Der Umstand dass ich gerne schwerere Stoffe mag, sehr Heimatverbunden bin, und dazu es auch noch Individuell sein soll, lässt mich hoffen dass es ein mal ein richtiges Männerdirndl gibt....
Nun, Deine Hoffnung in Ehren...
...aber da steckt schon ein gewisser Widerspruch in sich...!
"Dirndl" bezeichnet heutzutage die Tracht, die in gewissen Regionen von "Dirndl" getragen wurden. Da fand also eine Begriffsverlagerung statt. Das dirndltragende "Dirndl" wiederum bezeichnete im Grunde eine eher unverheiratete Frau im allgemein begehrenswerten heiratsfähigen jungen Alter, was aber wiederum durch eine Bedeutungsverlagerung zustande kam. Der Urbegriff vom dirndltragendenden "Dirndl" ist die "Dern", ein Wort, das zeitgeschichtlich bzw. regional für "Dirne" stand, also, in der Regel eine unverheiratete Frau, deren sexuelle Verfügbarkeit in den Vordergrund gehoben wurde.
Sprachwissenschaftler wollen eine frühere unverfängliche Bedeutung der "Dirne" oder wortgleichen Vorläufern ausmachen, im Sinne von "Mädchen" oder "Jungfrau", dennoch scheint auch schon im urgermanischen Sprachzyklus das Wort im Sinne von "Unfreie" oder "Dienerin" gebraucht worden zu sein.
Nun bring mal mit diesem bedeutungsschwangeren Unterbau den Begriff "Dirndl" an die Hüften des Mannes. Ja, geht, aber nur in Form eines Dirndls, das ein gut gebautes "Dirndl" biologischer Natur auch gut ausfüllen kann.
Ausserdem strotz das Kleidungsstück "Dirndl" nicht nur in der Bezeichnung von Symbolik, die tief in unser aller Unterbewusstsein mit Weiblichkeit besetzt ist.
Alleine schon die Schürze. Eigentlich ist sie vorgesehen, das ehemals wirklich teure Grundkleid im Schoßbereich vor Verunreinigung von aussen zu schützen, aber auch zeitgleich durch Verunreinigung von innen (entschuldigt diesen Ausdruck - wurde aber so gesehen - und in der heutigen Duschen-ist-geil-Kultur hat sich das eigentlich nicht groß verändert) optisch abzuschirmen (man darf nicht vergessen, dass es bis vor nicht langer Zeit als unsittlich galt, dass Frauen sich mit umfassend geschossenen Unterhosen bekleideten - eine Frau sollte im wahrsten Sinne des Wortes unten offen sein). Diese zweifelsohne primäre Funktion der Schürze als günstigerer zu erwerbender und zu ersetzender "Lappen" steht aber nicht alleine da. Die Symbolik dahinter drückt wiederum das "Dienende" aus. Ein "Dirndl" im "Dirndl" mit Schürze darf sich schmutzig machen zum Wohle der Bedienten. Nicht umsonst ist das Dirndl auch heute noch gerade im Gastgewerbe sehr beheimatet.
Das hier verlinkte Kleidungsdirndl-Schürzl beinhaltet aber noch eine weitere mit Weiblichkeit besetzte Symbolik - und viele anderen Dirndl tun das ebenso: das breite Band, um es um die Hüfte zu fixieren wird in einer großzügigen Schlaufe gebunden - der darin verpackte Mensch präsentiert sich als Geschenk, das ausgepackt werden will. Also auch hier die Symbolik der Hingabe und der Unterwerfung.
Weitere Symbolik: das Dirndl-Kleid wird sehr oft begleitet von einer Unterzieh-Bluse, die durch Puffärmelchen und Bindebändchen auch wieder die Geschenkreflexe reizen will bzw. die Optik eines holden Engelchens zitieren. Ausserdem unterstützt das begleitende Blüschen auch noch durch dirndlbegleitende Weise die prachtvollen Vorzüge am Oberkörper des dirndlbekleideten Menschen. Damit das begleitende Blüschen dies optimal ausreizen kann, ist das eigentliche Dirndlkleid eher bieder dekolltiert.
Achtung Symbolik: Aber diese eher biedere Dekolltierung des Dirndlkleides bedeutet auch, dass der obere Rumpfbereich sehr weit ausgeschnitten ist - weiter als jede Latzhosenoptik für Männer es als Augenübung bereits landläufig einstudiert hat. Also auch hier liegt noch eine weitere Betonung des "Holzes vor der Hüttn" vor, mit dem Männer in dieser Form und mit dieser dem Holz innewohnenden Funktion nicht aufwarten können. Wie gesagt, das begleitende Blüschen komplettiert die optische Holz-Betonung mit zielgerichteter Blickführung.
Das von Desigual verlinkte Dirndl zitiert auch noch ein anderes Ekement eines klassischen Dirndls: DIe Schnürung am Oberleib. Zwar sind es nun nur noch optische Akzente, die dieses Zitat ausmachen, der Sinn dahinter war dabei natürlich ebenso, den Hüttn-Reichtum in besonderer Weise optisch hervorzuheben, irgendwelche Pölsterchen wegzudrücken und möglichst auch eine gertenschlanke Wespentaillie zu erzeugen. Die Schnürung symbolisiert auch "Unterwerfung", "Bedürftigkeit" (schon alleine, weil frau das eigentlich gar nicht optimal selbst erledigen kann, sondern eine Mit-Dienerin benötigte für optimale Ergebnisse), "Geschenkverpackung" ("pack mich aus!") und ebenso Betonung des nun anschließend körperabwärts gelegenen Dirndlabschnitts. Dieser - Achtung Symbolik - durch Fältelung und anschließend ausladendem Rockteil den gebärfreudigen Unterleib symboliseren soll.
Von der weiblichen Symbolik der angedeuteten A- bzw. Ä-Kontur statt der männlichen H-Kontur will ich erst gar nicht anfangen zu sprechen.
Bei all dieser symbolreächtigen Anhäufung - und es gäbe bestimmt noch weitere zu entdecken - halte ich es für sehr sehr sehr fraglich, ob ein Männerdirndl auch nur den Ansatz einer Chance hätte, sich im Unterbewusstsein der Menschen Platz zu verschaffen. Ich schätze, bestenfalls ein Gay-Dirndl dürfte etablierbar sein.
Für einen Ausweg aus diesem Dilemma müsste man eher eine Kreatur kreieren, das viele Männlichkeitssymboliken aufgreift.
Schon alleine die Bezeichnung. Vielleicht müsste man es "Kerdl" oder "Kerldl" nennen. Oder "Kerlator". Oder "Wummerl". Oder einfach liebevoll "Säppi".
Und dann die die männlichen Symbole einarbeiten, die da z.B. sind:
Schultern (breites Kreuz) betonen
gerade Körpersilhoutte zumindest von oben bis zu den Hüften, d.h. Taillierung vermeiden oder optisch kaschieren
"Hosenstall" andeuten, als Sinnbild für eine erigierte Männlichkeit
Den Oberkörper-Latz ebenso aufgreifen (oder auch nur zitieren) auch als Erektionssymbolik bzw. im Falle des Hosenträger-Latzes auch als Leitersymbol, das sowohl die männliche Tugend des Fensterlns aufgreift als auch wiederum die Steigfähigkeit des zentralen männlichen Körperteils auf höheren Metaebenen ausdrückt.
Die Schürze nicht in Diener-Symbolik ausarbeiten, sondern in einer Könner-/Macher-Form (wie z.B. für Dachdecker oder Schmiede)
Und bestimmt noch vieles mehr.
Dann könnte ein Männer-Säppi Erfolg haben!