Autor Thema: Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?  (Gelesen 21098 mal)

Offline MAS

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #150 am: 19.01.2024 00:55 »
Hier konkurrieren Umgangssprache und Gesetz:

Juristisch sind nur Deutsche ab (16?) 18 Jahren Bürger.

Wer sich ohne juristische Notwendigkeit dieser Definition bedient...  ::)

Was bleibt sind Mitmenschen :)

Als ich vor Jahren mal das Wort "Mitbürger" als allgemeine Anrede verwendete, sagte eine Kollegin, dass das Wort nur Menschen ohne deutschen Pass bezeichne, während solche mit deutschem Pass Bürger seien.

Als ich dann am Rhein ein Badeverbotschild las, das mit "Liebe Mitbürger" anfing, dachte ich, also nur Ausländer dürften nicht im Rhein baden.  ;D

Na ja, alle diese Wörter sind nicht eindeutig definiert. Der eine verwendet sie so, die andere so.

LG, Micha
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Offline MAS

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #151 am: 19.01.2024 00:58 »
Liebe Leute,
um das ganze weiter zu vertiefen: Ist nicht schon die Vorsilbe "Mit"mensch, "Mit"bürger diskriminierend, weil herablassend? Hat für mich den Geruch von Anno 1933, Genosse oder Volksgenosse.
Seid mir gern böse, aber ich empfinde das so.

Das empfinde ich nicht so. Ein Mitmensch ist ein Mensch mit mir zusammen. Entsprechend ist ein Mitbürger ...

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Offline MAS

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #152 am: 19.01.2024 01:00 »
Ein Freund schickte mir diesen Link: https://www.swr.de/swr2/literatur/susan-neiman-links-ist-nicht-woke-swr2-lesenswert-kritik-2023-11-14-100.html

Ich denke darüber nach und bin noch zu keinem mich zufriedenstellenden Ergebnis gekommen.

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Offline Yoshi

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #153 am: 19.01.2024 02:34 »
Häää???

Also ganz ehrlich, alleine die Vorsilbe "Mit-" drückt etwas völlig anderes, ja auf irgendeiner - vielleicht auch ungewohnter - Ebene integrierendes aus!!!

Das Wort "Mit" kann aber auch tatsächlich ausschließend verstanden werden. Ich erinnere mich, dass vor einigen Jahren manche Medien und Politiker von "jüdischen Mitbürgern" sprachen, weil sie das Wort "Jude" vermeiden wollten. Das wurde damals von jüdischen Verbänden als sprachliche Grenze verstanden, weil sie nicht nur "Mitbürger" zur Mehrheitsgesellschaft sind, sondern vollwertige "Bürger" der Gesellschaft.


Offline Skirtedman

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #154 am: 19.01.2024 03:55 »
Diesem exclusiven (ausschließendem) Verständnis kann ich mich in keiner Weise anschließen.

Offline Timper

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #155 am: 19.01.2024 09:52 »
Häää???

Also ganz ehrlich, alleine die Vorsilbe "Mit-" drückt etwas völlig anderes, ja auf irgendeiner - vielleicht auch ungewohnter - Ebene integrierendes aus!!!

Das Wort "Mit" kann aber auch tatsächlich ausschließend verstanden werden. Ich erinnere mich, dass vor einigen Jahren manche Medien und Politiker von "jüdischen Mitbürgern" sprachen, weil sie das Wort "Jude" vermeiden wollten. Das wurde damals von jüdischen Verbänden als sprachliche Grenze verstanden, weil sie nicht nur "Mitbürger" zur Mehrheitsgesellschaft sind, sondern vollwertige "Bürger" der Gesellschaft.

