn kaputt dann weg - und das Nächste gekauft.

bye

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Offline Ferdi

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #4 am: 23.11.2004 13:38 »
Hallo!

Stimmt, ist kein Godet-Rock. Bei Godet fällt der Rock gerade bis kurz vor dem Saum und ist dann stark ausgestellt.

Es scheint sich hier um einen Bahnenrock zu handeln. Ich habe einige davon. Sie haben A-Form, einen leicht welligen Saum und brauchen wegen ihrer Weite keine Schlitze. Baumwolle deutet eigentlich auf gute Qualität hin, wo unter Umständen "gehudelt" sein könnte, wäre an den Nähten und Reissverschlüssen sowie an eventuell vorhandenen Knöpfen. Das habe ich oft als Schwachstellen festgestellt, die sich aber leicht beheben lassen.

Gruss,
Ferdi
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Offline Wild Bill

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #5 am: 23.11.2004 13:46 »
Skirttrender:

Hier in der USA haben wir Qualität und haben wir Scheiße.  Unsere Utilikilt verkauft für USD 125,00, und ist die höchste Qualität.  Man kann zum Wal-Mart gehen und für $9.95 ein Frauenrock kauf und der Rock wird in ein paar Tagen auseinander fallen.  Ich bin sicher, dass dasselbe in Deutschland wahr ist.

Unsere Utilikilts sehen männlich aus.  Unsere Problem ist cost.  Unsere Kilts werden hier in Seattle genäht.  Alle anderen Kleidungshersteller haben ihre Produktion zu Ländern wie Taiwan, Kambodscha, China, Viet Nam, und Indien genommen.  Das ist gut für uns; Die nähenden Fabriken haben hunger, und sie bitten der Preis unten ihren cost zum Zweck am Leben zu bleiben.  Aber das ist noch immer nicht genug.  Sicher, für mehrere hundered oder einige tausend Verkäufe pro Monat, das ist ok.  Aber wenn wir eine Order haben für sag 100,000 Kilts,   wir konnten nicht die Kosten bekommen  niedrig genug , den Verkaufspreis vernünftig zu machen ohne das Beteiligen fremden Ländern für die Arbeit zu gehen.

Wenn Sie dazu die Kosten dessen hinzufügen die Duties, Steuern und Fees,  die Ihre Länder zusätzlich zum Basis-Preis , wird das unannehmbar.

Wir wissen das, und es ist schlecht.  vielleicht eines Tages können wir die Kilts in Deutschland machen so in Deutschland verkaufen  für ein vernünftiges Preis.  Aber dies wird durch  morgen nicht geschehen.

Ciao und Grüss (Grease  :)  )

Wild Bill

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #6 am: 23.11.2004 14:11 »
Hi Wild Bill,

if you have high cost level, you must produce it with quality, and sell it to a good price, to make money. It`s the same like Germans do, to sell our -expensive- cars in the USA.

Of course, when you offer your kilts with a printed certification, that it is really a Man-kilt, maybe you will get more customers to buy it.
A customer would try more to wear a kilt, because he get and can show the proof, that it is really a man-skirt, not made for women.
And with all this service, quality certification etc., the customer would not  ask for the price.

Wal-Mart is mostly not so cheap in germany, much others are cheaper. I buy mostly only soft-drinks in bottles.  

Every product or service finds his market and his customers.
The skirt/kilt has to fit for the customer, and the customer has to fit for the product and for the producer-company.

Kind regards

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #7 am: 29.11.2004 11:09 »
......ich war heute im Penny-Markt, habe den Rock angesehen......er ist NICHT wie auf den Fotos.

Er ist gerade, kaum ausgestellt, eher schmal. Keine Taschen, Rücken-RV + Knopf, hinten rückwärtiger kleiner Gehschlitz. Auch kein dicker Cord-Stoff (trotz Winter), anscheinend nur in braun erhältlich.
Für 9,99 Euro......ist er auch wie 9,99.

Fazit: Wer ihn will, sollte ihn vorher genau anschauen. Wer sich nicht sicher ist, dann besser nicht kaufen.
Wenn schon ausverkauft,.....habt Ihr nichts versäumt.

Gruß

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Offline Edelweiss

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #8 am: 29.11.2004 15:52 »
Hallo alle miteinander!

