Hi Leute,
das ist ja echt mal ein spannender Diskussionsfaden!
Ich bin ja wie Ferdi auch schon im 5. Jahr einröhrig dabei (seit 1999; abgesehen von wenigen Gelegenheiten, die ich schon vorher wahrnahm). Und Blockaden kenne ich immer noch.
Dabei meine ich, kann man reine innere Blockaden von denen, die mit Angst vor Reaktionen der Mitmenschen zu tun haben, nicht so scharf voneinander trennen. Wir sind ja alle so oder so sozialisiert und haben so von klein auf gelernt, an unsere Mitmenschen bestimmte Verhaltenserwartungen heranzutragen. Und dazu gehört auch, dass Männer Hosen tragen, und wenn sie Röcke tragen, dann kommt die oben erwähnte Gleichung: Röckträger = Transvestit = Schwuler = gefährlicher Zeitgenosse = Mensch, den man besser meidet. Eine rationale Relativierung dieser Gleichung hilft dem Bewusstsein, aber nicht sofort dem Unterbewusstsein.
Diese total bekloppte Gleichung wirkt sich doppelt aus: 1. Wir trauen uns selbst nicht mehr über den Weg, wenn wir gegen die anerzogene Kleidungssitte verstoßen. 2. Wir trauen anderen nicht zu, über ihr zu stehen und so wie wir die Sache rational zu betrachten.
Die Wirkung dieser Gleichung wird immer wieder verstärkt, weil wir immer wieder auf Menschen stoßen, die an sie glauben. Eine Minderheitenmeinung zu vertreten ist für uns Herdentiere sehr schwierig durchzuhalten, wenn wir immer Gegenwind bekommen. Man darf nicht vergessen, dass Normverhalten in der Zeit, in der es genetisch angelegt wurde, also in der Steinzeit, überlebenswichtig war.
Also kenne ich solche Blockaden auch im 5. Rockjahr noch, vor allem immer, wenn ich im Frühling nach einem Hosenwinter erstmals wieder im Rock unterwegs bin, vor allem da dann immer wieder mal frühlingsgefühlbelastete Jugendliche meinen Anblick als Anlass zu Schwuchtelrufen nehmen. Das nervt!
Da ich aber mir selber als Feigling vorkäme, wenn ich nicht trotzdem im Rock ausgehen würde, und da ich meine Mitmenschen auch nicht beleidigen möchte, indem ich ihnen allen unterstelle, nicht vernünftig denken zu können sondern nur Reaktionäre zu sein, tue ich es dann trotzdem.
Ich achte doch einen Mitmenschen als vollwärtiges Gegenüber eher, wenn ich ihm zutraue, mich zu akzeptieren und zu respektieren so wie ich bin, als wenn ich ihm diese Fähigkeit abspreche! Wenn ich dagegen ihnen allen in erster Linie Intoleranz, Engstirnigkeit usw. unterstelle, entwickele ich ihnen gegenüber eine negative Einstellung, und das schadet meinem sozialen Eingebettetsein in die Gesellschaft doch noch viel mehr, als wenn ich selbstbewußt einen Rock trage.
Ich falle auch nicht gerne negativ auf, positiv dagegen gerne. Und da für mich das Auffallen als rocktragender Mann positiv besetzt ist, tue ich das dann auch.
Ich finde Ferdis Einstellung, die Ursachen für das Rücksichtnehmenmüssen in Kleidungsfragen bekämpfen wollen sehr löblich und vorbildlich.
Was Kinder anbelangt: Ich habe nur Neffen und Großnichten, aber keine eigenen Kinder. Die Neffen sind schon erwachsen, die Großnichten die Töchter des ältesten Neffen. Die kennen mich im Rock, d.h. die einjährige Jüngste hat noch keinen Blick dafür.
Unter
http://mitglied.lycos.de/benny_hill/ findet sich ein Forum, in dem Mütter schreiben, die ihre Söhne in "Mädchenkleider" kleiden. Einige wollen ihre Söhne feminisieren, aber andere sehen in Röcken und Kleidern auch Jungenkleidung bzw. geschlechtsneutrale Kinderkleidung. Da liest man dann auch von Jungs, die im Rock zur Schule gehen und keien Probleme damit haben. Das macht doch Mut und Zuversicht! Oder?
So, jetzt muss ich arbeiten.
Beste Grüße in die Runde!
Michael