Autor Thema: Rockakzeptanz als Generationenproblem  (Gelesen 9764 mal)

Offline Holger Haehle

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Rockakzeptanz als Generationenproblem
« am: 07.11.2016 16:42 »
Bei jungen Leuten erlebe ich eine weit verbreitete Toleranz. Und mit dem Verständnis meiner Rockambitionen ist bei meinen Studenten auch die Akzeptanz gestiegen. Erst habe ich gedacht, dass es nur an meinen Motiven liegt, und dass die verstanden werden. Nur, Nachahmer gibt es trotzdem nicht. Durch nachfragen stellte ich fest, dass meine Motive zwar verstanden und verinnerlicht wurden, dass aber die Gewöhnung an meine regelmäßige Rockerscheinung einen deutlich größeren Effekt auf die Akzeptanz hatte.

Die Studenten empfinden mein Verhalten weiterhin als mutig. Sie möchten es auch angesichts praktischer Vorteile bei heißem Wetter nicht übernehmen. Sie fürchten, wie sie sagen, dass sie den Respekt der Kumpels verlieren. Ein Student hat das so formuliert: „Ich kann mich doch nicht auf eine Stufe mit den Chicks (Frauen) stellen und glauben, dass meine Freunde mich weiterhin in der alten Art und Weise behandeln“. Obwohl sie den Unsinn mit der femininen Konnotation des Rocks erkennen, geht ihnen die Erkenntnis nicht tiefer als ihre sozialen Prägungen. Die sind stärker und mit der Angst verbunden vor sozialer Ächtung.

Daneben können sie Rockträger auch akzeptieren, weil es bei der Bekleidungswahl um eine allgemeine Freiheit geht. Umfangreiche Persönlichkeitsrechte und individuelle Freiheiten werden sehr hochgeschätzt. Praktische Argumente belegen somit nach der Gewöhnung an mein Rockaussehen, sozialen Prägungen und einer hohen Priorität für persönliche Freiheiten erst den vierten Platz.

Einen kernigen Kontrast dazu bildet die alte Generation, die schon lange im Ruhestand ist. Das habe ich bei einem Arztbesuch deutlich erlebt. Das Durchschnittsalter lag etwa zwischen 60 und 80 Jahren als ich den Wartesaal betrat. Mein Auftreten in einem kniebedeckenden Plisseerock zog enorme Aufmerksamkeit auf mich. Einige Mienen waren erstarrt wie im Schock. Man wollte nicht glauben, was man da sah. Ein Mann umkreiste mehrmals die Stuhlreihen und konnte den Blick auch nicht abwenden, wenn ich ihn bei jeder Runde anlächelte. Auffällig war auch, dass die Männer intensiver und offener glotzten als die Frauen. Nach etwa 20 Minuten war ich immer noch die Attraktion.
Ein tibetischer Mönch, der mit dunkelgelbem Poloshirt und einem weiten Maxirock in einem sehr dunklen Rot hereinkam, zog keine Blicke auf sich. Und diesmal habe ich sehr genau hingesehen. Wo kam das Desinteresse her? Ich musste schmunzeln. So oder ähnlich bekleidete Mönche sieht man häufiger. Daran ist man hier gewöhnt. Die Röcke und Kleider religiöser Würdenträger werden in einem kulturell akzeptierten Kontext gesehen. Diesen Rockträgern begegnet man somit mit einer positiven Voreingenommenheit. Schon krass wie stark die alte Generation zwischen einer eingeführten Rocktradition und etwas Neuem unterscheidet.

Als ich einigen Studenten von dem Erlebnis erzähle, sind die überzeugt, dass die Männer schockiert waren von der Dreistigkeit mit der sich ihnen ein vermeintlich Schwuler zeigte. Wirklich interessant, wie stark ein kultureller Kontext die Wirkung eines Rocks bestimmt. Da wurde mir nochmal deutlich, warum ein Kilt das Rock tragen leichter und akzeptierter machen kann.

Im Generationenvergleich schneiden mir die jungen Leute besser ab. Zu viel Fortschritt darf man aber nicht erwarten. Prägungen sind konservativ und zäh. Sie verändern sich nur langsam. Schön, dass junge Menschen heute deutlich mehr ihre Freiheit lieben und auch Minderheiten ihre Freiheiten zubilligen. Die allgemeine Toleranz ist deutlich gewachsen. Mir ist klargeworden, dass ich mit meiner Rockidee im Fahrwasser einer liberalen, freiheitsliebenden Gesellschaft schwimme, in der meine sorgfältig ausgearbeiteten Rockargumente über die Rockhistorie und praktische Vorteile eine untergeordnete Rolle spielen. Kleidung und Mode sind eben ganz überwiegend kultureller Ausdruck.

Offline MAS

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #1 am: 07.11.2016 19:29 »
Danke Holger, für diesen Beitrag!

Ich müsste mal meine Studierenden fragen, was sie so denken über mein Rocktragen. Meiner Beliebtheit scheint es zumindest nicht abträglich zu sein.

Als ich unserer Sekretärin erzählte, dass sich die Arzthelferin in der Uni wegen meines Rockes noch an mich erinnerte, obwohl ich vor zwei Jahren bei ihr zur  Impfung war, musste sie lachen und sagte, ihr falle es gar nicht mehr auf, das sei so normal für sie geworden.

