Für die meisten Frauen wäre es unvorstellbar, sollten sie von ihrem Mann finanziell abhängig sein.
Ja, das ist doch der Hauptpunkt.
Das muss wohl ursprünglich daher kommen, dass die Frauen sich zuvor als finanziell abhängig und finanziell benachteiligt gefühlt haben müssen.
Ich finde es gut, wenn Frauen finanziell unabhängig sind und jede/jeder sein eigenes Geld verdient, womit er/sie sich seine Mätzchen finanziert, die andernfalls zu ständigen Streiterein oder zumindest zu latentem Unbehagen geführt haben. Gerade, wenn das Geld nicht im Überfluss da ist, tut es weh, die in den eigenen Augen überflüssigen Mätzchen des anderen mitfinanzieren zu müssen.
Inzwischen bringt aber ja kaum noch jemand so viel Geld mit nach Hause, dass es reicht, zwei Menschen oder gar eine Familie davon durchzubringen. Das liegt nicht zuletzt auch an Dingen, dass Unternehmen zum Beispiel Elternzeiten mitfinanzieren müssen, oder ihre Mitarbeiter längst nicht mehr so lange behalten können, weil die emotionale Bindung der Mitarbeiter an ihr Unternehmen längst nicht mehr so hoch ist, wie das früher mal war. Und viele Unternehmen versuchen sich aus der sozialen Verantwortung zu entziehen, indem verstärkt mit Zeitverträgen gearbeitet wird - alles Faktoren, die ein Familieneinkommen durch
ein Arbeitsverhältnis nicht mehr ermöglichen.
Dann muss die Frau ja arbeiten, ob sie es will oder nicht. Und es scheint ja auch allgemeiner Konsens zu sein, dass sie es ja auch soll. Es entspricht nicht mehr unserer Moralvorstellung, jemandem das Recht zu Arbeiten absprechen zu wollen, nur weil er ... zum Beispiel eine Frau ist.
Was aber in diesem allgemeinen Konsens immer noch sowas von - sagen wir - Weltbild der 70er ist - dass eine Tätigkeit mit Ausrichtung auf Haushalt und Kindererziehung und Aufrechterhaltung des Familienbetriebs, dass das etwas Minderwertiges ist. Lieber gibt man den Nachwuchs bereits mit ein, zwei Jahren eine wesentliche Zeit ab in die Obhut fremder Hände, die dann schnell dabei sind, vor lauter Überlastung Störenfriede als krank zu deklarieren. Lieber quälen sich beide Elternteile durch den Berufsverkehr und hetzen von Job zu Kindergarten, Musikunterricht und Einkaufen und beklagen sich, an der immer noch nicht erreichten vollkommenen Gleichberechtigung durch Doppelbelastung erdrückt zu werden.
Dass es einen Wert haben kann, den Kindern ein gutes Stück emotionaler Geborgenheit geben zu können, sich ohne Hektik den Begegnungen der Familienmitglieder hingeben zu können, mit den Kindern sich auch mal beschäftigen zu können, mit Liebe den Rücken des Hauptverdienenden freihalten zu können, die Dinge des Haushalts nicht nur aus dem Grund der Notwendigkeit zu erledigen etc., dass all dies einen Wert haben kann, das ging in den letzten Jahrzehnten sowas von verloren und scheint auch unschicklich, formuliert zu werden.
Und hierbei sehe ich eine große Parallele zu unserem Thema, der Kleidung. Den Frauen gewähren wir, alle Arten herkömmlicher Kleidung zu tragen, während die herkömmliche weibliche Kleidung mit etwas Minderwertigem besetzt ist - Den Frauen gewähren wir alle Tätigkeiten, also auch berufliche, auszuüben, während die herkömmliche weibliche Rolle nach wie vor als etwas Minderwertiges angesehen wird.
Wir sind wohl noch ein gutes Stück davon entfernt zu erkennen, dass nicht alles, was heute ist, 100prozentiger Fortschritt ist, und alles, was wir als altmodisch ablehnen, 100prozentig was Schlechtes war. Aber ein Ablehnen von etwas scheinbar Vorgegebenem, ja, das habt Ihr ja auch schon hier angerissen, das scheint wohl in jedem Menschen mal innezuwohnen.