Hallo Q-Rocker,
danke für den differenzierten Beitrag!
Aus ihm spricht Toleranz im Sinne von Ertragen einer Sache oder einer Person, die man eigentlich ablehnt.
Ich kann schon verstehen, wie es einem peinlich sein kann, einer Gruppe zugerechnet zu werden, die von vielen schräg angesehen wird. Erst recht, wenn man selber so sozialisiert ist, diese Gruppe schräg anzusehen. Das trifft wohl auf viele von uns zu.
Wenn man sich von dieser Sozialisation so weit emanzipiert hat, dass man sagt, man habe nichts gegen diese Gruppe, ist das schon eine gute Entwicklung. Wenn man aber hinzufügt, Angehörgen dieser Gruppe doch lieber aus dem Weg zu gehen, zeigt sich, dass die Entwicklung noch nicht zu Ende ist oder eben aufgehört hat, bevor sie zu ihrem Ende kam.
Ich mache einen anderen Vorschlag und denke dabei an ein schönes Männerrocktreffen im August in Köln: Vom kiltähnlichen Rock über Minirock bis zum schlanken Sommerkleid war alles dabei. Einige sagten, ihnen gefalle das eine oder andere Outfit nicht so gut und sie würden sich selber nicht gerne so kleiden. Aber niemand sagte, er gehe jetzt lieber wieder, um nicht mit dem anderen in einen Topf geworden zu werden. Statt dessen verlebten wir einen schönen, geselligen Abend und antworteten gemeinsam auf die Fragen der anderen Menschen, die gleichzeitig am selben Ort waren.
Man kann sich selber so erziehen, dass man sich von den ansozialisierten Peinichkeitsgefühlen emanzipiert. Wenn man will! Am besten ist es, wenn man sich dazu bringt, dass es einem peinlich ist, wenn das Gefühl aufkommt, man müsse sich jetzt von dem anderen Rockträger, der andere Motivationen hat, distanzieren. Dann streiten die Peinlichkeitsgefühle miteinander. Und man kann sich entscheiden, welchem man Recht gibt.
Und auch hallo Steffish:
Was die Ästhetik angeht: Ja klar. Aber es gibt z.B. auch rocktragende Punks, die ein ganz anderes ästhetisches Gefühl haben bzw. mit Absicht sich so kleiden, wie sie meinen, dass die "Spießer" es unästhetisch finden. Soll man jetzt Angst haben, mit denen in einen Topf geworfen zu werden?
Überdies sind Geschmäcker verschieden: Der eine sagt "grün und blau trägt die Sau", der andere liebt diese Farbkombination. Der eine mag grobe Schuhe zum Rock, der andere lieber feine Schühchen. Einer mag Karos und Muster, ein anderer lieber einfarbige Stoffe. Und einer findet Röcke schöner als Hosen, ein anderer umgekehrt. Und einer mag Symetrien lieber, ein anderer Asymetrien. Der Goldene Schnitt ist für den einen das Ideal, für den anderen langweilig.
Was mir besser gefällt ist der Vorschlag, man solle authentisch sein. Nichts vorgaukeln, sich nicht verstellen, sondern ehrlich und aufrichtig zu sich stehen. (Sich gehört das Schauspielern und Sichverstellen auch zur Authentizität einiger. Aber lassen wir die Spitzfindigkeiten.)
Das sind meine Gedanken dazu. Entscheidet selbst.
LG, Michael