Ja, ich glaube, ich verstehe das soweit.
Als mir "der Kick" nicht mehr ausreichte, mal im Vorgarten am helllichten Tag im Rock rumzulaufen, oder im Rock den Müll rauszubringen, oder im Rock aufm Balkon zu stehen, wo die Nachbarn erkennen konnten, dass ich im Rock und nicht in Hosen dastand, als das alles also mir zu wenig wurde, da bin ich auch im Rock (oder einmal im Kleid sogar schon) auf die Straße gegangen.
Damals hatte ich noch kein Auto, geschweige denn einen Führerschein. Als ich das dann später hate, war das ja viel einfacher: ich musste nur irgendwo hinfahren, mich umziehen und raus damit.
Aber zuvor, als mir der Gartenzaun bereits zu eng wurde, musste es dunkel sein, ich bin bewusst allen Passanten auf die andere Strassenseite in meinem Vorort ausgewichen und am besten mussten es die Strassen sein, wo nur jede zweite Strassenalterne noch in Betrieb war aus ersten Energiespargründen.
Das soll heissen: die Leute sollten nicht die Spur mich erkennen und am besten sollten sie mich für ein Mädchen halten.
So konnte ich meine Röcke tragen (die damals zunächst noch die meiner Schwester waren) und mich an dieser unbeschreiblichen Freiheit erfreuen, hoffte aber darauf, nicht als Junge erkannt zu werden, oder gar als "ich selbst"!
Dummerweise wuchsen mir dann aber die ersten nicht zu leugnenden Fläumchen meiner späteren Barthaare, sodass ich irgendwann genau aus diesem Grund dieses "Spiel" nicht mehr durchführen vermochte.
Ich hab so in Erinnerung, dass ich dann so etwa 3 Jahre nicht mehr in kleidungstechnischer Freiheit vor die Tür mich wagte, bis ich eben dann meinen Führerschein und bald ein Auto hatte.
Dieses Mimikri (entschuldige diesen Ausdruck) kenne ich also auch, wo mir am liebsten war, jeder würde mich einfach für ein Mädchen halten.
Natürlich ist das ein Weg des geringsten Widerstandes - möchte ich mal behaupten.
Auf Dauer hat mich das nicht glücklich gemacht. Ich verkürze meinen weiteren Werdegang, indem ich betone, wie befreiend es sich für mich anfühlte, als ich mich das erste Mal am helllichten Tage in meiner eigenen Stadt im Rock bewegt habe, ohne dieses Mimikri ausführen zu müssen.
Ich hoffe, Albis, ich trete Dir mit den Schilderungen von mir nicht zu nahe. Und auch nicht mit meiner Frage (die sich mir vor meinem Hintergrund aufdrängt) :
Fühlst Du Dich wohl dabei, möglichst nicht als rock-/kleidtragender Mann erkannt zu werden? Oder betrachtest Du den Umstand, Dich möglichst als erwartungsgemässe Frau zu zeigen, als einen notwenidigen Kompromiss?
Ich erwarte von Dir keine Antwort, wenn Du sie nicht geben willst oder hast.