Autor Thema: Geschichte der Armbanduhr und Argumentation "Rock am Mann"  (Gelesen 6482 mal)

Offline franco

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Hallo zusammen,

wir haben hier in Diskussionen festgetellt, dass die Frauen im 20. Jahrhundert wiederholt Elemente der Männermode kopiert (Hosenkostüm) bzw. übernommen (Jeans, Hose) haben, aber nicht umgekehrt. Daher scheint die Verbreitung des Männerrocks als Massenphänomen auch so schwierig.

Ich habe vor einiger Zeit etwas im Netz gefunden, was die Männer von den Frauen übernommen haben: Die Armbanduhr!

Zitat aus dem Wikipedia-Artikel "Armbanduhr":

Zitat
Eine weitere Miniaturisierung des Uhrwerkes ließ zur Wende des 20. Jahrhunderts die Uhr auf Armbandgröße schrumpfen. Um diese Zeit wurde es allmählich Mode, die armbanduhrgroßen Damentaschenuhren am Handgelenk zu tragen. Diese Mode galt zunächst als „weibisch“ – Herren benutzten weiterhin die Taschenuhr an der Uhrkette. Diese erwies sich für manche Verwendungen jedoch als unhandlich, zum Beispiel für Piloten, die in ihren damals spärlich mit Bordinstrumenten ausgestatteten Flugzeugen auf eine schnelle und präzise Zeitmessung angewiesen waren. Der brasilianische Flugpionier Alberto Santos-Dumont ließ sich von dem befreundeten Pariser Uhrmacher Louis Cartier eine Uhr für Flieger bauen, die am Armband getragen wurde: Die Cartier Santos gilt als erste Armbanduhr für Männer.

Nachdem auch die Offiziere im Ersten Weltkrieg feststellten, dass sich ihre Taschenuhren im Winter und allgemein unter Kampfbedingungen als sehr unpraktisch erwiesen, setzte sich die Armbanduhr beim Militär und schließlich auch in der zivilen Gesellschaft schnell durch und war bei Kriegsende zum allgemeinen Standard geworden.

Was schließen wir daraus?

Die Gesellschaft ist doch grundsätzlich dazu fähig, "weibliche" Verhaltensweisen Männern zu ermöglichen! Das gilt scheinbar insbesondere dann, wenn die "weibliche" Lösung hinsichtlich Praktikabilität der "männlichen" Lösung erkennbar überlegen ist.

Ich glaube nicht, dass diese Erkenntnis die Welt-Kulturrevolution einläutet! Aber die gesellschaftlich verhaftete These "Männer übernehmen niemals Elemente weiblichen Verhaltens, ohne ihre Männlichkeit gewollt oder ungewollt in Frage zu stellen" können wir klar historisch nachprüfbar widerlegen!

"Ja, ich kann! - sogar im Rock!"

Offline radix

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Hallo Franco,

ein toller Artikel ! Auf den Gedanken, dass eine am Arm getragene Uhr "weibisch" sein soll, wäre ich im Leben nie gekommen, obwohl ich natürlich aus alten Filmen sehr wohl weiß, dass Männer damals lange Zeit Taschenuhren an einer Uhrkette benutzten.

An diesem Beispiel erkennt man ganz deutlich - und Franco hat es ja hervorragend herausgearbeitet - , dass alles relativ ist. Was zunächst als "weibisch" abgetan wurde, hat sich im Nachhinein als sehr praktisch erwiesen. Inzwischen ist dieser Aspekt von den heute lebenden Menschen - siehe mein eigenes Beispiel - völlig vergessen worden. Und wenn heute ein Mann seine Uhr an einer Uhrkette tragen würde, gälte er vermutlich als furchtbar rückschrittig.

Man stelle sich diese Entwicklung auf Hose und Rock übertragen vor: In 50 oder 100 Jahren, wenn endlich die Erkenntnis bei allen Männern gereift ist, wie praktisch die Rockmode ist, würde ein Mann in Hosen als rückständig und unmodern gelten - was für eine Vision ...

Viele Grüße

Radix

Offline Ce_Jäger

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man könnt jetzt kleinlich sein und dazu meinen:

wenns im Krieg nicht benutzt worden währe, hätten Männer heutzutage keine Armbanduhr
 - obwohl, die meisten haben mitlerweile keine mehr weil sie ihre Uhr in Form vom Telefon in die Tasche stecken :)

gruß
Ce.
...ob Hose oder Rock - was sollte es denn für einen Unterschied für mich machen?

