Autor Thema: Wer oder was definiert eigentlich männliche oder weibliche Oberbekleidung?  (Gelesen 13743 mal)

Offline Skirtedman

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Nun, ich will den an sich guten Thread ein bißchen wieder reaktivieren.

Um so die wesentlichen Kernthesen aus Gedanken nochmals von meiner Sicht zusammenzufassen:

- Es sind die Designer, die das eigentlich festlegen.
- Aber auch wir selbst, mit unseren Sehgewohnheiten nämlich.

Und auffallend ist, dass Designer nahezu immer irgendein 'weiblich konnotiertes' Merkmal verwenden, um ein Kleidungsstück eindeutig als 'nicht männlich' zu markieren.

Ein einziges Merkmal reicht aus, ein Kleidungsstück mit größter Garantie sofort zu 'entmännlichen'. Umgekehrt ist das keinesfalls so. Warum das so ist, haben wir an vielen anderen Stellen im Forum schon wiederholt nachgedacht. Dass es so ist, halte ich für wichtig, immer wieder in Erinnerung zu rufen. Nicht zuletzt auch im Umgang mit unserem eigenen Selbstbild.

Letzte Woche - hier ein Beispiel - habe ich ein ziemlich tragbares Kleid gefunden. Ich hätte es noch eine Nummer größer anprobieren sollen. Aber ich wollte es nicht kaufen, sondern nur mal wieder ein Detail demonstrieren.

Zunächst zum Kleid: Es stammt aus der Kollektion 'Mama' (oder so) von C&A. Nicht zuletzt aus der Erfahrung von 'so ein bißchen schwanger' reizte es mich, da mal reinzuspringen.

Es ist ein Wickelkleid (die Scheu davor habe ich vor gut einem Jahr an ein paar gelungenen Exemplaren reduziert). Dieses Wickelkleid vom Modell Mama funktioniert so, dass in dem gewickelten Oberteil noch ein kurzes Tank-Top eingebaut ist, dass der milchgebende Mensch über verschiedene Wege an seine milchführenden Drüsen kommen kann ohne Probleme. Wäre ich Mama, fände ich diese Lösung genial. Aber auch als Mann ist es irgendwie cool, beim obenrum Gewickelten, was ja nicht durch Busenvolumen automatisch an Ort und Stelle gehalten werden kann, dann durch diesen eingebauten Sichtschutz allzuviel Entwickelung zu vermeiden. - Und klimatisch macht es durchaus Sinn, da alles recht locker und luftig ist.

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So auch die Ärmel. Und jetzt sind wir beim Detail:

Mir als ventilationsbedürftigen Menschen machen diese Ärmel absolut Sinn. Denn jeder Hauch von Bewegung verschafft diese Ärmellösung auch einen spürbaren Hauch von Ventilation.

Leider sind diese Art Ärmel aber auch sowas von weiblich besetzt.

Wir sind ja schon überwiegend abgestumpft, dass Rock oder Kleid für uns nicht mehr per se 'weiblich' sind. Wickeloptik am Oberkörper sicher für viele noch eher. Diese wallenden Ärmelchen aber, fast 'weit wie ein Glockenrock', machen dieses Kleidungsstück wirklich endgültig zu einem 'weiblichen' - nach heutigen Maßstäben.

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Offline Holger Haehle

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Also das Kleid sieht auch nicht viel anders aus als eine mittelalterliche Tunika. Wenn du noch einen Dolch in den Gürtel steckst, dann ist das Teil voll männertauglich.

Meiner Meinung nach scheinen nur die Designer vorzugeben was wir anziehen, denn letztendlich entscheidet der Einzelhhandel was in den Läden hängt. Von der Vielfalt der Fashion Shows findet sich gerade in den Herrenabteilungen fast nichts wieder.

Es mangelt weniger an kreativen Ideen, als an kleingeistiger, bürgerlicher Konformität. Mann muss schon die Boutique vor Ort rocken, um etwas zu ändern. Immerhin ist den Ladenbesitzern zu gute zu halten, dass sie bei Fehleinkäufen schnell Umsatzeinbußen haben, die sie bei so wieso geringem Geschäftsvolumen nicht so leicht wegstecken können. Da setzt man sicherheitshalber lieber auf Altbewährtes, das eher eine breite Kundenschicht anspricht.