Allerdings habe ich bis auf wenige Ausnahmen auch mit älteren Leuten keine negativen Erfahrungen. Eher kommen sogar mal Komplimente von älteren Damen und zum Teil auch von Herren.

Eher noch scheinen mir Teenies Probleme damit zu haben, einen rocktragenden Mann zu sehen.

LG, Micha
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Offline Asterix

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #2 am: 07.11.2016 19:39 »
Oft hab ich das Gefühl, dass eher die ca. 30-60-Jährigen das größere Problem darstellen, als die Über-60-Jährigen. Habe so einige Rentner um einiges aufgeschlossener erlebt als jüngere. Aber pauschalisieren lässt es auch nicht.

Zum Thema "Tibetischer Mönch" - in dem Bereich, wo ich aufgewachsen bin, sieht man öfter Priester in Talaren, und Messdiener in ähnlichen rockartigen Gewändern...zum weiblich konnotierten Rock wird auch hier ein großer Unterschied gemacht. Insofern nichts Neues )

Und schön, dass du schreibst, und dich dabei nicht beirren lässt (so viel läuft also hier doch nicht schief  ;) )

LG
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Offline Barefoot-Joe

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #3 am: 08.11.2016 21:33 »
Zitat
Ein Student hat das so formuliert: „Ich kann mich doch nicht auf eine Stufe mit den Chicks (Frauen) stellen und glauben, dass meine Freunde mich weiterhin in der alten Art und Weise behandeln“.

Und genau das ist einer der Gründe, weshalb ich einen Rock anziehe. Weil viele Männer selbst heute in unserer "aufgeklärten" Zeit immer noch dem Wahn verfallen sind, dass der Mann irgendwie über der Frau steht. Weil Eltern das immer noch bewußt oder unbewußt ihren Kindern beibrigen. Weil unsere gesamte Gesellschaft dieses Bild befördert und so für Ungleichheit und Differenzen sorgt. Es wäre eigentlich Aufgabe der Schulen, den Kindern das bewußt zu machen, aber leider passiert da auch sehr wenig und gerade deshalb finde ich es ganz prima, wenn ein Lehrer mal im Rock vor den Schülern steht und das ganze zum Thema macht. :) Das müsste nur mehr in die Medien. Holger, wäre es nicht eine Idee, mal die Diskussionen mit den Studenten zu filmen, so als Projekt vielleicht? Und das dann auf YouTube zu stellen?
Ich bin ein Mensch mit Irritationshintergrund.

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Offline Holger Haehle

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #4 am: 09.11.2016 07:15 »
Hallo Asterix,

wahrscheinlich würde der tibetische Mönch auch in Deutschland mit seinem einröhrigen Beinkleid. voll akzeptiert werden. Das ist fast immer so, wenn die kulturelle Konnotation passt. Deswegen haben Kiltträger es ja auch einfacher. Ich bin halt nur fasziniert, wie schmal der Grat zwischen Rocktoleranz und Rockablehnung sein kann.

Vielleicht wird das deutlicher, wenn ich erzähle, dass mich einst ein Augenarzt sehr distanziert behandelte und auch auf den sonst üblichen Handschlag ausließ, als ich zum ersten Mal in einem sehr kurzen Hosenrock erschien. Sein Verhalten änderte sich schlagartig, als ich mich breitbeiniger hinsetzte und den Schritt entblößte. Plötzlich war die altbekannte Freundlichkeit wieder da und zum Abschied gab es dann doch noch einen Handschlag. Er hatte noch rechtzeitig den vermeintlichen Rock bei genauer Betrachtung als Hose identifizieren können. Seine Welt war so wieder in Ordnung. Seine Sorge über einen Geschlechtsrollenverstoß hatte sich aufgelöst.

Ich aber war tief beeindruckt, wie eine nur wenige Zentimeter lange Naht, die einen Schritt zeichnet, eine Welt aufteilte, weil die Naht damit zur Ordnung einer Weltanschauung beitrug. Es scheint „natürlich“ zu sein, dass Menschen neuen Erfahrungen mit Skepsis und Vorbehalten begegnen, aber muss das gleich so krass sein? Ich finde, die Macht von etwas Stoff wird doch sehr uebertrieben. Es geht in beiden Fällen (beim Mönch und mir) doch nur um einen Rock.

Hallo B.J.,
die Idee mit einem Schulprojekt und Video ist nicht schlecht. Das passt gut in den allgemeinen Unterricht (z.B. Sozialkunde, Biologie). Bis ins naechste Semester bin ich aber vornehmlich  an der Uni mit BWL beschaeftigt. Ich werde mich deines Vorschlags erinnern, wenn ich wieder mehr am College zu tun habe.

LG

Offline Holger Haehle

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #5 am: 09.11.2016 07:18 »
Hallo Micha,

ich habe den Vorteil, dass ich Mode und speziell Rock und Hose in das Curriculum für Marketing aufgenommen habe. So kann ich leicht für die notwendige Marktforschung mit Fragebögen etwas Feldforschung durchführen, die mir statistisch signifikante Ergebnisse liefert. Leider beeindruckt dieser Erkenntniszuwachs Nico überhaupt nicht, der gerne mit dem Gewicht seiner persönlichen Einzelerfahrung, hunderte anderer Meinungen pauschal in die Tonne drückt.

