"Labern" ist wertend und sagt häufig mehr aus über denjenigen, der den Begriff verwendet, als über denjenigen, auf den diese Wertung gemünzt ist.
Kommt es mir so vor, dass "Labern" vorkommt, dann halte ich mich manchmal einfach raus und lass "labern", wer labern möchte - und lese nicht mit, oder lese nur mit und klicke nur Links an, wo ich denke, Lust drauf zu haben.
Die verlinkte Publikation "CoDAG-Bericht 4" vom 11.12.2020 mit im Link sichtbarer Herkunft von der Uni München ließ in mir die Lust auf Anklicken steigen, eben wegen vermuteter Unabhängigkeit.
Nun ist es so eine Sache, ausführliche Publikationen aufmerksam zu lesen. Oder nur zu überfliegen und sich auf die Überschriften und die Grafiken zu stürzen. Ich habe eher eher letzteres gemacht aus Zeitgründen.
Auf den ersten Blick ergeben sich aus der Publikation im Wesentlichen keine neuen Erkenntnisse zu dem, was ich aus meinem überwiegend öffentlich-rechtlich geprägten Medienmix bereits wusste.
Da die Publikation in Zusammenhang mit "Labern" gestellt wurde, und kürzlich hier auch von "Irreführung" in mehrfachem Sinne die Rede war, habe ich mir besonders die Diagramme zu den Todesfallzahlen angeschaut.
Was leider nicht auf den ersten Blick schon erkennbar ist: Die Statistiken beziehen sich auf 100.000 Menschen, gefiltert nach der jeweilig betrachteten Altersgruppe. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wären die 100.000 Menschen aus allen Altersgruppen zusammengesetzt. Drum dachte ich schon, wie aussagekräftig eine solche Darstellung sei. Als ich entdeckte, dass es ein rein altersgruppengefilterter Bezug ist, halte ich die Aufbereitung der Zahlen schon für ausreichend stichhaltig.
Wie von Doppelrock vermutlich gewünscht, zeigen die Todesfalldiagramme keinen wirklichen Hinweis von einer "Übersterblichkeit". Daraus könnte man sich also ableiten, dass die Bedrohung eher Panikmache sei. Ich tue mich noch schwer, diesen Schluss auch für meine Erkenntniswelt zu ziehen.
Was aber auffällt, dass im 2. Quartal und vermutlich jetzt gegen Ende des Jahres, der Anteil an Covid-19-Todesfällen deutlich ablesbar ist. Jedoch muss ich warnen, dies überzubewerten, denn die Diagramme starten auf ihrer Y-Achse nicht bei 0, sondern bei einem deutlich höheren Wert. Das will heißen: die Kurven sind quasi optisch gestreckt, und eine deutliche Abweichung der blauen und roten Linie voneinander liegt nur in einem kleinen Prozentbereich, den man ausrechnen könnte.
Was mir insbesondere auffällt dank dieser Diagramme, ist, dass über all die letzten Jahren - nimmt man die immer mal auftretenden groben kurzfristigen Ausreisser raus - ingesamt die Todesfallzahlen rückläufig sind. Und 2020 reiht sich trotz Corona da recht gut in diesen Trend ein.
Ich finde diesen Befund - und zwar jetzt wirklich unabhängig von Corona - sehr bemerkenswert. Liegt es daran, dass die Lebenserwartung alljährlich steigt? Oder liegt es daran, dass man die Altersgruppe, die man für 2020 eingeteilt hat, über die letzten Jahre seit 2016 betrachtet hat, also, dass der 60-jährige von 2020 im Jahr 2016 auch schon in der 60-79-Altergruppe war, obwohl er erst 56 war (was ich eher nicht glaube, weil das mit einem erheblichen Rechenaufwand verbunden wäre)?
Vielleicht müsste man den über die Jahre rückläufigen Trend aus dieser Darstellung herausnehmen und die Jahreskurven doch wieder normieren, indem man die alljährliche Steigerung der Lebenserwartung herausrechnet. Würde man da vielleicht eine deutlichere Übersterblichkeit sehen?
Es gibt viele Möglichkeiten, Dinge aus den Diagrammen zu lesen.
Bekannt ist auch, dass 2020 etliche notwendige, vielleicht auch "notwendige" Behandlungen, wie zum Beispiel auch Krebstherapien wegen Corona ausgesetzt wurden. Viele gehen auch gar nicht erst zum Arzt oder zur Vorsorgeuntersuchung, wie auch immer wieder von "Corona-Leugnern" zu Recht angeführt wird, und nicht nur von denen, sondern auch in den Leitmedien immer wieder thematisiert wird (für die, die sich dafür interessieren).
Vielleicht fehlen gerade 2020 und vielleicht auch 2021 ebenso sehr viele Todesfälle, die aufgrund jener hinausgezögerter Behandlungen aufgetreten wären. Wer sich der Vorsorgeuntersuchung hinsichtlich von Prostatakrebs - hier mal beispielsweise angeführt - entzieht, wird vermutlich die nächsten 10, 15 Jahre nicht an einem Prostatakrebs versterben. Mit einer Krebsdiagnose steigt die Wahrscheinlichkeit, an diesem Krebs in der nächsten Zeitspanne zu versterben, längerfristig sinkt sie in der Regel. Und das Risiko, an einer der Nebenwirkungen der Therapien zu versterben steigt ebenso in der nächsten Zeitspanne, längerfristig auch, wird aber oft von dem Risiko der Unbehandelten längerfristig wieder eingeholt. Fehlen möglicherweise 2020 sehr viele dieser 'kurzfristigen' Sterbefälle?
Holen uns all diese 'verschleppten' Todesfälle in ein, zwei, drei Jahren wieder ein? Oder sind sie am Ende das Ergebnis einer zu intensiven medizinischen Betreuung, einer Überversorgung, einer Fixierung auf Fallzahlen, ja leider auch Sterbefälle mit eingeschlossen? All das könnte man rauslesen aus diesen Statistiken.