Offline cephalus

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Das Henne-Ei-Dilemma, schon gelegentlich hier diskutiert:

Gekauft wird nur was angeboten wird, angeboten wird nur was gekauft wird, getragen wird nur, was von vielen getragen wird, etwas anderes erhält man in der Männerabteilung nur schwer, weil es ja nicht getragen und gekauft wird.

culture skirt

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Meiner Meinung nach scheinen nur die Designer vorzugeben was wir anziehen, denn letztendlich entscheidet der Einzelhandel was in den Läden hängt. Von der Vielfalt der Fashion Shows findet sich gerade in den Herrenabteilungen fast nichts wieder.
Wer hätte es gedacht...?   ::) Mode wird nicht mehr von Designern vorgegeben wie früher zu Lagerbuschs Zeiten, sondern von der Straße und Designer greifen die Elemente und selbstgemachten Kreationen einiger weniger Menschen auf der Straße auf und setzen sie um.

Es mangelt weniger an kreativen Ideen, als an kleingeistiger, bürgerlicher Konformität. Mann muss schon die Boutique vor Ort rocken, um etwas zu ändern.
Die Boutique kauft auch beim Großhändler ein und bekommt nichts anderes als die großen Ketten, nur dass das Sortiment in Boutiquen exclusiver und spezialisierter ist. Und da man sich in Boutiquen eh in der Frauenabteilung bedient um an Röcke zu kommen, ist das Ziel der Boutique erreicht und werden keine Männersachen aus der Fashion Week Saison einkaufen, die am Ende Ladenhüter ist.


Offline Holger Haehle

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So ist es Cephalus,

wenn die Geschäftsinhaber einfach nur Geschäftsleute sind, dann machen sie das auch richtig so. Es bräuchte schon ihre modische Neugier um etwas zu verändern.

Vergessen wir nicht, das selbst große Ketten wie SARA und H&M nur sehr vorsichtig und teilweise nur im Onlinehandel oder nur in den Filialen in Metropolen Männerröcke angeboten haben.

Es gibt noch zu wenig prominente Vorreiter. Ein einsamer Oscar Isaac im Faltenrock von Thom Browne in weiter Flur reicht nicht, um einen Trend zu starten.

skortsandtights

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Ich sehe es einfach als vielfalt und natürlich wird ein kleid für die weibliche kundschaft angeboten.
Da ist es nicht verwunderlich das man die kleider optisch auch anpasst.
Es gibt ja auch ganz schlichte kleider und wenn einmem die ärmel oder sonst was nicht gefällt kann man es entsprechend kombinieren.

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jersey dress by tightsandskorts, auf Flickr

Ganz abgesehen davon das die jeansjacke dem ansonsten schlichten kleid durch den stilbruch ein wenig pfiff gibt.


Offline sentinel

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wenn die Geschäftsinhaber einfach nur Geschäftsleute sind, dann machen sie das auch richtig so. Es bräuchte schon ihre modische Neugier um etwas zu verändern.

Vergessen wir nicht, das selbst große Ketten wie SARA und H&M nur sehr vorsichtig und teilweise nur im Onlinehandel oder nur in den Filialen in Metropolen Männerröcke angeboten haben.

Es gibt noch zu wenig prominente Vorreiter. Ein einsamer Oscar Isaac im Faltenrock von Thom Browne in weiter Flur reicht nicht, um einen Trend zu starten.

Na eigentlich muss das nicht sein! Man kann auch als Geschäftsmann durchaus provokativ ein paar Röcke in die Herrenabteilung schieben, wenn sie dort keinen Abnhemer finden schiebt man diese halt in die Damenabteilung. Da muss sich keiner groß einen Kopf machen auf den Sachen hängen zu bleiben.