Eigentlich kannst du auch Erhebungen durchführen. Du könntest nach so viel Rockjahren sogar an eine Langzeitstudie denken. Du musst nur eine geeignete Fragestellung formulieren.

Grundsätzlich empfehle ich jedem in seiner persönlichen und beruflichen Umwelt, mit Fragen nach einem Feedback zu suchen, damit die eigene Meinung nicht einseitig bleibt. Durch den Blick über den eigenen Tellerrand kann die eigene Position durch Reflektion differenzierter werden. Genaueres Wissen hilft Maßnahmen zu entwickeln, die den Umgang miteinander stressfreier machen. Wissen ist Macht gegenüber Vorurteilen, die vom Unwissen fantasievoll genährt werden.


Offline Dr.Heizer

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #6 am: 09.11.2016 07:37 »
Wissen ist Macht gegenüber Vorurteilen, die vom Unwissen fantasievoll genährt werden.
Der Satz ist sehr gut formuliert, Holger!

Macher hat sein Wissen durch persönliche Erfahrungen, Gespräche und Studien erlangt, andere durch Google, Siri und Co. Erstgenannten begegne ich sehr gerne, es ist immer angenehm und auch manchmal sehr spannend, sich mit ihnen zu unterhalten, denn sie haben meist einen weiteren geistigen Horizont und hinterfragen mehr. Bei diesen Menschen ist die Akzeptanz durchweg größer und ja, tatsächlich sind es vermehrt Menschen, welche über eine gewisse Lebenserfahrung verfügen.  :)

Ich habe oft das Gefühl, dass viele, vor allem junge Menschen, sich zu sehr beeinflussen lassen und sich selbst nicht wirklich zu eigener Stärke ermutigt und befähigt fühlen.
Viele Grüße aus dem Vogtland, Dr.Heizer

Offline GregorM

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #7 am: 09.11.2016 08:30 »

Einen kernigen Kontrast dazu bildet die alte Generation, die schon lange im Ruhestand ist. Das habe ich bei einem Arztbesuch deutlich erlebt. Das Durchschnittsalter lag etwa zwischen 60 und 80 Jahren als ich den Wartesaal betrat. Mein Auftreten in einem kniebedeckenden Plisseerock zog enorme Aufmerksamkeit auf mich. Einige Mienen waren erstarrt wie im Schock.

Im Generationenvergleich schneiden mir die jungen Leute besser ab.


Ich habe einen solchen Unterschied nicht erlebt. Der Grund könnte vielleicht sein, dass ich selbst dieser alten Generation gehöre, die schon lange im Ruhestand ist und ein Durchschnittsalter zwischen 60 und 80 Jahren hat.

Gruß
Gregor - alt, aber lange nicht alt genug.

Gruß
Gregor

Offline MAS

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #8 am: 09.11.2016 10:02 »
Hallo Micha,

ich habe den Vorteil, dass ich Mode und speziell Rock und Hose in das Curriculum für Marketing aufgenommen habe. So kann ich leicht für die notwendige Marktforschung mit Fragebögen etwas Feldforschung durchführen, die mir statistisch signifikante Ergebnisse liefert. Leider beeindruckt dieser Erkenntniszuwachs Nico überhaupt nicht, der gerne mit dem Gewicht seiner persönlichen Einzelerfahrung, hunderte anderer Meinungen pauschal in die Tonne drückt.

Eigentlich kannst du auch Erhebungen durchführen. Du könntest nach so viel Rockjahren sogar an eine Langzeitstudie denken. Du musst nur eine geeignete Fragestellung formulieren.

Grundsätzlich empfehle ich jedem in seiner persönlichen und beruflichen Umwelt, mit Fragen nach einem Feedback zu suchen, damit die eigene Meinung nicht einseitig bleibt. Durch den Blick über den eigenen Tellerrand kann die eigene Position durch Reflektion differenzierter werden. Genaueres Wissen hilft Maßnahmen zu entwickeln, die den Umgang miteinander stressfreier machen. Wissen ist Macht gegenüber Vorurteilen, die vom Unwissen fantasievoll genährt werden.



Gude Holger,

na ja, ich kann das Rock-Thema nicht zum Thema der Forschung oder Lehre machen. Es hat zu wenig mit Religionswissenschaft zu tun. Ich kann also nur die mir zukommenden Reaktionen wahrnehmen. Und die sind hier in der Uni ohne Ausnahmen positiv im Sinne eines freundlichen, respektvollen Umgangs mit mir, egal ob seitens der Studierenden, der Verwaltung, der anderen Dozenten*innen oder der Profs.

Ich möchte das Thema auch niemandem aufdrängen. Aber ich gebe zu Beginn eines Semesters ein kurzes Profil von mir aus, worin steht, was meine Aufgaben an der Uni sind, was ich sonst noch beruflich, auch ehrenamtlich mache, und auch dass ich überzeugter Rockträger bin. Zwei Fotos von mir sind dabei, eines mit Rock, eines nur den Oberkörper zeigend, und ein Link auf unser Forum ist auch dabei. Ich habe nicht den Eindruck, dass das schlecht ankam.

Allerdings traf ich bis auf einen Soziologiestudenten hier an der Uni noch keinen anderen männlichen Rockträger.