Das betrachte ich als falsch. Mitglieder, Mitbürger, Mitarbeiter. Das ist einschließend.
Jüdische Mitbürger ist a eine Umschreibung und b bildet es eine kleine Gruppe in einer großen Gruppe. Aber das ist lediglich eine Differenzierung und kein Ausschluss. Wenn ich sage katholische Mitbürger wird das auch niemand als Ausschluss betrachten. Es differenziert nur eine religiöse Gruppe.
Aber heute fühlt sich wohl jeder irgendwie ausgeschlossen. Trend?
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Offline MAS

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #156 am: 19.01.2024 11:44 »
Ich entdecke gerade diesen schönen Satz in einem Text, den ich mit verfasst habe:

Wir müssen nicht einer Meinung sein, um einander mit Respekt und Wertschätzung zu behandeln.

Daran sollten wir uns auch hier im Forum halten. Oder nicht?

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Offline Lars

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #157 am: 19.01.2024 12:41 »
Tjaaaa, an den letzten Beiträgen, meine eingeschlossen, kann man sehr gut sehen, wie missverständlich geschriebene Sprache sein kann.
Und deswegen ist die Gefahr groß, daß wir über unser Thema hier keinen Konsens finden. Aber das ist völlig in Ordnung, wenn mich einer fragt.
 
Viele Grüße,
Lars
Schützen die Grünen die Natur?
Oder müssen wir die Natur vor den Grünen schützen?

Offline MAS

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #158 am: 19.01.2024 12:47 »
Hier ist übrigens der Text, aus dem der obige Satz stammt:

http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/2024/01/bonner-initiative-fur-respekt-und.html

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Offline Morle

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #159 am: 20.01.2024 03:57 »
Ich bin ganz anderer Ansicht als Du, lieber JoHa, wonach der Präfix Mit- herablassend bzw. diskriminierend sei. Der/die Mitgesellschafter einer GmbH würden sich dafür „bedanken“, als subalternes Anhängsel (miß)verstanden zu werden.

Nebenbei: schade, daß Hajo auf meine Bitte, mir gedankliche Hilfe angedeihen zu lassen, bisher nicht eingegangen ist. Ich hätte solchen Bedarf am Füllhorn seiner Gedankenschärfe.
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Offline Morle

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #160 am: 20.01.2024 04:00 »
Danke für die Info, Yoshi. Daß das o. a. Präfix von jüdischen Verbänden mißverstanden worden ist, wundert mich nicht im Geringsten. Es paßt zur m. E. geradezu hysterischen Aufmerksamkeitsbefindlichkeit unserer „jüdischen Mitbürger“, für möglichst alles betroffen, beleidigt, diskriminiert, angegriffen u. s. w. zu sein.
Ich kenne, pardon, keine selbstgerechtere Gruppe als die Juden, na gut: vielleicht noch ihr transatlantischer Protektor und Beschützer, dem sie in Selbstgerechtigkeit und Militarismus so emsig nacheifern. Sie haben noch nie etwas falsch gemacht, haben noch nie für irgendetwas Schuld gehabt, werden selbstredend immer mißverstanden, verstehen jedoch selbst die sachlichste Kritik an israelischer Politik als antisemitisch. Ich erinnere mich an eine Stellungnahme des polnisch-jüdischen, rechtspopulistischen Widerlings Henryk M. Broder vor Jahren in irgendeiner Talk-Show, in der er auf die Frage, ob und wie Israel sachlich kritisiert werden dürfe, den ersten Teil der Frage zwar bejahte, aber dann Einschränken aufzählte, die eine Kritik in der Realität so gut wie unmöglich machte.
Wer erinnert sich nicht an die Aktion des Publicity-geilen Gil Ofarim, eine, die m. E. nach kaum widerlicher sein kann, denn kein Vorwurf ist zerstörerischer als dieser. Er zerstört ganze Leben. Selbstverständlich rief der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, weil sein Schützling Gil unmöglich unrecht haben könne, sofort hysterisch, das vorgebliche Handeln des Hotelangestellten müsse personelle Konsequenzen haben und ebenso selbstverständlich bekam Widerling Gil ein Gerichtsverfahren allererster Klasse mit unglaublich glimpflichem Ausgang: er ist nicht einmal vorbestraft! Welches Urteil hätte im Fall der Schuldigkeit wohl der Angestellte zu erwarten gehabt?
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« Antwort #161 am: 20.01.2024 09:39 »
Lieber Morle,

ich halte zwar auch Kritik an der konkreten Politik der israelischen Regierung und generelle Israelkritik auseinander und Judentumsfeindlichkeit bzw. Antisemitismus für nochmal eine andere Schublade, aber den Duktus Deines letzten Postings für  - zumindest nahezu - judenfeindlich. 

