Autor Thema: Der Perlonstrumpf an einem Jungenbein bringt Schwung in die Koedukation  (Gelesen 34705 mal)

Offline MAS

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Hallo zusammen,

ich habe gerade einen interessanten Artikel gefunden:
Der Perlonstrumpf an einem Jungenbein bringt Schwung in die
Koedukation von Margot Wichniarz:
http://www.genderundschule.de/doc/doc_download.cfm?uuid=B3DB3417C2975CC8A24EEBED08B14322&&IRACER_AUTOLINK&&

Zitate:

"Die Jungen fühlten sich verunsichert, was ich sehr oft in den Jungenstunden feststellen
konnte. Sie empfinden die Erweiterung ihres Rollenrepertoires eher als Bedrohung denn
als Bereicherung.
Die neuen Fähigkeiten werden Mädchen und Frauen zugeordnet und unterliegen deshalb
starker Abwertung. Es ist wenig attraktiv Für einen Jungen, Gefühle zu zeigen und sich
selbst in Frage zu stellen."

"Wenn es gelingt den Jungen bewusst zu machen, dass ihre Rolle nicht nur Vorteile bringt
sondern auch eine Last sein kann, so ist dies sicherlich ein Aspekt erfolgreicher Jungen-
arbeit."

Aber auch:

"Jungen meinten: Wenn ich ein Mädchen wäre, hätte ich bei gewissen Lehrerinnen Vorteile. ... hätte ich ein besseres Zeugnis. Die Mädchen bestätigten diesen Eindruck: Wenn ich ein Junge wäre, würde ich die Lehrerin-
nen hassen, weil sie die Mädchen bevorzugen. Bereits in anderen Zusammenhängen wa-
ren diese Wahrnehmungen geäußert worden. So meinten am Ende des vierten Schuljah-
res die beiden leistungsstärksten Kinder der Klasse ich würde sie bevorzugen. Im darauf
folgenden Gespräch stellte sich heraus, dass sich die beiden Mädchen ihre sehr guten
Leistungen nicht anders erklären konnten. Das passende Pendant dazu lieferte David mit
seiner Feststellung: Ich kann ja nicht der Beste sein, ich bin ja kein Mädchen."

"Die Tatsache, dass Mädchen sich häufiger an die Vorgaben halten und nicht so oft stören
wie die Jungen, ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Lehrpersonen sich selten mit ihnen
auseinandersetzen. Das laute, störende Verhalten der Jungen dagegen führt zu vielen
Kollisionen und Maßregelungen. Anstatt sich kritisch mit dem eigenen Verhalten ausei-
nanderzusetzen, halten die Jungen die Lehrpersonen lieber für ungerecht.
Wenn Mädchen sich als das „bevorzugte“ Geschlecht ansehen, deutet dies auf ein man-
gelndes Selbstwertgefühl."
 
"Die Mädchen hatten auch hier keinerlei Probleme sich im Spiegel als Junge zu sehen.
Viele fanden es toll, so stark, angstfrei und überlegen zu sein, wie sie sich einen Jungen
vorstellen.
Einige Jungen wehrten sich gegen die träumerische Verwandlung. „Ich hab' mich da nicht
als Mädchen gesehen.“ “Ich will kein Mädchen sein“, lauteten die zum Teil vehementer
formulierten Äußerungen. Andere Jungen fanden die Vorstellung toll: Sie trugen lange
Haare, waren geschminkt und hatten Freude am Tanzen. Dass sich die Jungen trauten,
ihre Vorstellungen zu äußern, und diese nicht abfällig kommentiert wurden, sprach für
die positive Entwicklung innerhalb der Jungengruppe."