LG, Micha 
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Offline Holger Haehle

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #9 am: 09.11.2016 16:31 »
Zitat GregorM: Ich habe einen solchen Unterschied nicht erlebt. Der Grund könnte vielleicht sein, dass ich selbst dieser alten Generation gehöre, die schon lange im Ruhestand ist und ein Durchschnittsalter zwischen 60 und 80 Jahren hat.

Gruß
Gregor - alt, aber lange nicht alt genug.

Auch Alter sollte man nicht pauschal bewerten. Wenn man genauer hinschaut, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Massgeblich sind in jeder Generation die Praegungen bis zur Adoleszens, denn bis etwa zum 21-25 wird die Festplatte in unserem Hirn intensiv beschrieben. Die Praegungen bis hierher bahnen sich neuronal am staerksten. Wenn diese Phase, wie in Taiwan, durch Krieg und Militaerdiktatur bestimmt wurde, ergibt das andere Effekte auf das Alter, als wenn ein Hippie aus den 60er Jahren alt wird. Natuerlich gibt es in einer Generation weitere Unterschiede. Als ich als Student mal in einem Altenheim einer SPD-nahen Stiftung jobte, waren die Leute dort ganz anders drauf, als die erzkonservativen Alten aus meiner katholischen Kleinstadt. Und Rock tragende Querdenker und "Querulanten" zeigen sich auch im Alter immer noch kritisch und nonkonformistisch. Das hebt sie und Gregor angenehm von der breiten Masse ihrer Generation ab.

Offline Holger Haehle

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #10 am: 09.11.2016 16:41 »
Zitat Micha: na ja, ich kann das Rock-Thema nicht zum Thema der Forschung oder Lehre machen. Es hat zu wenig mit Religionswissenschaft zu tun. Ich kann also nur die mir zukommenden Reaktionen wahrnehmen. Und die sind hier in der Uni ohne Ausnahmen positiv im Sinne eines freundlichen, respektvollen Umgangs mit mir, egal ob seitens der Studierenden, der Verwaltung, der anderen Dozenten*innen oder der Profs.
Ich möchte das Thema auch niemandem aufdrängen. Aber ich gebe zu Beginn eines Semesters ein kurzes Profil von mir aus, worin steht, was meine Aufgaben an der Uni sind, was ich sonst noch beruflich, auch ehrenamtlich mache, und auch dass ich überzeugter Rockträger bin. Zwei Fotos von mir sind dabei, eines mit Rock, eines nur den Oberkörper zeigend, und ein Link auf unser Forum ist auch dabei. Ich habe nicht den Eindruck, dass das schlecht ankam.

Wenn der Schwerpunkt deiner Arbeit kein Rockthema  zulaesst, kannst du natuerlich nicht so weit gehen wie ich. Aber der offene Umgang mit dem Rockthema gegenueber den Studenten ist auch wichtig. Und da hast du offensichtlich das Moegliche getan.

Offline DesigualHarry

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #11 am: 09.11.2016 17:05 »
Hallo!

Ich habe eigentlich schon von allen Altersgruppen sehr schöne Komplimente bekommen, nur drücken sich Jugendliche und ältere Leute bei den Kommentaren Unterschiedlich aus. Ich sehe bei mir kein Generationsproblem bei der Rockakzeptanz. Vielleicht ist es aber auch in Österreich, und speziell in Tirol durch den Aktiv Tourismus sehr angenehm und leicht als Mann im Rock.

Offline MAS

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #12 am: 09.11.2016 22:46 »
Zitat Micha: na ja, ich kann das Rock-Thema nicht zum Thema der Forschung oder Lehre machen. Es hat zu wenig mit Religionswissenschaft zu tun. Ich kann also nur die mir zukommenden Reaktionen wahrnehmen. Und die sind hier in der Uni ohne Ausnahmen positiv im Sinne eines freundlichen, respektvollen Umgangs mit mir, egal ob seitens der Studierenden, der Verwaltung, der anderen Dozenten*innen oder der Profs.
Ich möchte das Thema auch niemandem aufdrängen. Aber ich gebe zu Beginn eines Semesters ein kurzes Profil von mir aus, worin steht, was meine Aufgaben an der Uni sind, was ich sonst noch beruflich, auch ehrenamtlich mache, und auch dass ich überzeugter Rockträger bin. Zwei Fotos von mir sind dabei, eines mit Rock, eines nur den Oberkörper zeigend, und ein Link auf unser Forum ist auch dabei. Ich habe nicht den Eindruck, dass das schlecht ankam.

Wenn der Schwerpunkt deiner Arbeit kein Rockthema  zulaesst, kannst du natuerlich nicht so weit gehen wie ich. Aber der offene Umgang mit dem Rockthema gegenueber den Studenten ist auch wichtig. Und da hast du offensichtlich das Moegliche getan.

Ja, wahrscheinlich, Holger. Unsere Sekretärin lobt gestern meine neue Stiefeletten, und meinte sie passen gut zum Gesamtoutfit, also zum langen Jeansrock. So selbstverständlich ist ihr mein Rocktragen inzwischen.

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androgyn

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #13 am: 10.11.2016 00:19 »
Vielleicht ist es aber auch in Österreich, und speziell in Tirol durch den Aktiv Tourismus sehr angenehm und leicht als Mann im Rock.
Ein Österreicher erzählte mir, dass er Sarongs und Kilts zuhause trägt aber nicht in der Öffentlichkeit, weil es in Österreich nicht akzeptiert ist.

