Hallo Jürgen,
auch auf die Gefahr hin, dass wir mit dieser Art Diskussionen das Forum sprengen, bzw. einige Mitmenschen eher verunsichern, will ich dennoch meinen Senf dazu geben.
Am Femininen ist grundsätzlich nichts schlechtes dran (am maskulinen übrigens auch nicht!).
Wenn es jedoch um das "Problem" geht, ob und wie weit ein Mann sich "feminin" geben darf, scheint es die Welt - derzeit - zu spalten.
Für einige der Rocker hier scheint es ganz wichtig zu sein, dass sowohl der Rock, wie auch andere Accessoires an ihnen (besonders) männlich herüber kommen.
Sinngemäß: wenn schon Rock, dann aber sonst aussehen wie Rübezahl
und eben die andere Gruppe, die sich nicht alleine am Rock fest klammern und für die es auch weniger ein Problem darstellt, andere "Weibersachen" zu tragen.
Welche Beweggründe könnten sonst noch gegen den Rock oder andere "feminine Details" stehen?
Ich denke, das Hauptproblem ist immer noch das eigene Ego und der Versuch, beim Kampf ums Revier mithalten zu können, wenn nicht gar Alpha-Tierchen sein zu wollen.
Kleidung und Äußerlichkeiten spielen dabei eine sehr große Rolle. Wenn bspw. Josef Ackermann am Montag mit Latzhose und Holzfällerhemd in die Firma kommt, wird man ihn wohl nicht für seinen modischen Alleingang feiern, sondern unterstellen, dass er bereits Privatinsolvenz angemeldet hat, er also die (gesellschaftliche) Hierarchie-Ebene hinunter gefallen ist. Wer zur NPD-Tagung mit grün gefärbten Haaren im Irokesenschnitt kommt, wird ebenso verachtet und nicht anerkannt der Genosse, der als Gewerkschaftsvertreter im Armani-Anzug daher kommt. Das einfachste ist es also, mit dem Strom zu schwimmen, sich anzupassen. Anzug in der Bank, Glatze (oder Scheitel, rrrrrächts) bei der NPD, Blaumann bei den Arbeitern.
In der Stadt, mitten in der Fußgängerzone, wo nun wirklich sämtliche Schichten, Bildungsgrade, sozio-kulturelle Gruppen sich treffen, ist es ähnlich: entweder man fällt nicht groß auf ODER aber, man muss das genügend dicke Fell haben, um Anfeindungen aus dem Wege zu gehen oder sie kontern zu können. Und dann natürlich immer wieder die Gefahr "was, wenn ich meinem Kollegen oder gar Chef begegne?"
Und dann natürlich das vermeintlich größte Problem, als schwul zu gelten oder Fetischist zu sein. Auch das alles eine Frage der Erziehung, der Gewohnheiten. Auch da hat sich im Lauf der Jahrzehnte/ letzten Generationen etwas getan. Zumindest ist Schwulsein weder juristisch, noch gesellschaftlich mehr ein großes Drama. Auch dies ist sicherlich ein Verdienst der aktiven Homosexuellen, die mit dem Christopher Street Day und anderen Aktionen das Anderssein ins Bewusstsein gebracht haben und bewiesen, dass schwul nicht gleichzusetzen mit Fummeltrine ist. Aber vielleicht ist auch das ein Problem. Wenn (der Norm entsprechend gekleidete) Heteros "normal" sind und auch (normgerecht gekleidete) Schwule "normal" sind - was sind dann all die anderen?!
Ich würde mal unterstellen wollen, dass es heutzutage leichter ist, sich als "schwul" zu outen oder mit grün gefärbten Haaren am Arbeitsplatz zu erscheinen, als denn zu verkünden/ zu zeigen, dass man weibliche Kleidung trägt.
Warum?! Wie auch Frauen ihr Recht auf die Hose erkämpft haben, so haben auch Schwule sich ihr Ansehen auf "normal" erkämpft und auch die Punker-Ära der 1980er hat dazu beigetragen, dass auch bunte Haare nicht unbedingt ein NoGo sein müssen.
Alleine die Unterschiede zwischen DWT, Crossdressing, Travestie und Transvestit, bishin zur Transsexualität zu verstehen, scheitert, mangels Wissen. Es sind nun mal Exoten, auch wenn die statistische Zahl viel größer sein mag. Aber es fehlt da an Vorbildern/ Vorkämpfern, einer entpsrechenden Lobby. Und dann zu allem Überfluss dem ge-BILD-eten Bürger klar machen zu wollen, dass es da auch eine Gruppe gibt, die nur teilweise Damenkollektion trägt, aber weder Fetischist, noch "Transe" ist, dürfte umso schwerer fallen.
Da muss man also schon mit dickem Fell und/ oder guten Argumenten ausgestattet sein, um sich in diese Schlacht zu wagen.
Welche Ideen habt Ihr, diese zu umschiffen?
A) Die heimlichste Art ist natürlich, dies nur zuhause zu tun (am besten wenn Mutti/ Freundin/ Frau nicht da ist)
B) Es in einer fremden Stadt oder auswärts, also nur dort zu tun, wo man nicht erkannt wird.
C) Sich damit begnügen, es nur zu Karneval auszuleben.
D) Es so mit anderer Kleidung und einem Look zu kombinieren, dass es nicht heraus sticht, bzw. die Gesamterscheinung immer noch als "klar männlich!" identifiziert wird
E) Es nur in der Freizeit "auszuleben" (also zur Arbeit Anzug/ Blaumann - abends um am Wochenende eben nach eigenem Gusto)
...
X) Nicht darauf zu hören/ es zu ignorieren und zu machen.
Wie könnten diese Ideen umzusetzen sein?
Keine Frage, das Internet mit seinen Communities und Foren trägt sicherlich dazu bei, dass man sich besser vernetzt und feststellt "ach was, der ist ja genauso bekloppt wie ich!". Dies ist für das Seelenheil sicherlich eine ganz große Stütze und Hilfe. Auch kann dies den eigenen Horizont erweitern, zur Weiterbildung beitragen und auch entsprechende Argumente an die Hand liefern.
Das Problem bei solchen Foren aber ist immer, dass man zu sehr unter sich bleibt (und sich gerne selber feiert). Und die paar "äußeren Stimmen" eher als Trolle daher kommen. Man erreicht also nicht die breite Masse, spriche jene, die sich bisher keine Gedanken darüber gemacht haben.
Darum:
1. MACHEN! Eine der effektiveren Möglichkeiten ist es, Flagge zu zeigen; raus auf die Straßen zu gehen. Auch und trotz der Gefahr, dass Leute kucken und irritiert sind, aus Unsicherheit lachen und aus Dummheit blöde Sprüche machen.
2. INFORMIEREN!Es gibt Initiaven, die versuchen, Vorurteile abzubauen und Verständnis aufzubauen, u.a.
MiteinAnders-Jena.de.
Die gehen in Schulen und klären auf. Einer davon heißt André, ist bekennend heterosexuell, aber eben kleidungstechnisch offener drauf. (Du hast ihn ja bereits live kennen lernen dürfen).
Ich finde, so etwas kann sehr gut dazu dienen, den Leuten die Augen zu öffnen.
Es geht ja bei nicht darum, dass es zum Trend wird oder es gar "jeder" macht. Alleine das Wissen/ Verständnis, "wieso/ weshalb/ warum macht der das?" mag ja schon reichen, damit das Gegenüber versteht, dass wir keine "Perversen" sind und uns in Ruhe lässt.