Prominente Vorbilder gibt es doch einige mehr ... Guildo Horn mit seiner Band steht sicherlich für einen ganz anderen Modestil, aber da ist immer wieder ein Rockträger dabei und andere Beispiele gibt es auch. Denke der wirksamste Auftritt war nach wie vor Thomas Gottschalk im ÖR bei Wetten Dass ....

und immer wieder tauchen andere beispiele auf ...

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Offline Luan

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Oder einfach mal eine männliche Schaufensterpuppe mit einem Rock ausstaffieren und in den Verkaufsraum stellen. Sowas können inhabergeführte Läden mit Sicherheit einfacher umsetzen, wie große Ketten.
Gib deine Ideale nicht auf! Ohne sie bist du wohl noch, aber du lebst nicht mehr. (Mark Twain)

culture skirt

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Na eigentlich muss das nicht sein! Man kann auch als Geschäftsmann durchaus provokativ ein paar Röcke in die Herrenabteilung schieben, wenn sie dort keinen Abnehmer finden schiebt man diese halt in die Damenabteilung. Da muss sich keiner groß einen Kopf machen auf den Sachen hängen zu bleiben.

Prominente Vorbilder gibt es doch einige mehr ... Guildo Horn mit seiner Band steht sicherlich für einen ganz anderen Modestil, aber da ist immer wieder ein Rockträger dabei und andere Beispiele gibt es auch. Denke der wirksamste Auftritt war nach wie vor Thomas Gottschalk im ÖR bei Wetten Dass ....

und immer wieder tauchen andere beispiele auf ...
Die Aktion gab es schon mit Leuten aus dem Forum, die mit Läden in Kontakt getreten waren. Und wurde hier diskutiert, genauer gesagt 2004 oder 2006 in München war das. Endresultat war, die Verkäufer haben Anschiss bekommen, was ihnen einfiele, die Sachen umzuräumen und musste alles rückgängig machen. Und die Resonanz der Kundschaft blieb auch eher verhalten als wie man sich erhoffte "wenn Röcke erstmal in der Herrenabteilung hängen sehen sich Männer ermuntert und reißen die wie warme Brötchen aus den Händen".

Guildo Horn steht für die Leute als komischer Kauz (der eh nicht ernst zu nehmen ist). Gottschalk ist ein Promi und alle wissen, dass er vom Fernsehen so eingekleidet wird.

Gruß

Offline Skirtedman

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Antw:Witzig! Ich sehe eine Frau!
« Antwort #84 am: 10.05.2022 14:10 »
Mit diesem Beitrag hänge ich mich mal in diesen Thread. Ich wollte jetzt nicht extra dafür einen eigenen Thread aufmachen.

Weil, wie ich finde, es ist auch ein Oberbekleidungsstück daran entscheidend beteiligt.

Jedenfalls zum 110. Geburtstag eines vietnamesischen Arztes hat Google das heutige Doodle ihm gewidmet. Drum bin ich auf die vietnamesische Wiki-Seite zu dieser Persönlichkeit gelandet.

Und auf dem lebensreiferen Porträt-Foto sehe ich auf dem ersten Blick eine Frau.

Auch bei dem zweiten und dritten Blick sehe ich nach heutiger und hiesiger (mitteleuropäischer) Lesart immer noch eine Frau:

https://vi.wikipedia.org/wiki/Tôn_Thất_Tùng

Offline Holger Haehle

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Naja, so ganz überraschend ist das nicht. Die äußerliche Geschlechtsdifferenzierung im Gegensatz zu den inneren Geschlechtsorganen ist direkt abhängig von Androgenen (eine Klasse von Sexualhormonen).  Und die Blutspiegel dieser Hormone variieren zwischen den menschlichen Ethnien. Deswegen ist die Geschlechtsdifferenziewrung in Asien geringer als in Europa. Am geringsten ist sie übrigens bei den Malayen.


Offline Skirtedman

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Für mich ist das immer noch ein und dieselbe Person. Gelegentlich taucht mal sein Sohn Bach in der Bildersuche auf.