Offline kalotto

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #14 am: 10.11.2016 03:33 »
Akzeptanz hängt von Individuen ab, nicht von Nationen, bei mir ist's nur die Familie, Kilts und Jeansröcke gehen sogar da durch, wenn sie nicht zu kurz sind.
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Offline high4all

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #15 am: 10.11.2016 07:59 »
Akzeptanz hängt von Individuen ab, nicht von Nationen, bei mir ist's nur die Familie, Kilts und Jeansröcke gehen sogar da durch, wenn sie nicht zu kurz sind.
In Niederösterreich und Wien habe ich niemals Probleme beim Tragen von Röcken und Kleidern gehabt.
Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #16 am: 10.11.2016 12:31 »
Akzeptanz, Zustimmung oder auch Ablehnung  zu meinen einröhrigen Gewandungen* erhalte ich aus allen Altersgruppen.
In jeder Gruppe gibt es solche und solche.
Aber ernsthafte Probleme hatte ich bisher deswegen nicht.

*verwende ich ganz gerne anstelle von "Outfit"
Laßt Euch nicht von Zweifeln plagen
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Offline Jo 7353

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #17 am: 10.11.2016 21:55 »
Ich konnte bisher noch keinen Unterschied zwischen Jungen und alten beobachten.
Wichtiger scheint mir zu sein, in welchem  Zusammenhang und mit welchen begletenden Signalen man den Rock trägt. Die unterschiedliche Reaktion auf den tibetanischen Mönch und den europäischen Rockträger spricht für andere Faktoren. Zudem werden hier im Forum auch zum teil sehr unterschiedliche  Erlebnisse berichtet, und ich habe den Eindruck, daß die Unterschiedlichkeit auch vom Rockträger abhängt. Ich denke also daß vieles wichtiger ist als das Alter, aber das läßt sich nicht so einfach in Zahlen fassen.
Eines sollte man auch nicht vergessen. Wir hier im Forum gehören vorwiegend zur älteren Generation.

Gruß,
Jo
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Offline GregorM

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #18 am: 11.11.2016 21:04 »
Ich erlebe seit vielen Jahren überhaupt keine Probleme. Vor zehn Jahren oder so könnte ich, wenn auch äußerst selten, negative Kommentare hören, und sie hing mit dem Alter nicht zusammen, war eher mit Sozialstatus verbunden: je schlechter ausgebildet und je schlechter der Einkommen, umso negativer die Reaktionen zum Rock.

Aber wie gesagt, das hat sich geändert. 

 
Gruß
Gregor
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Gregor

Offline lea

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #19 am: 26.11.2016 20:53 »
Hallo. Ich möchte mich nicht einmischen. Aber eine Frage habe ich zur Akzeptanz zum Rock an Männern dann doch. Ich habe ja in meinem Vorstellungspost, das Problem meiner Familie (Mein Vater) angesprochen. Wie sehr ist die Angst meiner Mutter korrekt, sich für einen Ehemann im Rock schämen zu müssen? Ich meine, wenn es nicht mein Vater wäre, wäre es mir noch mehr egal. Denn mir ist egal, wer was trägt. Aber da es mein Vater ist, komm ich mir eben grade richtig bescheuert vor und völlig überrumpelt. Denn die Akzeptanz die ich mitbekam als ich ihn im Rock "erwischte", war von meinen Kumpels her 2 geteilt. Die Mädels sagen cool. Die Jungs sagen, seit wann ist dein Vater eine Schwuchtel und machen sich jetzt über mich und meine Familie lustig. Gymnasium. Hat also nichts, wie einer der Männer hier schreibt mit Bildungsstand oder Reichtum zu tun. Ob Hauptschule oder bei uns eben Gymnasium ich denke mal, dass geht durch alle Schichten der Gesellschaft. Mein Dad ist Syndikus und Mum ist Anwältin für Steuerrecht. Also hat das Rocktragen der Männer evtl. in den eher gehobeneren Schichten der Gesellschaft mehr zulauf als bei den,sagen wir mal, unteren Schichten?  Und kann ich evtl. zwischen Mum und Dad vermitteln, wenn ich als Vorschlag bringe, dass er öffentlich halt in einem Männerrock, ich denke hier gelesen zu haben, dass das dann der Kilt ist und privat im Damenrock mit Nylonstrumpfhosen experimentieren soll? Ich will nicht, dass Mum und Dad sich trennen, wegen einer Phase oder der Midlife Crises meines Dads. Ich bin aktuell echt völlig überfordert mit der Situation.  Ich war völlig geschockt als ich ihn so sah. Und evtl. habe ich auch übertrieben, als ich es zuhause gleich Mum erzählte, aber ich war so enttäuscht von ihm, so völlig allein gelassen. Von dem Mann, den ich bisher absolut vertraute und der für mich wie eine Vorbildfigur war. Völlig integer und über jedem Zweifel erhaben. Nur ist das jetzt weg. Völlig. 17 Jahre Vater Tochter Beziehung weg. Und Mum gehts genau so. 27 Jahre zusammen und jetzt? Kein Vertrauen mehr. Nur noch blanke Enttäuschung.
Jeden Tag eine neue Freude,
die Zeit verstreicht wie im Fluge.
Ihr Götter, es ist die Zeit vor Jul.