"Jungen, die sich ihrer männlichen Rolle sicher sind, schienen keine Probleme beim Ver-
kleiden zu haben. Dennoch wehrten sie die Rolle als Mädchen ab, indem sie die Aufgabe
zu einem großen Gaudi und zur Heldentat umfunktionierten. Andere Jungen verhielten
sich abwartend und distanziert, weil sie weitere Attacken gegen ihr uneindeutiges Jun-
genverhalten befürchteten.
Den Mädchen fiel das Verkleiden ganz leicht, keine einzige wehrte sich dagegen. Sie stell-
ten zum Teil enttäuscht fest, dass sie sich nur wenig von ihrem sonstigen Outfit unter-
schieden. Nur die Haare mussten nach hinten gebunden werden, um ihnen den Anschein
von Kürze zu geben.
Auch in diesem Schritt kommt die unterschiedliche Bewertung von männlich und weiblich
zugeordneten Merkmalen im Sinne einer traditionellen Geschlechterhierarchie deutlich
zum Ausdruck. In unserer männlich dominierten Welt ist es zwar akzeptiert, dass Frauen
sich so kleiden wie Männer; umgekehrt geht ein Kleidertausch nicht so einfach."

"Manche Jungen trauten sich sogar, als Mädchen verkleidet auf den Schulhof zu gehen.
Das führte dort zu großem Aufsehen, zu Gelächter, Belästigungen und sogar Schlägen.
In den Gesprächen wurden folgende Fragen diskutiert: Warum tragen Jungen keine Rö-
cke? Früher trugen die Männer Röcke oder Kleider. Warum schminken sich Männer nicht?
Einige tragen heute auch Schmuck wie die Frauen, manche nehmen Parfüm, stellten die
Kinder dabei fest.
Die Mädchen zeigten eine größere Spannbreite der Möglichkeiten. Dazu meinte ein Jun-
ge: "Die Mädchen machen den Jungen ja sowieso alles nach." Mit dieser Meinung stärkte
er sein Selbstwertgefühl. Die Mädchen setzten dagegen: "Wir haben viel mehr Möglich-
keiten als ihr, unsere Auswahl an Kleidung und Schuhen ist viel größer als bei euch. Das
ist doch toll." "

LG, Michael
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Offline Dr.Heizer

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Ist doch eine gute Sache, sich in die "Rolle" und auch die Lage eines Anderen hineinzuversetzen, um so die Probleme und auch Situationen und Gefühle besser verstehen zu können. So lernen die jungen Menschen vielleicht, auch mal eine andere Sichtweise anzuwenden und angemessener zu reagieren, als ihnen bisher vorgelebt wurde. Die sog. "Geschlechterrollen" sind schon längst überholt und es wird von Generation zu Generation ein bischen besser... Tun wir was dafür.
Viele Grüße aus dem Vogtland, Dr.Heizer

Offline high4all

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Nur ein klenes Zitat, dass die Schwierigkeiten für uns deutlich macht:

"Auch in diesem Schritt kommt die unterschiedliche Bewertung von männlich und weiblich
zugeordneten Merkmalen im Sinne einer traditionellen Geschlechterhierarchie deutlich
zum Ausdruck. In unserer männlich dominierten Welt ist es zwar akzeptiert, dass Frauen
sich so kleiden wie Männer; umgekehrt geht ein Kleidertausch nicht so einfach."

Solange Frauen in der traditionellen Geschlechterhierarchie unter den Männern stehen (und damit auch die Frauenkleidung), bedeutet das Tragen von Röcken für einen Mann eine "Herabstufung". Das steckt in unseren Köpfen und muss erstmal überwunden werden, bevor wir uns in Röcken auf die Straße trauen. Bis wir auch andere Frauenkleidung an uns selbst akzeptiert haben, kann es ein weiter Weg sein. Für manchen Mann nicht gangbar, deshalb legen viele Männer Wert darauf, maskulin zu erscheinen. Um in ihren eigenen Augen nicht herabgestuft zu sein und auch nicht in den Augen anderer Leute.

Wenn Frauen Männerkleidung tragen, ist es eine Heraufstufung für sie und deshalb akzeptabler.

Und:

"Jungen, die sich ihrer männlichen Rolle sicher sind, schienen keine Probleme beim Ver-
kleiden zu haben."

Und wie ist es Männern, die sich ihrer männlichen Rolle sicher sind? Tun die sich leichter damit, Röcke zu tragen als Männer, die in ihrer Männerrolle unsicher sind?

