PS: Aber wir haben das Threadthema verlassen.
Ach was, Micha! Doch nur unwesentlich!
Statt "Wovon leben wir in Deutschland`" behandelt Ihr "Wovon leben wir?"
Mit dieser nur kleinen Themabwandlung eröffnet sich aber ein fundamental anderes Themenspektrum, das zwar nicht an existenzielle Fragen anknüpft, aber das die Existenz betreffende Fragen aufwirft.
Mich irritert bisweilen die Unterschiedlichkeit der Denkkonzepte.
Das Motor-Ziel-Problem löst doch schnell auf, wenn man bedenkt, dass das Ziel auch ohne Motor gefasst werden kann. Denn der Motor ist nur ein Hilfsmittel, das Ziel schneller zu erreichen. Ohne Motor bräuchte man zwar ungleich länger, zum Ziel zu gelangen, aber es muss ohne Motor nicht unerreichbar bleiben. Ein Motor ermöglicht zwar, mehr Ziele zu erreichen in seiner endlichen Zeit. Der Motor aber weckt die Begehrlichkeiten, mehr Ziele zu erreichen, und ferne Ziele anzusteuern. Gleichzeitig macht er das ursprüngliche Ziel nahezu wertlos, weil es nun gilt, mehr Ziele und weitere Ziele zu erreichen. Ein Motor steigert die Begehrlichkeiten, aber nicht die Zufriedenheit.
Zwar spiele ich scheinbar der Weltsicht von DesigualHarry in die Hände, ich meine aber genau das Gegenteil. Ein Ziel kann nämlich nur dann gefasst werden, wenn Leben da ist. Ohne grundlegendes Funktionieren von Leben sind Ziele nutzlos. Erst durch Atmung, Nahrung, Erkenntnis und dazu befähigter Materie (Zelle, Zellenverbund, also Leben) lassen sich Ziele definieren.
Selbstverwirklichung ist etwas, was nur im kulturellen Miteinander einer Zellkultur oder anderer zusammen (inter)agierender Organismen zählen kann. Denn jedes Objekt mit Bewusstsein ist bereits vor seiner potentiellen Selbstverwirklichung ein Selbst und aufgrund seiner Existenz bereits verwirklicht. Was darüber hinaus als Selbstverwirklichung empfunden wird geht über die Zwänge des Miteinanders hinaus und kann erst dann eine Rolle spielen, wenn die Gemeinschaft die einzelnen schützt und nährt, die einen höheren Sinn über ihre Existenz hinaus anstreben (z.B. Selbstverwirklichung).
Es ist also ein gutes Zeichen, wenn man in der Lage ist, sich Ziele über sein Selbst und seine Existenz hinaus, Gedanken zu machen. Dann ist man eingebettet in ein Netz, das die grundlegenden Existenzzwänge absichert.
Insofern sind wir doch recht nah an "Wovon leben wir in Deutschland?", auch wenn die Frage nach dem "Wovon" damit noch nicht beantwortet ist. Jedenfalls diese mitschwingende Erkenntnis lässt sich fassen: "Wir leben so gut in Deutschland, dass wir die Chance haben, nach einer hehren Selbstverwirklichung zu streben".
Soweit meine Meinungssplitter. Achwas, längst noch nicht alle. Und: Achwas, was heißt irritert. Eigentlich nehme ich es gelassen, die unterschiedlichsten Weltbilder kennenlernen zu dürfen. Allerdings bin ich froh, dass hierzulande die Medizin überwiegend auf nachprüfbaren Erkenntnissen basiert und nicht preisgegeben ist verschiedenster Denkmodelle. Denn dann müsste ich fürchten, dass man mir das Atmen nehmen könnte, weil ich keine Ziele habe. Oder keine anerkannten Ziele.