Also da kann ich nur sagen: *grins*!

Die Discounter beziehen diese extrem billigen Textilien aus China. Um es mit Ricis Worten zu sagen: "Kauft es, benutzt es und bringt es wieder zurück in die Läden und reklamiert die schlechte Qualität. Dadurch entstehen den Discounter derart hohe Kosten, dass sich der China-Dreck nicht mehr rechnet. Das gilt übrigends für alles aus China. Nur so werden Aldi, Lidl & Co. wieder hochwertigere Produkte aus europäischer Produktion ins Programm nehmen.

Kauft alle Röcke, und bringt sie kaputt wieder zurück (die brauch man nicht mutwillig kaputt machen, die zerfallen von selbst).

Mit dieser Vorgehensweise rettet Ihr sogar heimische Arbeitsplätze.

Viele Grüsse, besonders auch von Rici
Edelweiss
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Offline Edelweiss

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #9 am: 29.11.2004 15:59 »
Nachtrag:

Es ist ebenfalls typisch für das Chinageschäft:

Man bekommt nicht, was man bestellt. Die Chinesen liefert, was sie wollen. Und man kann es nehmen oder nicht. Deshalb stimmt das Werbebild nicht mit der tatsächlichen Ware überein. Es kam in letzter Zeit öfters bei den Discountern (sogar bei Aldi) vor, dass Aktionsware nicht lieferbar war. Für Chinesen gilt ein Liefertermin nicht, die liefern was und wann sie wollen. Als Geschäftsmann würde wäre das der Grund für mich, mit denen keine Geschäfte mehr zu machen. Aber unsere Nieten in Nadelstreifen, die auf den Managerposten sitzen, sind "fachlich zu einseitig" orientiert, dass sie das checken würden.

Viele Grüsse
Edelweiss

PS: Ich hoffe, ich bin jetzt keinem Rockträger auf die Füsse getreten....
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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #10 am: 29.11.2004 16:26 »
Hallo Edelweiss,

ja, habe ich vor 23 Jahren mit Textilien aus Indien erlebt, mit oft katastrophaler Qualität = noch schlechter wie hier beschrieben.

Malaysia ist i.d. Stundenlöhnen noch billiger als China, hat aber nicht so hohe Kapazitäten wie China. Viel Schmuck kommt aus Malaysia = viel Handarbeit nötig.  China: ca. 0,70 Euro/Stunde, Malaysia: Ca. 0,45 Euro/Stunde.

Sehr viele Computer und Computer-Teile (Platinen, Zubehör, etc.) kommen immer mehr aus China und Malaysia.

Aktionsware: Die Discounter sind in Verdacht, Aktionsartikel zu bewerben, sie aber gar nicht zu haben, und daher auch nicht zu verkaufen. Habe ich schon öfters bei Lidl erlebt, und Plus hat deswegen  sogar -wieder- eine EU-Klage am Hals.

Konkurrenz ALdi-Lidl: Z.B. Nähmaschinen: Jeder bietet für 50,- Euro an, vermutlich aus China, sehr schlecht. Aldi verkauft, bei Lidl sah ich keine Einzige Nähmaschine.

Bei Lidl heißt es dann vom Personal: "Ist schon ausverkauft" - noch am  Vormittag des ersten Aktionstages. Eigenartig: Es findet sich im Markt kein -leeres- Fach, kein Preisschild - sondern nichts !
Das gabs dieses Jahr auch mit Werkzeugkäsen, Starter-Akkus, usw.
Auch die Frage: "Wieviel Stück hat Ihre Filiale geliefert bekommen ?" wird jede Auskunft verweigert - sei Betriebsgeheimnis, dürfe man nicht sagen. (Klar, falls Tatsache=null würde Anzeige/Klage drohen)
Heute glaube ich keinem Lidl-Prospekt mehr.

Nähmaschine ? *juhuu*... ich habe heute meine Nähmaschine bekommen. Für 44,30 Euro, inkl. Versand, via ebay.
Ein supertolles, modernes Gerät, alles massiv, alles funktioniert. Singer-Futura 1050 (Bj. 1973 ??) Made in W.-Germany......und nicht teilweise der schreckliche Billig-Schrott aus China, Taiwan, oder "Sabba-Dabba-Land".  