Ich kann nur für mich selbst sprechen und sagen, dass ich mich 100%ig als Mann fühle. Egal, ob in Hose, Rock oder Kleid, ob im femininen oder maskulinen Outfit. Und inklusive meines zweifellos vorhandenen weiblichen Anteils in meiner männlichen Persönlichkeit, den ich nicht missen möchte. Der bleibt auch dann, wenn ich auf sämtliche Frauenkleidung verzichte. Und das ist gut so.

Ich kann natürlich nicht verhindern, dass andere Menschen auf mich herabsehen, wenn ich Röcke oder Kleider trage. Das muss ich aushalten, wenn ich "Frauenkleidung" trage. Oder ich muss mich verbiegen und anpassen. Muss jeder selbst sehen, wie weit er geht oder nicht.
Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

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Offline MAS

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Genau, High4all und Dr. Heizer,

die Zielrichtung finde ich auch gut und wichtig. Aber der Artikel zeigt auch, welche Mühen das macht, die verkrusteten tradierten Rollenvorstellungen und Denkstrukturen aufzubrechen, wenn junge Menschen durch ihre Alltagserfahrungen außerhalb dieses speziellen Unterrichts immer noch so geprägt werden, wie da beschrieben.

Ich merke das ja auch im Umgang mit Kindern, wie sehr diese Rollenzuschreibungen noch selbstverständlicher Teil der Idenitäten werden, und zwar stärker bei den Jungs als bei den Mädchen.

Mich macht der eine Satz etwas nachdenklich:
"Die Jungen fühlten sich verunsichert, was ich sehr oft in den Jungenstunden feststellen
konnte. Sie empfinden die Erweiterung ihres Rollenrepertoires eher als Bedrohung denn
als Bereicherung."
Doe Jungs fühlen sich bedroht durch neue Möglichkeiten. Klar, Möglichkeiten bergen auch Gefahren. Es ist wie beim ersten Versuch, Fahrrad zu fahren. Da kann man als Kind auch Angst vor haben. Aber wenn man es erstmal kann, hat man viel mehr Möglichkeiten als vorher. Wenn es nun aber so wäre, dass Fahrradfahren als niederrangiger angesehen würde als Zu-Fuß-Gehen, wäre die Hürde, es zu lernen, höher.
So ist es mit der größeren Kleidungsvielfalt, die wir hier inzwischen als Bereicherung der Lebensqualität erleben, weil wir uns von der Zuschreibung als niederrangig emanzipiert haben. Aber wir merken es doch immer in unseren Diskussionen z.B. um Rock und Kilt, um Männerrock und Unisex, um Genderfragen usw. wie sehr auch wir noch gegen dieses Gefühl ankämpfen und verschiedene Strategien entwickeln, um damit umzugehen.

Die beste Möglichkeit sehe ich darin, selbstsicher unsere Röcke zu tragen. Ob wir uns dabei unserer männlichen oder einfach unserer menschlichen Rolle sicher sind, ist zweitrangig. Ersteres ist nur wichtig, wenn wir in der männlichen Rolle etwas ganz besonderes sehen und es dann eben schaffen, uns darin nicht verunsichern zu lassen. Man kann es aber auch lernen, selbst da drüber zu stehen.

LG, Michael
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Offline DesigualHarry

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Hallo!

Ich denke jeder Mann der einen Rock anzieht macht dass dann nicht um sich zu erniedrigen...Ganz egal aus welchen Gründen er es auch macht, jeder davon ist eine Erweiterte Lebenserfahrung, es dient also seinem Leben. Ganz im Gegensatz zu einer Erniedrigung.

