Natürlich kann diese Szene bereichernd sein für die Mode, nur um mal mit Deiner letzten Frage anzufangen.
Die begleitende Frage aber ist, wie stark diese Impulse von den aussenstehenden Gesellschaftsbereichen, also den Nicht-LGBT...-Angehörigen aufgenommen werden.
Deine vorletzte Frage nimmt mich emotional deutlich mehr mit auf die Erkundungsreise:
Also gibt es nun Schnittmengen und wenn ja wie relevant sind sie wenn es um den Mann im Rock wenn er nicht zu Lgbt gehört?
Diese Schnittmengen gibt es eindeutig. Angefangen von der Frage, die sich ein Nicht-LGBT-Mann bestimmt mal stellt, und bestimmt noch viel häufiger gestellt bekommt, wenn er sich offenbart, ob er denn doch irgendwie zur LGBT-Szene gehört. Bis hin von ähnlichen Situationen, mit denen man konfrontiert wird.
Mit diesen Situationen, mit denen man konfrontiert wird, meine ich jetzt nicht, dass andere einen trotz eigener Beteuerung doch für LGBT halten können - das meine ich also nicht - sondern ganz einfach solche Situationen, wo man zum Beispiel als Kind (als Junge) schon gerne Röcke oder Kleider tragen wollte, aber damit in Schwierigkeiten kam.
Ganz speziell erinnert mich Deine Frage daran, dass ich zum Beispiel Filme wie "Mein Leben in Rosarot" oder "The Danish Girl" zumindest in Teilen sehr interessiert gesehen habe. Die gemeinsame Schnittmenge ist ganz einfach die, etwas anziehen zu wollen, was die Gesellschaft einem aber nicht erlauben möchte und mit massiven Verständnisproblemen reagiert.
Dies ist eine ganz deutliche Schnittmenge.
Jedoch gibt es trotz Schnittmengen auch sehr viel Trennendes. Ich glaube, bei Deiner Themeneröffnung hier (also dieser Thread hier) bist Du inspiriert worden durch einen anderen ganz tagesaktuellen Thread hier im Forum (ich erlaube mir, zu verlinken:
Link) - vielleicht drückt das auch Deine Eingangsbemerkung
"Röcke und Lgbt, gerade woanders aktuell." aus.
Und das Trennende hast Du auch gerade schon richtig verortet:
Nicht selten ist das bedingt durch die Gedanken was denken Familie, Arbeitskollegen Nachbarn...
Was ist wenn man im Hausflur xy in die Arme läuft....
Das Trennende ist sehr viel weniger das, was im eigenen Herzen empfunden wird, sondern das Trennende entsteht daraus, was das eigene Umfeld daraus macht.
Mit etwas Mut kann man die Bedenken aus dem eigenen Umfeld heraus, besonders aus dem engen Familienkreis heraus auch ein bisschen verstehen. Die Ängste, dass ein Familiengefüge zerrüttet wird, sind in gewisser Weise nachvollziehbar. Andererseits verhindern diese Ängste auch, dass der Mann sich selbstbestimmt entfalten kann, auch wenn er es gerne würde.
Natürlich gibt es auch darin Schnittmengen zu Angehörigen der LGBTs-Gruppen. Jedoch haben LGBTs eine Reihe von Beispielen, an denen sie sich orientieren können.
Ein Mann, der nicht LGBT ist, aber dennoch modisch sich weniger als vorgesehen ausdrücken möchte, hat deutlich weniger Vorbilder. Brad Pitt kam neulich vorbei. Und ein paar andere. Doch mit abnehmendem Sommerwetter ist auch dieser prominente Beistand allmählich wieder verpufft. So was wie Vorbilder findet man am ehesten dann doch noch hier im Forum.
Auch haben LGBTs inzwischen - zum Glück, kann man nur ehrlicherweise sagen - eine Reihe von Fürsprechern gefunden. Alleine in der Politik fallen mir viele Personen ein, die sich dieser Gruppen fürsorglich annehmen und sich dafür einsetzen, dass angemessene Rechte für diese Gruppen gewahrt werden.
Jedoch fällt mir kein Politiker ein, der sich dafür einsetzt, dass Männer zuhause bei ihrer Frau, oder unterwegs im Familienkreis oder gar am Arbeitsplatz ganz selbstverständlich Röcke oder Kleider tragen können. Da fehlen die Fürsprecher, die aktiv solche Bestrebungen unterstützen. Keine Vorbilder, keine Fürsprecher, Männer, die einfach nur keine Hosen tragen wollen, stehen ziemlich alleine da.
Ziemlich alleine mit den Fragen der Frau, ziemlich alleine mit den Fragen der Freunde, der Verwandtschaft. Und mit deren Ahnungen, Vermutungen, Befürchtungen, Ängsten. Und wie Du sagtest, das größte Dämpfungsglied im sozialen Geflecht ist: Was sagen die Nachbarn, was denkt der Bekannte. Oder Chef sagt, was soll der Kunde denken, wenn Du im Rock durchs Büro läufst? Der Kunde soll nicht verwirrt werden, der Kunde soll Vertrauen gewinnen / behalten. Und das Vertrauen ist gefährdet, wenn er ihm unvertrautes begegnet.
So sind Männer, die nicht LGBT sind, beim Thema Modefreiheit (und sicher nicht nur einzig da, das führte jetzt aber zu weit) in ein enges Netz von Befürchtungen, Ängsten, Abhängigkeiten eingebunden, das aber auch sichtlich mit Vorurteilen verbunden ist.
Und gegen Vorurteile lehnt sich die LGBT-Szene auf. Zum Teil mit Erfolg. Und der sei ihr gegönnt.
Jedoch trägt dieser Erfolg mit dazu bei, dass ein Mann, der nicht dem vorbestimmten Standard voll entspricht, sehr viel leichter mit LGBT in Verbindung gebracht wird. Absurd wird es, wenn den LGBTs die ihnen zustehenden Rechte zugestanden werden, aber Männer, die nicht LGBT sind, diese Rechte weiterhin nicht eingeräumt bekommen.
Und da sind die eigenen Ängste begründet, die ein Nicht-LGBT-Mann hat, dass er seine Identität aufgeben müsste, nur um Rechte zugestanden zu bekommen. Und die Angst, dass Partnerin, Familie, soziales Umfeld doch sich in ihrer Annahme bestätigt fühlen, dass es nicht einfach nur um Kleidung ginge.
Einem Dilemma, aus dem der mode-offenere Nicht-LGBTQ...-Mann trotz aller Schnittmengen doch nur aus eigener Kraft herauskann. Darum ist es wichtig, dass sich diese NICHT-LGBT-Männer untereinander vernetzen ohne jedesmal die Regenbogenfahne begeistert schwenken zu müssen.