Freyas Herz spricht jede Sprache,
Liebe kommt aus auch ohne Worte.
Freyas Herz schlägt in jedem von uns.
Göttliche Freya lebt mitten unter uns.

androgyn

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #20 am: 26.11.2016 23:06 »
Hallo Lea,

Wie sehr ist die Angst meiner Mutter korrekt, sich für einen Ehemann im Rock schämen zu müssen? Ich meine, wenn es nicht mein Vater wäre, wäre es mir noch mehr egal. Denn mir ist egal, wer was trägt. Aber da es mein Vater ist, komm ich mir eben grade richtig bescheuert vor und völlig überrumpelt.
Ja eben, weil es dein Vater ist. Die gleiche Scham dürfte auch bei dir aufkommen, wenn es dein Bruder wäre oder ein anderes sehr nahestehendes männliches Familienmitglied. Die Ursachen liegen darin, dass Weiblichkeit als etwas "minderwertiges" bewertet wird und Männer, die sich feminin anziehen, sich in ihrer Rolle als Mann anderen gegenüber "abwerten". Im Gegensatz zu Mädchen, wenn sie Skinnyjeans und Basecaps anziehen, sich erhöhen, weil sie etwas "maskulines" übernehmen. Aber Weder Weiblichkeit noch Männlichkeit ist  minder oder höherwertig als das andere. Die Gesellschaft trennt immer noch danach und das bekommt jeder von klein an eingeimpft.

In aller Regel passiert überhaupt nichts, dass man sich für einen Mann im Rock schämen müsste.
Es gibt immer welche die das cool und mutig finden. Aber das sind eben immer persönliche Empfinden, Vorerfahrungen und Weltbilder, die man weitergeben bekommen hat. Zu dem Thema, warum die eigene Frau sich oft beim eigenen Mann mit Röcken schwer tut, haben wir schon viel gechhrieben, dass ich das hier nicht weiter ausführenm möchte.

Denn die Akzeptanz die ich mitbekam als ich ihn im Rock "erwischte", war von meinen Kumpels her 2 geteilt. Die Mädels sagen cool. Die Jungs sagen, seit wann ist dein Vater eine Schwuchtel und machen sich jetzt über mich und meine Familie lustig.
Das ist nur bei pupertierenden Jungen so.  Darauf solltest du nichts geben.
Schwule Männer ziehen üblicherweise keine Frauensachen an oder kleiden sich feminin. Sie stehen auf Männer. Wenn sich ein Junge nun einen Rock anzieht, hat die restliche Gruppe angst, dass sie selber in ihrem Ansehen vor anderen Jungs sinkt. Das ist bei Mädchen anders. Deine Freundinnen reagierten ja recht entspannt auf deinen Vater. Und wenn sie das tun, kann es nicht so übel aussehen. Klar, es ist ungewohnt, weil es kaum Vorbilder mit Männern in Röcken gibt. Der Durchschnitt an dem Männer mit dem Rocktragen anfangen, liegt so bei 30 Jahren. Da haben sich Männer gefestigt und machen ihre Männlichkeit nicht mehr von Äußerlichkeiten abhängig. Durch immer mehr Aufklärung im Internet, Socialmedies und Medien sinkt natürlich das auch Anfangsalter.

Ob Hauptschule oder bei uns eben Gymnasium ich denke mal, dass geht durch alle Schichten der Gesellschaft. Mein Dad ist Syndikus und Mum ist Anwältin für Steuerrecht. Also hat das Rocktragen der Männer evtl. in den eher gehobeneren Schichten der Gesellschaft mehr zulauf als bei den,sagen wir mal, unteren Schichten?
Mit der Bildung hat das relativ wenig zu tun, eher mehr damit, in welchem Umfeld man sich bewegt, Freundeskreis und wie man gewillt ist, Dinge und festgefahrene Strukturen zu hinterfragen und aufzubrechen.

Und kann ich evtl. zwischen Mum und Dad vermitteln, wenn ich als Vorschlag bringe, dass er öffentlich halt in einem Männerrock, ich denke hier gelesen zu haben, dass das dann der Kilt ist und privat im Damenrock mit Nylonstrumpfhosen experimentieren soll?
Wenn das ein Kompromiss für euch ist, könnte das die bessere Wahl sein. Das wichtigste ist immer, dass man darauf achtet, dass es zur Person passt und dein Dad sich darin wohl fühlt. Dann kommt auch ein Damenrock nicht schräg oder peinlich rüber. Gregor kann dir in Sachen Kilts am besten weiterhelfen.