Ansonsten wird mir persönlich immer mehr bewusst, dass weder das männliche noch das weibliche alleine Existieren können. Wenn jemand sagt er habe weibliche Anteile in sich, dann verstehe ich darunter nicht nur das was eine Frau ausmacht, sondern vielmehr das Prinzip Weiblichkeit. Was für mich immer jeweils das 'Gegenteil vom männlichem Prinzip ist. Leben ist aber nur möglich wenn sich das männliche mit dem weiblichem vermischt... Es ist wie beim Autofahren... man braucht auch mal die Bremse... ;D

Offline high4all

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Mich macht der eine Satz etwas nachdenklich:
"Die Jungen fühlten sich verunsichert, was ich sehr oft in den Jungenstunden feststellen
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als Bereicherung."
Das habe ich bezüglich der größeren Kleidungsvielfalt, wie Du schreibst, selbst erlebt. Wenn ich an meine ersten modischen "Gehversuche" mit Röcken vor rund einem Jahr denke und die Entwicklung bis zum heutigen Tag sehe. Es liegen "Welten" dazwischen. Die Verunsicherung am Anfang gegenüber der Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit jetzt.

Und parallel dazu die (Neu-)Entdeckung meiner weiblichen Seite und die "Reise durch die Innenwelt", die noch nicht abgeschlossen ist. Das ist noch spannender als die Äusserlichkeiten der Modewelt, da geht´s z.B. um die Akzeptanz von weiblichen Eigenschaften, das Zulassen von Gefühlen und die Entdeckung von Verletzlichkeit. Mir fehlen oft die richtigen Worte, um das zu umschreiben. Ist eher was für ein persönliches Gespräch in entspannter Atmosphäre. Nicht für diesen Rahmen hier.

Auch da war am Anfang der Reise Verunsicherung und Hilflosigkeit, aber nachdem ich mich so angenommen habe, wie ich bin, bekommt der Aspekt der Bereicherung meiner "Innenwelt" immer größere Bedeutung. Wenn ich erkenne und akzeptiere, dass Dinge zu meinem Mannsein gehören, die ich früher nur Frauen zugeordnet habe, ist das sehr entspannend und einfach schön, eine Horizonterweiterung, würde ich sagen.
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Offline MAS

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Lieber Hajo,

das Zulassen von Verletzlichkeit ist bei mir auch eine Frucht dessen, was ich als einen Kern christlicher Spiritualität empfinde. Ich habe mal in einem Priesterseminar gewohnt, dem Collegium Albertinum in Bonn. Darin gibt es einen Gang, der ähnlich wie ein Kreuzgang ist, und in dem steht ein großes Holzkreuz, das in sich viele Risse und Spalten hat. Das symbolisiert für mich die Risse und Spalten im Leben, das Unvollkommene, das anzunehmen und nicht zu überspielen, ein heilsamer Prozess ist. An Männlichkeit oder Weiblichkeit habe ich dabei nicht gedacht, nur eben an die Unvollkommenheit und damit das Leiden des Lebens, was auch ein Kern der buddhistischen Heilsbotschaft ist.

Hui, das hätte jetzt besser in den Thread "Interreligiöser Dialog" gepasst.

Jedenfalls gibt es die Sehnsucht nach Ganzheit, nach Heil. Und da passt auch das, was Harry schreibt: In der gegenseitigen Ergänzung der Gegensätze des Lebens, liegt eben das Heil.

LG, Michael 
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androgyn

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Solange Frauen in der traditionellen Geschlechterhierarchie unter den Männern stehen (und damit auch die Frauenkleidung), bedeutet das Tragen von Röcken für einen Mann eine "Herabstufung".

Für manchen Mann nicht gangbar, deshalb legen viele Männer Wert darauf, maskulin zu erscheinen.
Du vernachlässigst die andere Sicht. Vor allen Dingen, Frauen legenWert auf ein maskulines Äußeres bei Männern.
Sonst würden Ehefrauen ihre Männer nicht Frage stellen, wenn sie Röcke anziehen. Damenkleidung werden Frauen nicht so leicht den Männern überlassen, wie Herrren die Hose den Frauen.

Und wie ist es Männern, die sich ihrer männlichen Rolle sicher sind? Tun die sich leichter damit, Röcke zu tragen als Männer, die in ihrer Männerrolle unsicher sind?
vermutlich ja. In allen Dingen.

Offline cephalus

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Aber der Artikel zeigt auch, welche Mühen das macht, die verkrusteten tradierten Rollenvorstellungen und Denkstrukturen aufzubrechen, wenn junge Menschen durch ihre Alltagserfahrungen außerhalb dieses speziellen Unterrichts immer noch so geprägt werden, wie da beschrieben.