Wozu `ne Nähmaschine ? Oh Mann, bei mir liegen noch drei Jeansröcke für Änderungen, umsäumen, etc.an, sowie eine Gürteltasche ändern.
Was ich will, gibts nicht im Laden, oder ist schweineteuer.

Viele Grüße an Alle,

Skirttrender
 




 

 


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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #11 am: 29.11.2004 23:24 »
Hallo Edelweiss!

Du bist keinem auf die Füsse getreten, nein, wir brauchen solche Hintergrundinformationen um in Diskussionen fleissig Propaganda gegen die Schundlieferanten zu machen. Jetzt wollen die sogar in das Autogeschäft einsteigen. Aber das wird irgendwann dazu führen, dass wieder europäische Ware gekauft wird. Ausserdem - wer weiss, welche Rolle Kinderarbeit dabei spielt.

Herzliche Grüsse an Rici, wie gehts ihr eigentlich?

Ferdi
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Offline Ben

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Re: Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #12 am: 30.11.2004 02:11 »
Hallo,

das Problem sind nicht die Produzenten in China, Malaysia, oder einfach gesagt in den Billglohnländern, sondern diejenigen, die sich davon viel versprechen.
Mal abgesehen davon, daß dort zu Löhnen und Bedingungen, bei denen wohl keiner wohl einen Finger rühren würde, gearbeitet wird, sind wir Konsumenten (mich eingeschlossen) und andere (Manager et al.), die dort ihr Heil sehen.

Aber, Rici und Edelweiss:
Ihr produziert auch in der Türkei. Sind da die Bedingungen so viel besser als in Deutschland oder Italien?

Gruß
Collantix Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.

Offline Edelweiss

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #13 am: 30.11.2004 09:58 »
Hallo Collantix,

danke, dass Du das ansprichst.

Ja, wir produzieren in der Türkei, wo auch sonst.  Die Türkei ist nach China der grösste Textillieferant der Welt. Die Bedingungen haben sich in den letzten Jahren sehr geändert. Zum einen bereitet sich die Türkei ernsthaft auf den EU-Beitritt vor. Kinderarbeit wurde z. B. dadurch unterbunden, in dem die Schulpflicht von 5 auf 9 Jahre verlängert wurde. Das Schulsystem entspricht dem Amerikanischen mit Volksschule, Highschool, College, Uni, wobei bereits in der Volkschule Englisch als Fremdsprache unterricht wird. Um fremdsprachlich fit zu werden, ist es üblich, für ein bis zwei Jahre im Tourismus zu arbeiten.

Umweltschutz ist ein wichtiges Thema geworden. Sicher ist noch an vielen Orten Handlungsbedarf, aber es ist sehr viel in Bewegung geraten. Die Stadt Istanbul beispielweise hatte 1993 ein sehr ehrgeiziges Projekt angegangen: Wegen des alljährlichen Wintersmogs sollte innerhalb von 5 Jahren alles auf Erdgas umgestellt werden, was bisher noch mit nasser, schlechter Braunkohle lief. Ich hielt dieses Projekt in der kurzen Zeit für diese riesige Stadt für unmöglich - in Deutschland hätte man sicher 15 Jahre gebraucht.
Nach nur 8 Jahren war auch die letzte Brennstelle umgerüstet, und das bei 12 Millionen Einwohnern (offiziell, und ca. 20 Millionen inoffiziell). Die Technologie kam aus Deutschland und Japan. Wie gut sie funktioniert, hat das verheerende Erdbeben bewiesen. Davor hatte ich am meisten Angst. Es gab keine Gasexplosionen, die Erdbebensicherungen in der Gasversorgung ist top! Im Stadtteil Avcilar, den es in Istanbul am stärksten getroffen hat, sind nur Häuser betroffen, die schlampig gebaut wurden. Die sind mittlerweile alle baupolizeilich gesperrt, zum Abriss fehlt aber das Geld. Es wurden dort auch Häuser nach den strengen deutschen Baunormen errichtet, die haben nicht mal einen Riss in der Wand.