Aber von ihm selbst gibt es noch ein weiteres Foto mit V-Ausschnitt und da mit Muster. Auf mich wirkt das, zusammen mit anderen Elementen wie Haarschnitt, Haarfärbung und Brille, dieses Erscheinungsbild gemäß europäischer Gewöhnung  noch immer sehr weiblich.

skortsandtights

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Nun ich finde auch gerade das portrait auf wikipedia hat was feminines.
Generell finde ich haben asiatische männer weichere gesichtszüge vor allem wenn ich da an Karhoey denke.
Die sehen im gesicht viel weiblicher aus.
Das ist ja auch das problem als europäische transfrau.
Man kann sich feminin kleiden aber das gesicht passt einfach nicht.


Offline Zareen

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Nun ich finde auch gerade das portrait auf wikipedia hat was feminines.
Generell finde ich haben asiatische männer weichere gesichtszüge vor allem wenn ich da an Karhoey denke.
Die sehen im gesicht viel weiblicher aus.
Da hast Du recht, wir (also die meisten Menschen - zu denen ich mich auch zähle) definieren 'männlich' unter anderem an härteren Gesichtszügen und 'weiblich' an weicheren Gesichtszügen.
Für mich stellt sich die Frage, ob das überhaupt so nötig ist, oder ob wir über die Definition männlich/weiblich nicht ganz vergessen, daß uns da ein Mensch begegnet. Ein Mensch mit all seinen Schwächen und Fehlern und natürlich mit all dem liebenswerten an ihm, was ihn zu genau der Person macht, die uns da begegnet.
Zitat
Das ist ja auch das problem als europäische transfrau.
Man kann sich feminin kleiden aber das gesicht passt einfach nicht.
Wenn das Dein 'Problem' ist, dann wäre es hilfreich, ein Reframing https://de.m.wikipedia.org/wiki/Umdeutung_(Psychologie) durchzuführen. Viele Menschen sehen da ein Problem, wo keines ist.

Ist es nicht so, daß Frauen als solche erkannt werden mussten, weil sie diejenigen sind, die einer Sippe durch das Gebären von Kindern Bestand gaben?

Mir scheint das bei einer Transfrau nicht der Fall zu sein. Hier geht es doch rein um das gefühlte Selbstverständnis eines Menschen, ohne die Anatomie nachziehen zu können. Das Gefühl ist dabei der wichtigste Faktor im Leben eines Menschen, über das er sich selbst und die Situation  in der er sich befindet, definiert. Jemandem das Gefühl abzusprechen, kommt einem Angriff auf seine Seele gleich.

Ich wette, daß die Grauzone zwischen Männern und Frauen bei weitem größer ist, als das, was über die äußere Kleidung definiert wird. Das liegt einfach daran, daß die 'Anzahl' der männlichen Gene bei Frauen nicht nur 0 .... 0,01% ist, und ebenso nicht die der weiblichen bei Männern. Einen großen Teil macht sicher auch die frühkindliche Prägung aus. Ein Junge, der es von frügester Kindheit an gewöhnt ist, Kleider und Röcke nebst Hosen zu tragen, (wie es bei Mädchen schon längst üblich ist) wird sich nicht über Die Kleidung als Junge definieren. Es geht hierbei um die eigene Definition, nicht darum, wie ihn die Umwelt sieht und definiert.

Du könntest Dich auf Euren Marktplatz stellen und laut rufen "Ich bin eine Frau!" Du könntest eine Vergrößerung Deines Personalausweises vor Dich stellen und alle lesen lassen, welcher Name dort steht, solange Du nicht dem entsprichst, was der wohl größere Teil der Menschen als 'Frau' definieren (Klischee: lange Haare, geschminkt, weiche Gesichtszüge, Kleider tragend), wirst Du immer das "Problem" haben, als Mann definiert zu werden, sofern Deine Gesichtszüge männlicher (härter) erscheinen, als die einer Frau.

Nicht Dein Gesicht entscheidet, Deine Wesensart ist entscheidend. Und die Freunde, die Du hast, es sei denn, Du bist der einsame Wolf. 
Mann-sein hängt nicht vom Tragen einer Hose ab.
Warum dann nicht Rock tragen? Nur Mut....


 

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