Lieber Harry,
ja, ich dachte mir, dass es passt. Dass Du es nicht gelesen hast, macht da nichts. Wenngleich ich, sofern Du auch Fiktion liest, Hesse nur empfehlen kann. Mein Konzept vom "sozialverantwortlichen Eigensinn" ist sehr von ihm beinflusst, wenn auch nach meinen Einsichten verändert.
Den "Demian" lese ich jetzt jetzt zum zweiten Mal, und auch ein paar andere Hesse-Bücher habe ich zweimal gelesen. Es geht letztlich immer wieder um die Selbstfindung und -verwirklichung, was in einigen Büchern auch im Freitod der Hauptperson endet.
Im "Demian" kommt auch ein Satz vor, der zu den berühmtesten Zitaten wurde: „Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was von selber aus mir heraus wollte. Warum war das so schwer? “
In dem von mir fotografieren Teil sagt Sinclairs Freund Pistorius aber, dass die Individualität eines Menschen nicht nur das beinhalte, was ihn von anderen unterscheide, sondern auch das, was er mit allen, ja mit allen Vorstufen in der Evolution gemeinsam hat. Der Einzelne ist also mit allen anderen verbunden. Das spricht mich sehr an.
Von Hermetik versteh ich noch nichts, habe die Hermetik aber gerne als genuin europäische Religion aufgezählt. Ich sollte mich mal mit ihr beschäftigen, einerseist religionswissenschaftlich von außen, andererseits aber auch mal sehen, was praktisch damit anzufangen ist. Ich lernte mal einen Buchhändler kennen, der mir erzählte, er könne Leute durch anguckem dazu bewegen, dass sie sich nach ihm umdrehen. Ich hatte nie Interesse an Manipulationen. Im "Demian" kommen solche Dinge vor, aber es scheint mir, dass es nur so eine Nebengeschichte ist, ähnlich den Wunderkräften, die einige buddhistische Mönche angeblich beherrschen, über die der Buddha sagte, sie führten letztlich ab vom Ziel. Diese Einsicht meine ich bei Hesse auch zu erkennen. Aber vielleicht ist ja noch anderes in der Hermetik zu finden.
Außer Hesse kann ich auch Hans Bemmann empfehlen, der auf seine Art dasselbe Thema beinhaltet. Er starb 2002. Und natürlich den schon in einem anderen Thread erwähnten Michael Ende.
Also wenn Du Spaß an Geschichten hast, ...
Hesse hat Kleidung übrigens zwar hier und da erwähnt, aber seine Figuren trugen immer das Übliche: Rock und Hut und Mantel. "Rock" hier im Sinne von "Jacke". Frauen tragen Kleider. Wenn ich also behaupte, er hat mich auch im Röcketragen bestärkt, dann nicht direkt, aber indem er jeden Leser bestärkt, das zu leben, was aus ihm heraus will, auch wenn das so sehr schwer ist - manchmal.
LG, Micha
PS:
Du hast deine Furcht überwunden. Das ist weitaus mehr wert, als keine Furcht zu haben.
- Hans Bemmann, Stein und Flöte