Leider mache ich die Erfahrung mit meinen Jungs immer wieder.

Die sog. "Geschlechterrollen" sind schon längst überholt und es wird von Generation zu Generation ein bischen besser... Tun wir was dafür.

Dass es besser wird wage ich mittlerweile zu bezweifeln:
Aus der Erfahrung mit meinen Jungs habe ich gemerkt, dass selbst kleinste Abweichungen von der Norm von der Umgebenden Gesellschaft sanktioniert werden. Ich spreche nicht von Röcken und ähnlich "Drastischem" sondern von Kleinigkeiten, die von Altersgenossen oder Großeltern u.a. mit einem kleinen Spruch moniert werden und schon haben die Aussagen der Eltern kein Gewicht mehr. Ein dummer Kommentar von einem Fremden bewirkt mehr, als jahrelange Erziehung und Vorleben des Gegenteils.

Ich sehe jedenfalls in keinster Weise eine Veränderung oder Verbesserung in den letzten Jahrzehnten - vielleicht wird in der Gesellschaft insgesamt ein Größeres Spektrum des Verhaltens und Aussehens  toleriert, der Normative Rahmen für Jungen scheint mir aber eher enger geworden zu sein.




Offline high4all

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Für manchen Mann nicht gangbar, deshalb legen viele Männer Wert darauf, maskulin zu erscheinen.
Du vernachlässigst die andere Sicht. Vor allen Dingen, Frauen legenWert auf ein maskulines Äußeres bei Männern.
Sonst würden Ehefrauen ihre Männer nicht Frage stellen, wenn sie Röcke anziehen. Damenkleidung werden Frauen nicht so leicht den Männern überlassen, wie Herrren die Hose den Frauen.
Habe ich bewußt "übersehen", weil es erstmal auf die Männer ankommt. Wenn Männer selbst unsicher sind, was das Tragen von Röcke angeht, brauchen die Frauen nicht zu monieren. Frau muss erst "eingreifen", wenn Mann im Rock geht. Vorher nicht. Oder Frau ist so souverän und selbstsicher, dass sie es zuläßt.

Als ich mit dem Tragen von Röcken anfing, habe ich meine Frau nicht um Erlaubnis gefragt. Sie legt mehr Wert auf ein maskulines Inneres (Charakter) als auf die Kleidung. Hängt damit zusammen, dass sie souverän und selbstsicher ist, eine gewisse Lebenserfahrung hat, mich schon längere Zeit kennt (ca. 36 Jahre) und vor allem, weil sie mich bedingungslos liebt (d.h. sie liebt mich auch dann, wenn ich ihrem Männerbild nicht 100%ig entspreche und z.B. Röcke trage).
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Dass es besser wird wage ich mittlerweile zu bezweifeln:
Aus der Erfahrung mit meinen Jungs habe ich gemerkt, dass selbst kleinste Abweichungen von der Norm von der Umgebenden Gesellschaft sanktioniert werden. Ich spreche nicht von Röcken und ähnlich "Drastischem" sondern von Kleinigkeiten, die von Altersgenossen oder Großeltern u.a. mit einem kleinen Spruch moniert werden und schon haben die Aussagen der Eltern kein Gewicht mehr. Ein dummer Kommentar von einem Fremden bewirkt mehr, als jahrelange Erziehung und Vorleben des Gegenteils.

Ich sehe jedenfalls in keinster Weise eine Veränderung oder Verbesserung in den letzten Jahrzehnten - vielleicht wird in der Gesellschaft insgesamt ein Größeres Spektrum des Verhaltens und Aussehens  toleriert, der Normative Rahmen für Jungen scheint mir aber eher enger geworden zu sein.

Die Beobachtung habe ich auch schon gemacht.

Meine Kinder sind nicht so betroffen, da mein Sohn mittlerweile 32 Jahre alt ist. Und meine fünf Töchter sind ohnehin bevorteilt, weil es Mädchen bzw. Frauen sind. Nicht von mir oder meiner Frau, aber in der Schule wird das schon deutlich.