Während man noch vor Jahren in Müllbergen an den Strassenrändern stapfte, ist es jetzt in vielen Orten so sauber, dass man sich nicht mehr traut, ein Papierchen fallen zu lassen. Damit das möglich ist, wird es auch von der türkischen Bevölkerung mitgetragen. Das Fernsehen propagiert und packt die Türken an ihrer Ehre. Und die zählt dort sehr viel. Die einzigen Volksgruppen, die das unberührt lässt, sind die Zigeuner und die Russen. Alle anderen machen mit. Und was die allseits angeprochene Kurdenunterdrückung betrifft: In kurdischen Dörfern lernen die Kinder neben der Amtssprache türkisch jetzt auch kurdisch. Die Todesstrafe wurde abgeschafft, das härteste Gefängnis Diyarbakir wurde Journalisten zugänglich gemacht und wird von den Medien überwacht.

Kopftücher sind in öffentlichen Einrichtungen, wie z. B. Schulen, Unis usw. verboten, ebenso für alle Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. In der modernen Türkei kenne ich keine unterdrückten Frauen.  

Die Goldvorkommen im Südwesten werden auf Druck der Amerikaner nicht gefördert, über die riesigen Ölfelder im Nordosten gilt seit dem 2. Weltkrieg ein Schweigeabkommen. In Istanbul wird eine Interkontinental-Verbindung zwischen Europa und Asien für die Eisenbahn gebaut. Die Türkei hat mit dem Iran ein Wirtschaftsabkommen zur Aufbauhilfe getroffen. Dies schliesst auch den Tourismus mit ein. Es ist eine leistungsfähige moderne Eisenbahnlinie in den Iran in Planung. Der Güterverkehr Teheran - Istanbul - Köln spukt seit dem Siemens-Versuch Anfang dieses Jahres in den Köpfen der Wirtschaftsmächtigen.

Die Textilindustrie in der Türkei hat das Chinageschäft in den letzten Jahren deutlich zu spüren bekommen. In Istanbul arbeitet jeder 4. Türke direkt oder indirekt für die Textilindustrie. Während es früher überwiegend kleine Hinterhofklitschen waren, die als Webereien, Färbereien, Schneidereien und Nähereien oft unter unmöglichen Bedingungen gearbietet haben, hat sich jetzt eine moderne Industrie daraus entwickelt. Die vielen kleine Firmchen haben sich zu grösseren Unternehmen verschmolzen, die wiederum Interessenverbände gegründet haben. Die türkische Textilindustrie behauptet sich gegen die Chinesen, in dem sie auf Qualität setzen. Die einheimische Baumwolle wird ökologisch angebaut und ist mittlerweile eine der hochwertigsten. Sogar Trigema in Deutschland verwendet türkische Baumwolle. Textilien Made in Turkey sind ein Qualitätsmerkmal und deshalb wird es von Rumänien, Ungarn, Bulgarien und China kopiert. Gerry Weber z. B. hat eine kleine Produktionsstätte in Berlin und lässt den Grossteil seiner Waren in  Istanbul fertigen. Allerdings sind mit der Qualitätsanhebung auch die Preise gestiegen. Ein Sweet-Shirt für 10-US-Cent  (bei 50.000 Stück) gibt es nicht mehr.

Rici und ich haben uns für den Start der Männerröcke die ehem. Textilstadt Augsburg ausgesucht. Augsburg und Byzanz, später Konstantinopel, heute Istanbul verbindet viel. Auch, dass der ganze Textilbereich nach Istanbul abgewandert ist.

So sehr ich jetzt einigen weh tun muss, aber wir leben nicht von Luft und Liebe. Betriebswirtschaftliche Zahlen sind entscheidend, gerade jetzt. Deshalb werden Männerröcke bei uns derzeit als "Hobby" von Rici und mir geführt. Es ist ein reines Zuschuss-Projekt, von Kostendeckung oder gar Gewinnen sind wir meilenweit entfernt.  

Noch ein kleiner Nachtrag zur Türkei:
Während die Gegend von Antalya ja mittlerweile jeder als Badeparadies kennt, sind die Wander-  und Klettermöglichkeiten im Taurusgebirge nicht weit von Antalya noch ein absoluter Geheimtipp. Und im Nordosten um den höchsten Berg der Türkei, dem Ararat mit über 5000 m Höhe, ist ein exklusives Schigebiet entstanden mit Liften und allem, was dazu gehört. Kategorie St. Moritz und teilweise teurer. Zielgruppe: Die reichen Industrieellen (von denen es genügend gibt) und superreiche Araber. Schneegarantie länger als in den Alpen.