Ich will nicht, dass Mum und Dad sich trennen, wegen einer Phase oder der Midlife Crises meines Dads. Ich bin aktuell echt völlig überfordert mit der Situation.  Ich war völlig geschockt als ich ihn so sah. Und evtl. habe ich auch übertrieben, als ich es zuhause gleich Mum erzählte, aber ich war so enttäuscht von ihm, so völlig allein gelassen. Von dem Mann, den ich bisher absolut vertraute und der für mich wie eine Vorbildfigur war. Völlig integer und über jedem Zweifel erhaben. Nur ist das jetzt weg. Völlig. 17 Jahre Vater Tochter Beziehung weg. Und Mum gehts genau so. 27 Jahre zusammen und jetzt? Kein Vertrauen mehr. Nur noch blanke Enttäuschung.
Das was ich in deinem Anfangsthread gelesen habe, kann ich jetzt nur mit meiner männlichen Auffassung wiedergeben, wie ich mich als Mann fühlen würde. Ihr habt ihm ganz schön Schuldgefühle reingedonnert, dass er sein Handeln jetzt als falsch und etwas abnormales sieht und dass er seine Ehe aufs Spiel setzt, wenn er nicht damit aufhört. Dazu kommt die Verletzung als Vorbildsfunktion von einem richtigen Vater und Ehemann. Ich würde mich schon gekränkt durch den Satz "Was tust du uns und mir da an" gekränkt fühlen. Wenn du nicht mehr auf ihn zugehen möchtest, verständlicherweise, lass ihn etwas zeit, lass ihn seine Röcke zu Hause anziehen. Ich vermute aber die Enttäuschung rührt nicht von seinem Rocktragen, sondern dass er nicht erhlich zu euch war, richtig?

Stell dir immer wieder als Hilfe vor, dass er durch das Röcketragen dich und deine Mutter als Frauen wertschätzt und vertritt. Für ihn sind Damenröcke und Strumpfhosen kein minderwertiger Weiberkram, was seiner Männlichkeit abschwächen würde. Starke und selbstbewusste Menschen leisten es sich eher von der Norm abzuweichen.

Viele Grüße

Offline high4all

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #21 am: 27.11.2016 07:55 »
Zitat
ch war völlig geschockt als ich ihn so sah. Und evtl. habe ich auch übertrieben, als ich es zuhause gleich Mum erzählte, aber ich war so enttäuscht von ihm, so völlig allein gelassen. Von dem Mann, den ich bisher absolut vertraute und der für mich wie eine Vorbildfigur war. Völlig integer und über jedem Zweifel erhaben. Nur ist das jetzt weg. Völlig. 17 Jahre Vater Tochter Beziehung weg. Und Mum gehts genau so. 27 Jahre zusammen und jetzt? Kein Vertrauen mehr. Nur noch blanke Enttäuschung.

Liebe Lea,

ist das wirklich alles weg? Ich will Deinen Vater nicht in Schutz nehmen. Klar hat sein Versteckspiel Eure Beziehung schwer beschädigt. Das will ich nicht schönreden.

Aber bloß weil er Röcke trägt, ist er nicht weniger Dein Vater als vorher mit Hosen. Und willst Du wegen eines Kleidungstückes 17 Jahre gute Beziehung über Bord werfen?

Ganz sicher bist Du enttäuscht von Deinem Vater, weil er in einem wichtigen Punkt versagt hat: bei dem Vertrauen zu Deiner Mutter und Dir. Das Bild, dass Du von Deinem Vater hast, hat Risse bekommen. Dein Vater entspricht nicht mehr dem Bild, dass Du von ihm hast. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Du beharrst auf dem alten Vaterbild oder Du erweiterst Dein Vaterbild. Menschen verändern sich im Laufe ihres Lebens bzw, wir lernen neue Seiten an ihnen kennen. Das kann manchmal schmerzhaft sein, so wie Du es gerade erlebst.

Für mich ist der folgende Satz wichtig geworden:

Liebende leben von der Vergebung.

Das ist nicht immer leicht, weil wir Menschen sind. Menschen mit Ecken und Kanten, die sich aneinander reiben. Liebe ohne Leiden, wie Udo Jürgend mal gesungen hat, gibt es nicht. Je näher uns Menschen stehen, desto mehr leiden wir. Ständig eitel Sonnenschein gibt´s nur in Schnulzenfilmen.

Das, was rock aktiv geschrieben hat, möchte ich nochmal hervorheben:

Zitat
Stell dir immer wieder als Hilfe vor, dass er durch das Röcketragen dich und deine Mutter als Frauen wertschätzt und vertritt. Für ihn sind Damenröcke und Strumpfhosen kein minderwertiger Weiberkram, was seiner Männlichkeit abschwächen würde. Starke und selbstbewusste Menschen leisten es sich eher von der Norm abzuweichen.

LG
Hajo
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Offline lea

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #22 am: 27.11.2016 08:20 »
Danke ihr beiden. Aber high4all der Spruch "Liebende leben von der Vergebung"ist sehr gut.  Diesen  Spruch werde ich heute Mama mitteilen. Papa ist heute bei ner Modelfliegerausstellung und da hab ich Zeit mit Mama zu reden. Ich hoffe sie nimmt iihn für sich an. Es ist ja schon eine Zeit lang her seit ich ihn erwischt habe, aber erst die letzen 3 Tage wo ich hier in dem Forum bin, hab ich viel gelernt und kann endlich ein bisschen Verstehen was in ihm vorgeht und erst gestern Abend hatte ich dann erstens genug Kraft als auch genug "Wissen" um offen mit ihm darüber zu reden. Ich hoffe ihr verzeiht mir, wenn ich Mama auch mal hier in das Forum bringe, sie es mal lesen lasse, was wir hier schreiben. Ich will einfach dass alles wieder gut wird. Ich habe meinem Vater verziehen. Klar wird es schwer, das Vertrauen wieder auf die alte Basis zu stellen, aber ich will es versuchen und ihm eine 2. Chance geben. Aber und das ist ein richtiges Aber, ich habe eben Angst, dass die Gesellschaft noch nicht bereit für sowas ist, außer im Fasching.
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Offline high4all