Offline franco

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Ce,

Dein Kommentar ist bestimmt spaßig gemeint, hat aber einen ernsten Hintergrund!

Anfang des 20. Jahrhunderts war - zumindest für die Männer - das Militär noch ein beherrschender gesellschaftlicher Faktor. Selbst in Friedenszeiten ließen sich prominente Männer damals in Militäruniform abbilden!

Heute ist das - zum Glück - anders.

Die Rolle des Militärs hat heute wahrscheinlich der Sport eingenommen!

Schon seit Jahren tragen Männer wieder Schwimmanzüge im Leistungs-Schwimmen. Das war vor 10 oder 20 Jahren noch anders!

Nehmen wir die Diskussion um die neuen Super-Anzüge mal raus, die ja nächstes Jahr wieder verboten sind (für Männer und Frauen). Was bleibt ist, das in der Welt der Schwimm-Leistungssportes die Männer den Badeanzug der Frauen in einer weiterentwickelten Form übernommen haben. Warum? Um ein paar Hunderstel Sekunden schneller zu werden.

Und das ist die gleiche Geschichte wie mit den Armbanduhren in Grün: Wieder bietet die "weibliche" Verhaltensweise einen klar meßbaren Vorteil. Und wenn das so ist, ist es plötzlich kein Problem mehr, sich "weiblich" zu verhalten.

Hauptsache, man steht am Ende mit der Medallie um den Hals auf dem Treppchen!
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Offline Raebaell

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Hallo franco,

Ich muss dir bei deinem Badeanzugkommentar etwas wiedersprechen, soviel ich weis hat auch der Mann zu beginn des 20 Jahrhunderts in öffentlichen Badeanstalten einen Badeanzug getragen. Somit würde ich daraus die Schlußfolgerung ziehen das die Schwimmer den Badeanzug nicht von den Frauen übernommen haben, sondern ihn wieder aus der Versenkung hervorgeholt und moderniesiert haben.

Und ansonsten noch einen angenehmen Tag.

Offline franco

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Ist richtig, Raebell.

Ich finde es nur interessant, dass sie ihn wieder aus der Versenkung geholt haben - und die Begründung: Schneller schwimmen!
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Offline Hasso

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Ist doch interesant: Frauen in Hosen akzeptieren alle in unserer Gesellschaft, aber Männer im Rock nur die wenigsten.
Ich frage mich nur wo steht geschrieben, daß der Mann keine Röcke tragen darf?
Also Männer die ihr Röcke tragen wollt, seid nicht so feige und zeigt euch in der Öffentlichkeit. Nur so wird die Modeindustrie reagieren und vermehrt Männerröcke auf den Markt bringen. Ich persönlich werde keinen Damenrock tragen, wohl aber Männerröcke. Aber es kann jeder machen wie er es will nur zeigt Mut zum Tragen und pfeift auf das was die Gesellschaft sagt.
Euer Hasso
Gruss Hasso

Offline Jürgen64

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Hallo Hasso,

Ist doch interesant: Frauen in Hosen akzeptieren alle in unserer Gesellschaft, aber Männer im Rock nur die wenigsten.

irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Du noch nie im Rock auf der Straße gewesen bist? Komisch, ich trage seit Jahren Rock öffentlich und kann diese These nicht bestätigen. Wenn überhaupt, dann kommt eine ablehnende Haltung fast nur von Männern, und auch da nur von den wenigsten.

Anders ist das allerdings, wenn ich nur darüber rede. Dann ist die Ablehnung um ein Vielfaches größer. Den Menschen fehlt scheinbar das Bild vom Rock am Mann.

Gruß
Jürgen
Sei Du selbst. Von den anderen gibt es schon genug!

doppelrocker

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Hallo zusammen,

wenn es heute keinen mehr interessiert, ob Frauen Hosen tragen, mag es daran liegen, dass diese Geschichte schon vor knapp 80 Jahren begonnen hat. Die Diskussion in der "Gesellschaft" war den Erzählungen nach die gleiche. Dann gab es die Hippies, Männer mit langen Haaren oder gar mit Ohrringen. Und wehe, der war auf der falschen Seite (der Ohrring)... Aller Anfang ist schwer.

Grüsse
doppelrocker


 

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