Dieses Bild der modernen Türkei, wie ich es immer wieder erlebe, entspricht ganz und gar nicht dem, welches in Deutschland vorherrscht. Sicher sind die Gegensätze zwischen Ost und West noch sehr extrem, aber die moderne Türkei ist auf aktuellem Stand. Etwas zeichnet die Türkei auch noch aus: Die extremen Gegensätze, denen man oft auf Schritt und Tritt begegnet, leben in friedlicher Koexistenz nebeneinander.

Ich habe es sogar schon erlebt, dass Touristengruppen die Sultan-Ahmet-Moschee (Blaue Moschee) in Instanbul in Schuhen, ohne Kopftuch, mit kurzer Hose, schulterfrei und im Minirock betreten durften. Das ging selbst mir zu weit.

Um Deine Frage direkt zu beantworten:
Rici hat noch eine kleine Musterproduktion in Italien, den Grossteil hat sie auch nach Istanbul verlagert. Wenn Du konkurrenzfähig bleiben willst, bleibt Dir keine Wahl. Deutschland verbietet sich von selbst, viel zu hohe behördliche Auflagen, oft bloss reine Schikane, viel zu langsame Behörden, dann die Gewerkschaften. Das alles kostet Geld, das niemand bezahlt.

Wir stehen in einem globalen Wettbewerb. Nationaler Patriotismus oder lokaler Idealismus ist nur der Politik möglich, nicht in der Wirtschaft. Keiner kauft einer deutschen Firma Ware ab, die er (über die Discounter vom Ausland) für ein zehntel des Preises haben kann. Letzendlich ist es der Verbraucher selbst, der über das Sein und Nichtsein von Produktionsstandorten entscheidet.

Viele Grüsse
Edelweiss    
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Offline Günter

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Re:Rock + SH im Penny-Markt.
« Antwort #14 am: 30.11.2004 11:10 »
Wir stehen in einem globalen Wettbewerb. Nationaler Patriotismus oder lokaler Idealismus ist nur der Politik möglich, nicht in der Wirtschaft. Keiner kauft einer deutschen Firma Ware ab, die er (über die Discounter vom Ausland) für ein zehntel des Preises haben kann. Letzendlich ist es der Verbraucher selbst, der über das Sein und Nichtsein von Produktionsstandorten entscheidet.

Viele Grüsse
Edelweiss    

Hallo Edelweiss,
eine super Ausführung über die Türkei und deren Entwicklung in den letzten Jahren.
Doch eine Anmerkung zu deinem letzten Kapitel.
Immer wieder höre ich das Deutschland als Produktionsstandort nicht mehr tragbar sei.
Als jemand der in verantwortlicher Stelle bei einem in Deutschland produzierendem Unternehmen sitzt habe ich oft den Eindruck, daß es mit solchen Aussagen so ähnlich ist wie mit der Bekleidung ansich. Sie sind der Mode unterworfen.
Beispiel: Unsere GF will unbedingt Baugruppen in Polen fertigen, die Vergleichsrechnung zu einem in der Nähe bestehenden Lieferanten zeigt das Polen billiger ist.
Übers Jahr gesehen geht es um so 3-4T€! :o
Berücksichtigt werden da aber keine Allgemeinkosten wie Flüge Reisezeiten etc. Diese fressen die Kosteneinsparung mehr als auf! :-[
Ein Beispiel mag auch Trigema sein . Meiner Kenntniss nach produzieren sie 100% in Deutschland und sind trotzdem marktfähig! :D
Und die Flexibilität der Behörden wächst beträchtlich wenn es um Ansiedlung neuer steuerzahlender Betriebe geht. Die aktuelle Lage gibt da den Unternehmen gute Druckmittel an die Hand.
Hinzuzufügen sei noch ein gewisser umweltpolitischer Aspekt.
Beim Kauf billiger Ware mit nur kurzen Lebensdauern entsteht haufenweise Müll!
Gegen den protestieren dann Leute, die scheinbar grün nicht nur hinter den Ohren sind und tragen auf dem Protestmarsch Billigschuhe die sie dirkt nach dem Marsch wegwerfen ! :-\
Gruß
Günter
Alle sagten : "Das geht nicht" und dann kam einer und machte es.


 

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