Hallo Barefoot-Joe,
dieses Gespraech scheint sich zu einem guten Diskurs zu entwickeln. Die Idee, dass der Foetus sich zunaechst weiblich entwickelt ist eine Theorie, die als mittlerwerile widerlegt gilt. Dazu hat vor allem die med. Stammzellforschung beigetragen. Die Stammzellen, die die Neurula bilden, was landlaeufig als Foetus bezeichnet wird, sind "tutipotent". Das heisst sie differenzieren sich auf jede moegliche Weise durch einen aeusseren Reiz. Deswegen sind sie ja medizinisch so interessant. Man kann mit ihnen jedes gewuenschte Gewebe produzieren. Embryonale Zellen koennen so auch z.B. Herzmuskelgewebe bilden. Tutipotenz ist per Definition nicht ungeschlechtlich sondern plurigeschlechtlich, weil aus den gleichen materiellen Voraussetzungen unterschiedliche Produkte entstehen koennen. Das ist wie mit Legosteinen, aus denen ich ein Auto oder ein Schiff bauen kann. Deswegen ist es falsch zu sagen, das ein einzelner Legostein weiblich oder maennlich ist. Fuer die biologische Entwicklung sind die Geschlechtschromosomen und ihre hormonelle Aktivitaet fuer das Ergebnis einflussreich. Jungen und Maedchen sind also nur Varianten des gleichen Koerpers. Fuer das geborene Kind kommen dann noch die gesellschaftlichen Einfluesse hinzu. Aus der hormonellen Substitutionstherapie bei praepubertaeren Transgendern wissen wir, dass sie enorme Effekte hat auf die Geschlechtsbildung, eben weil in uns auch Jahre nach der Geburt Reste dieser undifferenziert, asexeullen Potenz drinstecken, die sich in die ein oder andere Richtung ausbilden laesst. Es gibt bei Erwachsenen immer noch Reste adulter Stammzellen im Knochenmark
Zur Geschlechtlichkeit eines Embryos empfehle ich neben den aktuellen Buechern ueber Embryonalbiologie unbedingt den Klassiker: "Das andere Geschlecht", von Simone de Beauvoir.