Lieber Zwurg,
wir müssen das jetzt ja nicht ausdiskutieren, sondern halten einfach mal fest, dass wir da unterschiedliche Meinungen haben. Und sich hat keiner von uns beiden in allen Punkten recht. Wir könnten uns jetzt beide weitere Argumente, Beobachtungen, Einschätzungen usw. um die Ohren hauen, aber damit würden wir die Positionen sicher eher verhärten als uns einander anzunähern. Was als allgemeine Wahrheit formuliert ist, ist oft eine, die in einem Kontext stimmt und in einem anderen nicht. Deswegen bin ich dafür, eine für die Interessen Betroffener offene Grundhaltung zu kultivieren, dann aber von Fall zu Fall zu entscheiden, was das jeweils Beste ist. Beispielsweise schreibe ich meinen Studierenden keine Sprachregelung für ihre Texte vor, aber argumentiere eben für die genannte Grundhaltung. Ich habe die Hoffnung, dass es sich einspielen wird, ein paar sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten nebeneinander existieren zu lassen, genau so, wie verschiedene Arten, sich zu kleiden. Wichtiger als Sprache und Kleidung sind das Denken und Fühlen. Sind wir denkend und fühlend nicht von - ich nehme jetzt mal ein buddhistisches Wörterpaar - von Weisheit und Mitgefühl bestimmt, nützen die besten Sprachregelungen und Kleidungsfreiheiten nichts, sondern werden so verwendet, dass sie das, was man durch sie überwinden will, eben nicht überwindet. So nützte es z.B. nicht viel, das Wort "Sekte" durch "Neue Religion" zu ersetzen, wenn man dann den "Neuen Religionen" genau so negativ gegenübersteht, wie vorher den "Sekten". So nützt es nichts, statt "Zigeuner" "Sinti und Roma" zu sagen, wenn man diesen nach wie vor mit denselben Vorurteilen begegnet. Usw. usf.
Petra ruft. Wir müssen los.
Habe und habt alle einen schönen Samstag!
LG, Micha