Autor Thema: Sie steht ihren Mann  (Gelesen 3143 mal)

triks

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Sie steht ihren Mann
« am: 05.04.2006 07:47 »
Hallo,

immer wieder höre ich den Spruch, die Frau steht ihren Mann. Ich frage mich, was will das eigendlich sagen?

Will es sagen, die Frau macht, was sonst ein Mann macht? Meint es, die Frau ist so viel Wert, so tüchtig oder so mutig? Sagt es, die Frau sieht aus, wie ein Mann, oder benimmt sich, wie einer? Mich interessiert, wie ihr das versteht.

Warum steht man als Mann nicht seine Frau? Was muss geschehen, was mus der Mann tun, damit er seine Frau steht? Ich habe schon öfter meine Mitmenschen mental aus dem Gleis gehoben, indem ich sagte, ich stehe meine Frau. Mich interessiert, was das bei euch für Assoziationen weckt.
 :)

Offline cephalus

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Re:Sie steht ihren Mann
« Antwort #1 am: 05.04.2006 11:08 »
Hallo Triks,
wenn eine Frau ihren Mann steht verstehe ich darunter, "sie ist tüchtig, erfolgreich durchsetzungsfähig" auf das Aussehen beziehe ich das nicht.
Manchmal ist damit aber auch etwas leicht Negatives verbunden: "sie ist weniger zurückhaltend, ordnet sich nicht unter, ist mit Vorsicht zu geniesen"

Das Ganze entspringt eben einem archaischen Rollen- und Wertebild, eine latente Geringerwertigkeit der Frau einschließend.
Der inverse Spuch wäre nur dann schnell begreifbar, würde sich das tief verwurzelte, traditionelle Bild umkehren.
Der Ausdruck "... steht (für) ihren..." wird in der Regel zur Aufwertung einer Sache oder Person verwendet, was in den Köpfen von Mann zu Frau derzeit nicht funktioniert.

Man kann eigentlich nur hoffen, dass dieser Ausdruck bald wertlos und unverständlich wird, und auch nicht in der anderen Richtung eine nachvollziehbare Bedeutung erlangt.

Cephalus


Offline Ferdi

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Re:Sie steht ihren Mann
« Antwort #2 am: 05.04.2006 13:52 »
Hallo triks!

"er steht seinen Mann", das sollte ursprünglich heissen, dass ein Mann die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt und den Anforderungen z. B. im Beruf gewachsen ist. Da heute als Ergebnis der Emanzipation viele Frauen Berufe ausüben, die früher nur von Männern ausgeübt wurden, hat man diesen Spruch einfach auf die Frauen übertragen.

Trotz aller Emanzipation werden Frauen aber auch heute noch als besonders beschützenswerte Menschen angesehen, obwohl das längst nicht mehr gerechtfertigt ist. Emanzipierte Frauen bestehen sogar darauf, ihre Angelegenheiten ohne männliche Hilfe zu meistern. Niemals würde man über eine emanzipierte, beruflich erfolgreiche Frau sagen "Diese Frau steht ihre Frau".

Das sind einfach Äusserungen, die das männerbeherrschte "Patriarchat" in Jahrhunderten hat entstehen lassen, die das Männliche auf einen höheren Sockel stellen und das Weibliche als weniger wert, schwach und in permanenter Opferrolle sehen. Somit würde die Aussage "er steht seine Frau" einen Mann von diesem erhabenen Sockel stürzen, auf den ihn das Patriarchat gestellt hat und ihn mit einer Frau gewissermassen auf Augenhöhe stellen. Genau das geht aber vielen wenig selbstbewußten Männern an die Substanz, weil sie diese künstliche Ãœberhöhung brauchen, um ihr Selbstwertgefühl zu stützen und etwas aufzublähen, was sie aus sich selbst heraus nicht schaffen. Das ist meiner Meinung nach der Grund, warum alles, was im Entferntesten irgendwie mit Weiblichkeit zu tun hat, von Männern so sehr zurückgewiesen wird. In Bezug auf die Kleidung kommt noch verstärkend hinzu, dass Kleidung für Frauen nicht einfach nur Bedeckung des Körpers und Darstellung eines persönlichen Stils ist, sondern auch zur sexuellen Stimulation von Männern mißbraucht wird. Das führt dann zu diesem unseligen "Sex sells"-Bewußtsein, was viele Frauen einfach dazu verführt, sich regelrecht zu prostituieren, nur um einmal bei einer der zahllosen Fleischauftriebssendungen gewisser Primitivfernsehprogramme durchs Bild laufen zu dürfen. Dass sie damit den Wert ihres eigenen Geschlechts vernichten und sich zu bloßen Sexobjekten degradieren, daran denken sie dann nicht mehr.

Auch darin sehe ich einen Grund, warum Männer diese Kleidungsstücke, die von Frauen dafür gerne eingesetzt werden, ablehnen, obwohl sie ihnen gefallen und obwohl sie sie gerne auch selbst nutzen würden. Sie wollen sich einfach nicht in den weiblichen Abwertungsstrudel mit hineinziehen lassen, sie sind doch "ganze Kerle, die ihren Mann stehen".

Ich jedenfalls, der wahnsinnig gerne Röcke aller Art trägt, fühle mich keineswegs in diesen Entwertungsstrom hineingezogen. Ich fühle mich für diese Zustände nicht verantwortlich. Warum soll ich also auf Kleidungsstücke verzichten, in denen ich mir selbst sehr gefalle und die zu mir gehören wie die Augen, Haare, Hände und Beine? Nur weil diese Kleidungsstücke andernorts mißbraucht werden? Ich denke ja nicht daran, nur deswegen auf etwas zu verzichten, was ich gerne mache.

Gruss,

Ferdi
Freiheit heißt, sich von anderen unterscheiden zu dürfen.


 

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