Mein Enkel ist jedoch ein Junge und da wird der Druck von Außen schon deutlich. Seit eingen Monaten ist er in der Schule und anfänglich hat er den Schulranzen seiner jüngsten Tante (also meiner jüngsten Tochter) aufgetragen. Ein blauer Ranzen, nicht mal mädchentypisch, aber mit rosa Elementen. Eines Tages wollte er ihn nicht mehr tragen, weil einige der Klassenkameraden in gehänselt haben. Nun hat er einen "Jungsranzen".

Bin mal gespannt, wann er sich nicht mehr mit mir zusammen auf die Straße traut, weil ich Röcke trage. Mein Outfit werde ich nicht "anpassen". So bekommt er vielleicht die Lektion: "Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss" für´s spätere Leben. Mal schauen.

Ist schon komisch. Durchsetzungskraft und Beharrlichkeit kommen bei Frauen als männliche Eigenschaften gut an, aber wenn der eigene Mann dann beharrlich das Tragen von Röcken durchsetzt, ist vielen Frauen "Ende im Gelände".
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Offline Asterix

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Ich frage mich, warum gewisse Eigenschaften Geschlechtern zugeordnet werden ("genderisiert" werden), obwohl es hier nur um rein menschliche Eigenschaften geht, die mit Geschlecht nichts zu tun haben. Beharrlichkeit oder auch das Gegenteil haben nichts Weibliches, nichts Männliches bis auf das grammatische Geschlecht ("Femininum"). Männlichkeit zeichnet im Prinzip nur aus, dass ein Mann einen Penis besitzt sowie Kinder zeugen kann, während Frau eine Vagina hat und eben das Kind austragen und gebären kann. Und alles andere sind meines Erachtens kulturelle Zuschreibungen, die mit Frau und Mann so wenig zu tun haben, wie der Teufel mit dem Weihwasser, nämlich nichts.

Gruß
"Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen" (Giovanni Bosco)

Offline MAS

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Meines Erachtens ist es ziemlich egal, ob die tradierten Rollenmuster von Männern oder von Frauen verteidigt werden, die Hauptmotivation ist der Trieb, sich geltenden Normen anzupassen, weil man sich, wenn man mit dem Strom schwimmt, sicherer fühlt.

Männer wollen von anderen Männern als gleichrangig und von Frauen als Lebenspartner (Geschlechspartner, Sicherheitsgeber usw.) ernstgenommen werden und Frauen wollen, dass ihre Männer von anderen Männern als gleichrangig wahrgenommen werden. (Das gilt jetzt mal für "normale" heterosexuelle und cisgender Menschen.)
Würden Männer in Röcken von den anderen Männern als gleichrangig respektiert werden, würden auch die Frauen in ihnen "richtige" Männer sehen, die im Bett und im täglichen Überlebenskampf mit der Konkurrenz ihren Mann stehen. Das ist in den Kulturen, in denen Männer traditionell Röcke tragen ja auch so. Diese traditonellen Gesellschaften sind trotz der trad. Männerröcke aber trotzdem patriarchalisch. Ein Aufbrechen des Patriarchats ist noch ein Schritt weiter.
Solange das Weibliche als schwach und das Schwache, Verletzliche als schlecht angesehen wird, werden weder Männer, noch Frauen sich verletzlich und schwach präsentierende Männer respektieren. Die Schwäche muss ja auch, zumindest in der Gemeinschaft, irgendwie kompensiert werden. Eine schwache Frau braucht einen starken Mann, ein schwacher Mann eine starke Frau oder schwache Menschen brauchen in ihrer Gemeinschaft starke, die sie stützen, verteidigen usw.
Gerade in unserer heutigen sehr individuaistischen Gesellschaft mangelt es aber auch wiederum an solchen Gemeischaftssolidaritäten. Jeder/jede ist auf sich selbst gestellt oder allenfalls auf einen Partner/eine Partnerin. Das ist anstrengend. Und da ist dann wieder die körperliche, finanzielle, mentale, emotionale Stärke des Einzelnen gefragt, die dann in einer typischen  heterosexuellen Partnerschaft am ehesten vom Mann verlangt wird.