Vor allem dieser Satzteil in seiner Verallgemeinerung stößt mir bitter auf:
"Ich kenne, pardon, keine selbstgerechtere Gruppe als die Juden, [...]"

Es gibt sicher Juden, auf die das zutrifft, aber die Verallgemeinerung "die Juden" ist falsch und angesichts der Geschichte der Juden in Europa und insbesondere in Deutschland extrem verhetzend. Das ist keine Israelkritik und erst recht keine Kritk an der konkreten Regierung Israels, sondern platte Judenfeindlichkeit.

Wenn das nicht so gemeint ist, dann erkläre es bitte!

Gruß, Micha
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Offline high4all

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« Antwort #162 am: 20.01.2024 11:23 »
Ich bin ganz anderer Ansicht als Du, lieber JoHa, wonach der Präfix Mit- herablassend bzw. diskriminierend sei. Der/die Mitgesellschafter einer GmbH würden sich dafür „bedanken“, als subalternes Anhängsel (miß)verstanden zu werden.

Nebenbei: schade, daß Hajo auf meine Bitte, mir gedankliche Hilfe angedeihen zu lassen, bisher nicht eingegangen ist. Ich hätte solchen Bedarf am Füllhorn seiner Gedankenschärfe.
Es wird kein Füllhorn werden, Morle.

Im alltäglichen Umgang mit Menschen bin ich kein Jurist oder Staatsrechtler, der streng nach Gesetz prüft, ob dieser Mitbürger oder jene Mitbürgerin de jure Bürger*innen dieses Landes mit allen Rechten und Pflichten sind oder Bürger*innen sind, die einige Pflichten (z.B. Steuern und Sozialabgaben zahlen) und eingeschränkte Rechte (z.B. kein Stimmrecht) haben.

Respekt und Würde gestehe ich auch Zugewanderten zu.

Die Vorsilbe "Mit" wende ich auf alle Menschen an, mit denen ich zusammen lebe. Bei dem Begriff "Mitspieler" sehe ich keine Abwertung, weil es Spieler sind, die mit mir zusammen spielen und ohne die ein Spiel gar nicht möglich wäre. Es ist  für mich eher ein wertschätzender Ausdruck.

@
Und nun zum Thema "empfindliche/hysterische Juden"

Schaue ich mir die europäische Geschichte an mit ihren Benachteiligungen, Verfolgungen und Pogromen im Bezug auf Juden
-mit dem bisherigen(?), traurigen Höhepunkt vor rund 80 bis 90 Jahren- kann ich eine erhöhte  Wachsamkeit verstehen. Ich kann nachvollziehen, wenn Menschen, deren Familien und Verwandten seinerzeit Millionenfach entrechtet und massakriert worden sind, dünnhäutiger sind als ein nichtjüdischer Europäer.

Auch kann ich verstehen, wenn sich Juden darüber beschweren, wenn die Gräber ihrer Vorfahren geschändet, ihre Gotteshäuser beschmiert und sie teilweise auf offener Straße angegriffen werden, wenn sie eine Kipa tragen.

Ein gewisses Maß an "Hysterie" gegenüber rechtem & linkem Antisemitismus scheint mir derzeit geraten zu sein. Das hat Ende der 1920er-Jahre leider gefehlt. Bis es zu spät war.

Die Aussagen eines Herrn Broder oder die Aktion eines Herrn Ofarim auf eine ganze Gruppe zu übertragen empfinde ich als Rückfall in finstere, alte Zeiten.

Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

Never be limited by other people's limited imaginations. (Dr. Mae Jemison)

Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unsern Kleidern. (Heinrich Heine

Offline Lars

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« Antwort #163 am: 20.01.2024 12:20 »
Bin grad über einen Link gestolpert. Ich streue ihn mal hier rein, ohne einen Kommentar meinerseits.
Es kann sich jeder seine eigenen Gedanken dazu machen:

https://www.berliner-zeitung.de/panorama/bully-herbig-schuh-des-manitu-fortsetzung-winnetou-parodie-li.2178502
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Offline Yoshi

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Antw:Kulturelle Aneignung oder Gesinnungsdiktatur?
« Antwort #164 am: 20.01.2024 12:49 »
Ich will nochmal näher auf das "jüdische Mitbürger" eingehen. Das wurde hauptsächlich aus folgendem Punkt von Juden kritisiert, wie eben auch der Begriff "Menschen jüdischen Glaubens", weil manche Politiker und Teile der Medien aus falscher politischer Korrektheit das Wort "Juden" vermeiden wollten. Man wollte nicht mehr "Juden" sagen, weil es ein durch den Nationalsozialismus negativ geprägter Begriff sei. Jüdische Verbände und auch der von dir zitierte Henryk M. Broder verurteilten das stark, weil "Jude" kein abwertender Begriff ist, sondern die Selbstbezeichnung dieses Volkes. Man mache dadurch "Jude" zum Schimpfwort und wolle nicht, dass es zum "J-Wort" wird. Broder nannte es sinngemäß, einen "falschen Scham der Deutschen". Die Kritik an dem "Mitbürger" war nicht Hauptteil der Kritik, sondern ein zusätzlicher Punkt. Sie sagten, dass die Sprache ausgrenzend sei, weil man "jüdische Mitbürger" oder auch "muslimische Mitbürger" sagte, aber beispielsweise nie von "christlichen Mitbürgern", sondern eher in die Richtung "die Christen in unserem Land". Das ist eine feine Unterscheidung, die wahrscheinlich ohne Absicht der Sprecher gemacht wurde und ich kann die Kritik durchaus nachvollziehen, weil "Jüdischsein" unbewusst als etwas "Anderes", "Fremdes" dargestellt wird.

Henryk M. Broders Aussagen sollte man auch mit Vorsicht genießen. Er ist offenkundig ein Zyniker und Sarkastiker und einer der schärfsten dieser Art in der deutschen Journalistenlandschaft. Man muss über seine Aussagen oft zwei- und dreimal nachdenken, weil er sehr überspitzt und provokativ formuliert. Als säkularer Jude, wie er sich versteht, hat er auch eine gewisse Distanz zur Religion. Bei ihm passt der Begriff "Hassliebe". Sehr zu empfehlen fand ich damals die ARD-Sendung "Entweder Broder" mit ihm und Hamed Abdel-Samad. Ich fand das gelungene Satire und eine gute Religionskritik.

Gil Ofarims Aktion war geschmacklos und so eine Falschaussage ist in keinerweise zu entschuldigen. Ich will aber nochmal einen Satz zu dem Zentralrat der Juden sagen: Die haben sich anfangs natürlich auf Ofarims Seite gestellt, weil man zuerst davon ausgeht, dass er wahrheitsgemäß über eine Diskriminierung spricht. Der Zentralrat distanzierte sich aber auch direkt, als es sich als Lüge herausstellte, und haben ein Statement veröffentlicht, in dem sie Ofarim dafür verurteilen.

Hajo hat es auf den Punkt gebracht: Eine Kippa oder einen Davidstern auf der Straße zu tragen, kann dich zum Opfer von Gewalt machen. Viele Juden ziehen das erst an, wenn sie die Synagoge betreten, welche generell unter Polizeischutz steht. Ebenso jüdische Schulen, wo Kinder auf dem Weg zur Sporthalle von Polizisten begleitet werden müssen. Sowie erst die kürzlichen Berichte der Makkabi-Verbände, dass bei Fußballspielen jüdische Vereine nach einem Sieg sich in die Kabinen einschließen, weil sie von gegnerischen Teams schon häufig attackiert wurden. Das halte ich nicht für dünnhäutig, das halte ich für skandalös in einem demokratischen Staat.


 

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