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Röcke und mehr... => Erfahrungsberichte => Thema gestartet von: Holger Haehle am 01.08.2016 10:59

Titel: Rockerfahrungen von einem College in Taiwan Teil 04
Beitrag von: Holger Haehle am 01.08.2016 10:59

So, allmählich komme ich zu den letzten Rockerfahrungen Made in Taiwan. Im Buch gibt es für besonders Interessierte zusätzliche Kapitel mit psychologischen und biologischen Hintergrundinformationen wie: Wie viel Geschlecht braucht der Mensch. Als E-Book ist das Buch noch den ganzen August kostenlos erhältlich.

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Am Arbeitsplatz werde ich meinen Kleidungsstil sehr vorsichtig und schrittweise modernisieren. Die Befürworter sind zwar in der Mehrheit, aber die Gegner sitzen in den wichtigeren Positionen. Die Schüler und Studenten hätten einen konsequenteren Schritt mehrheitlich begrüßt. Das ergibt sich aus meinen Befragungen. Vielleicht liegt es am hohen Frauenanteil unserer Schule. Frauen gehen mit jeder Art von Kleidung viel selbstbewusster um. Nicht wenige geben mir Ratschläge, welcher Rock in welcher Kombination mir ihrer Meinung nach am besten steht. Die meisten Schüler würden sowieso gerne die Schuluniform gegen Schulkleidung tauschen. Dann könnten sie selbst entscheiden, ob sie Rock oder Hose aus einer Schulkollektion wählen. Die aktuelle landesweite Novelierung der Schuluniformregeln kommt ihnen entgegen. Es gibt auch erste männliche Rockträger.

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Abb. Schüler einer Senior High in Kaohsiung

Da ich den Konsens suche und um Anerkennung werben will, darf ich niemanden vor den Kopf stoßen. Schon gar nicht will ich religiöse Gefühle verletzen. Jeder soll die Möglichkeit haben mein Handeln als friedfertig und ehrenwert kennenzulernen. Deswegen entscheide ich mich, im Unterricht regulär keinen Rock zu tragen. Es wird bei Ausnahmen bleiben. Fürs Erste will ich einmal die Zustimmung des Chefs belasten und im Rock zur Schule gehen. Jetzt in der Ferienzeit sieht man kaum Menschen auf dem Campus. Das Personal versteckt sich in seinen Büros. In der Deutschabteilung erwarte ich nur den Chef, seine Sekretärinnen und den ein oder anderen Kollegen. Mir scheinen das gute Bedingungen für einen Testlauf zu sein, quasi unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit.
Ich entscheide mich für einen Freizeitlook, der zu einem heißen Sommer passt. Dazu wähle ich den Rock aus dernächsten Abbildung mit einem weißen Poloshirt und Sandalen.

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Abb. Ich auf einer Hafenfähre von Kaohsiung

Als ich das Schulgelände betrete, nicke ich dem Pförtner zu. Der nickt genauso freundlich zurück. Auf dem Campus sehe ich wenige Schüler. Einige spielen Volleyball. Entweder, ich werde nicht bewusst bemerkt oder meine Bekleidung scheint egal zu sein. Jedenfalls bemerke ich keine Blicke, die sich an mich heften. Nur Personen, die mir entgegenkommen, blicken kurz auf, um dann wieder den Blick auf den Weg oder Gesprächspartner zu richten.
Im Sekretariat treffe ich den Chef nicht an. Die Sekretärinnen und zwei Hilfskräfte essen zu Mittag. Niemand scheint von meinem Rock Notiz zu nehmen. Der Small-Talk verläuft wie sonst auch. Sehen die den Unterschied nicht? Das kann natürlich nicht sein. Aber warum sagt dann niemand etwas? Sonst gibt es schon mal Kommentare: „Oh, neue Hose“ heißt es dann oder, „Wo hast du denn das schöne Kleid her?“ Man könnte mich doch ganz einfach fragen: „Ach, was hat dich denn auf die Idee gebracht, einen Rock anzuziehen? Das sieht ja sehr originell aus.“
Also gebe ich dem Gespräch die entscheidende Wende und bekenne, dass ich mich ein wenig komisch fühle. Schließlich ist es schon etwas ungewohnt, im Rock am Arbeitsplatz zu erscheinen. Um den Anlass zu erklären, erzähle ich von der Verkleidungsaktion zu Karneval, wovon sie natürlich wussten, und wie daraus ein Buchprojekt entstanden ist. Nun wird genauer hingeschaut und endlich bekomme ich ein paar Meinungen zu hören. Die klingen so selbstverständlich, als würde ich immer schon Röcke tragen. Meine Bedenken wegen möglicher wertkonservativer Haltungen von Teilen der Bevölkerung und der Schulleitung und natürlich den eigentlichen Chefs, den Ordensfrauen, zerstreuen sie mit dem Hinweis darauf, dass sich die Zeiten geändert haben. Freizügigkeit und Toleranz seien heute allgemein weit verbreitet. Sowieso stehe mir der Rock. Das allein zähle schon. Nur im Unterricht sollte er etwas länger sein. Das Knie sollte bedeckt sein. Als zwei Lehrer hereinkommen, setzten sie sich zu uns, um ein wenig zu quatschen. Auch sie sprechen den Rock von sich aus nicht an. Der Gesprächsverlauf ist so freundlich wie immer. Alles wirkt so alltäglich wie sonst auch. Ich gehe also mit einem guten Gefühl wieder nach Hause.