So erkläre ich mir den von Cephalus beobachteten größeren Druck, der auf Jungs lastet.

Röcketragen mit einem Gefühl der Freiheit und des Stolzes zu verbinden, ist für viele zu weit hergeholt und zu anstrengend zu erkaufen.

LG, Michael
 
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Ich frage mich, warum gewisse Eigenschaften Geschlechtern zugeordnet werden ("genderisiert" werden), obwohl es hier nur um rein menschliche Eigenschaften geht, die mit Geschlecht nichts zu tun haben. Beharrlichkeit oder auch das Gegenteil haben nichts Weibliches, nichts Männliches bis auf das grammatische Geschlecht ("Femininum"). Männlichkeit zeichnet im Prinzip nur aus, dass ein Mann einen Penis besitzt sowie Kinder zeugen kann, während Frau eine Vagina hat und eben das Kind austragen und gebären kann. Und alles andere sind meines Erachtens kulturelle Zuschreibungen, die mit Frau und Mann so wenig zu tun haben, wie der Teufel mit dem Weihwasser, nämlich nichts.

Gruß

Lieber Asterix,

das wäre die Genderidentiät als rein kulturelles Konstrukt. Aber auch abgesehen von den primären Geschlechtsmerkmalen bewirken die x- und y-Chromosomen und die Hormone Testosteron und Östrogen noch einges mehr. Es ist viel Kultur dabei, aber auch nicht wenig Natur.

LG, Michael
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Offline Dr.Heizer

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Und eben in der Erweiterung der bisher vorgelebten "Rolle" des Mannes und der Frau liegt auch das große Geheimnis: Jeder kann vom anderen lernen und auch ihm mal etwas von seinem "Part" abnehmen. Das ist dann für beide schön, wenn sie verstehen, sich zu lieben. Wer behauptet denn, das Frauen den Haushalt allein machen müssen? Das kann man wunderbar gemeinsam, da hat dann jeder mehr Zeit für den anderen. Wir wechseln sogar auch mal die Winterräder gemeinsam oder mähen gemeinsam Rasen. Wir sind zusammen und schneller fertig - haben also mehr Freizeit für uns. Das sollte doch mal ein Denkanstoß sein!
Männer mit Gefühlen sind doch die wahren Männer. Frauen können heute alles tun, Männer auch. Doch gemeinsam geht es besser und macht mehr Spaß! In dem man sich für die Tätigkeit, die Situation und die Gefühle des anderen interessiert, lernt man unheimlich viel über sich selbst, doch Manchos können das nicht und Tussis wollen das nicht. Die beiden sterben bald aus, dann ist Platz für moderne Männer und Frauen, die gemeinsam mehr erreichen und nicht mehr gegenseitig das Leben schwer machen.

Eine Norm für geschlechtstypisches Verhalten ist in meinem Leben nicht existent, nur in den Köpfen denkmustergesteuerter Menschen, die nicht bereit sind, vom alten Lochkartengerät mal auf was Modernes mit anpassungsfähiger Software zu wechseln. Mein Gehirn ist lernfähig Dank stetig neuer Informationen und einer Software, die ich selbst bewusst programmiere und bediene. Nicht jede Anfrage muss ich daher nach einen vorgegebenen Muster beantworten, sondern ich kann situationsbezogen reagieren. Ein Husten meines Gegenübers bringt nicht meine Systeme aus der Ruhe, doch ein Lächeln bringt sie zur Hochform.

Indem man sich selbst akzeptiert als nicht vollkommen und somit liebenswert, kann man andere ebenso akzeptieren und sie als Mensch mit ihren Stärken und Schwächen lieben und schätzen lernen. Gegensätze ziehen sich an, Kompetenzen ergänzen sich.  Doch das muss man erst mal erkennen. Wenn dazu ein Gespräch oder ein Rollenspiel auch bei Kindern hilfreich ist, nur zu...
Viele Grüße aus dem Vogtland, Dr.Heizer


 

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