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #23 am: 27.11.2016 08:52 »
Ich hoffe ihr verzeiht mir, wenn ich Mama auch mal hier in das Forum bringe, sie es mal lesen lasse, was wir hier schreiben. Ich will einfach dass alles wieder gut wird. Ich habe meinem Vater verziehen. Klar wird es schwer, das Vertrauen wieder auf die alte Basis zu stellen, aber ich will es versuchen und ihm eine 2. Chance geben. Aber und das ist ein richtiges Aber, ich habe eben Angst, dass die Gesellschaft noch nicht bereit für sowas ist, außer im Fasching.
Liebe Lea,

es ist kein Problem, wenn Deine Mama hier mitliest. Schließlich ist das kein Geheimbund und wir tun nichts Unrechtes. Natürlich ist jeder Mann anders gestrickt, aber vielleicht helfen die Beiträge verschiedener User Deiner Mama mit der Zeit ein gewisses Verständnis für Deinen Papa zu entwickeln.

Die Gesellschaft hat zunächst einmal aussen vor zu bleiben. Und löse Dich davon, den Erwartungen der Gesellschaft entsprechen zu müssen. Wir spielen allzuoft die Rollen, die die Gesellschaft erwartet und gehen dabei innerlich zugrunde.

Zum Glück bin ich in einem Alter, in dem die berufliche Karriere am Ende ist und ich auf gesellschaftliche Konventionen (hier z.B. Kleidung) immer weniger Rücksicht nehmen muss und will.

Natürlich gibt´s in der Kleinstadt, in der ich lebe, den Buschfunk. Aber nach drei Jahren haben sich die Leute an mich gewöhnt. Wahrscheinlich würden sie tratschen, wenn ich wieder Hosen tragen würde. Die Aufregung (der Sturm im Wasserglas) hat schwer nachgelassen.

Natürlich wäre es schön, wenn die Gesellschaft Röcke in gleicher Weise wie Hosen behandeln würde: als universelle, geschlechtsunabhängige Kleidungsstücke.

Darauf zu warten habe ich keine Lust und keine Zeit. Irgendwer muss damit anfangen.

LG
Hajo
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Offline Barefoot-Joe

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Re: Rockakzeptanz als Generationenproblem
« Antwort #24 am: 27.11.2016 17:04 »
HaLLO Lea,

Zitat
Ich hoffe ihr verzeiht mir, wenn ich Mama auch mal hier in das Forum bringe, sie es mal lesen lasse, was wir hier schreiben.

Ich finde das eine sehr gute Idee. Vielleicht wird dann klar, dass das kein Einzelfall ist, sondern für viele ganz normal ist.

Zitat
Ich will einfach dass alles wieder gut wird. Ich habe meinem Vater verziehen. Klar wird es schwer, das Vertrauen wieder auf die alte Basis zu stellen, aber ich will es versuchen und ihm eine 2. Chance geben.

Überlege mal bitte, warum er euch das nicht gesagt hat. Stell dir vor, du entdeckst morgen, dass du auf Frauen stehst, hast dich in eine Freundin verknallt und weißt nun nicht, wie du das deiner Familie beibringen sollst. Das ist in etwa die vergleichbare Situation, in der dein Vater steckte. Das ist nicht etwas, das man mal eben so beim Abendessen erzählt, das ist eine fundamentale Sache, bei der man lange überlegt, ob und wie man das seiner Familie beibringen kann. Eine Sache, bei der man sich erst einmal selbst darüber klar werden muss, wo man steht und wie es weitergeht. Die Tatsache, dass dein Vater es vor euch verheimlicht hat, ist kein fehlendes Vertrauen, sondern die Angst vor der Konfrontation und vor dem was dann passieren kann. Er war einfach noch nicht so weit. Im Grunde hast du einen Fehler gemacht, denn du hast ihn bei deiner Mutter geoutet und damit in Zugzwang gebracht. Das ist ähnlich als würde in dem obigen Beispiel jemand hingehen und dich bei deiner Mutter als lesbisch outen, ohne dass du Gelegenheit hattest, dir selbst darüber klar zu werden. Ich kann ein Stück weit verstehen, dass du das im ersten Schock getan hast, aber tatsächlich macht man so etwas nicht, das überläßt man der jeweiligen Person.

Zitat
Aber und das ist ein richtiges Aber, ich habe eben Angst, dass die Gesellschaft noch nicht bereit für sowas ist, außer im Fasching.

Veränderungen geschehen nicht, indem man wartet, bis andere für etwas bereit sind. Die Bereitschaft der Gesellschaft entsteht erst durch die Veränderung und die stoßen immer Individualisten an, die sich nicht an die Normen halten. Meinst du, du könntest heute in einer Hose herumlaufen, wenn die Frauen damals gewartet hätten, bis die Gesellschaft so weit ist? Nein, die haben sich das gegen den heftigen Widerstand der Gesellschaft herausgenommen und die Hosen einfach angezogen. Und erst nachdem es immer mehr wurden, hat die Gesellschaft das irgendwann akzeptiert.
Ich bin ein Mensch mit Irritationshintergrund.

Normality is a paved road: it’s comfortable to walk, but no flowers grow. - Vincent van Gogh


 

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