Doppelrock dreht mir mal wieder das Wort im Munde rum. Typisch!
Timper, ich möchte Dich zu gar nichts zwingen, und wenn Du anderen Menschen zugestehst, zu tragen, was sie wollen, ist es ja okay. Dass Du ihnen dann aber gleich negative Konsequenzen ihrer Freiheit androhst, geht das wieder zu weit! Ich sehe bei Dir Toleranz im Sonne von Duldung von etwas, das Du verabscheust, aber keinen Respekt im Sinne von Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Männer, über die Du schreibst.
Und habe ich je irgendwo geschrieben, dass die Arbeitsbedingungen an meiner Uni überall gelten? Wenn ich meine Arbeitsbedingungen betone, dann, um zu zeigen, dass es sie sehr wohl gibt, gegen die Unkenrufe, man könne generell keine Röcke bei, in oder auf der Arbeit tragen.
Du hast den Eindruck, dass ich von mir auf alle anderen schließe. Genau diesen Eindruck habe ich auch von Dir. Und beide sagen wir, dass wir das so aber nicht meinen. Dann ist ja gut.
Und ich sage ja: Wenn Deine Arbeitsbedingungen nicht erlauben, dass Du Röcke trägst, tut mir das leid für Dich und alle, die es gerne würden. Und dann zeige ich eben gerne auf meine Arbeitsbedingungen, unter denen es möglich ist, um Mut zu machen, die eigenen Arbeitsbedingungen vielleicht auch dahin gehend zu verändern.
Was Weiblichkeit oder Männlichkeit angeht: Auch da sind wir in meiner Uni so weit, die Menschen nicht in Schubladen zu stecken, in denen sie nicht sein wollen. Wer männlich sein will, wird als männlich respektiert, wer weiblich sein will, wird als weiblich respektiert und wer divers sein will - wie auch immer genau - wird als das respektiert. Das kann doch als vorbildhaft für alle Arbeitgeber:innen gelten. Oder nicht?
Wenn Du immer das Wort "Blase" strapazierst: Es ist doch nur so lange eine Blase, wie es für sich bleibt. Wenn es sich soweit ausdehnt, dass es in die Gesellschaft diffundiert, hört es auf, eine Blase zu sein oder von mir aus ist es dann eine Riesenblase.
Ich jedenfalls genieße es, als weiblich geltende Kleidungsstücke zu tragen, ohne mich damit als Frau zu verkleiden. Sie sind einfach eine Erweiterung meiner Garderobe und gerne symbolisiere ich damit auch, dass ich mein Männlichkeitsbild dadurch erweitere, dass ich zwischen männlich und weiblich keine starre Grenze ziehe, sondern auch Schnittmengen zulasse, gutheiße und genieße. Es kam bisher nur sehr selten vor, dass ich deshalb negativ beurteilt wurde, mit sogar abnehmender Tendenz. Und wenn mich mal jemand mit dem falschen Pronomen anspricht, bricht mir kein Zacken aus der Krone. Neulich in Nancy gab ich einem Obdachlosen etwas Geld. Der Mann saß auf dem Boden und sah wohl nur meine Füße in den Sandalen aus der Damenabteilung, meine von Natur her nicht sehr behaarten Beine und meinen Rock und sage: "Merci Madame". So what? Ich drehte mich nicht nach ihm um, um ihn zu korrigieren. Aber ich glaube, er blickte mir nach, erkannte seinen Irrtum und wunderte sich. Und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Oder neulich erhielt ich von einem Fundbüro eine E-Mail mit der Anrede: "Sehr geehrte Frau ..." Nun ja, ich hatte den Verlust meiner Jeansjacke gemeldet, die Größe 48, also eine Damengröße, angegeben, und dann kann auch noch sein, dass "Michael A." als "Michaela" gelesen wurde, was ab und zu vorkommt. Meistens korrigiere ich, diesmal aber nicht.
So, ich muss noch was arbeiten, im Homeoffice in meinem schwarzen kurzen Hauskleid, mit dem ich so nicht in die Uni gehen würde. Nicht so sehr, weil es ein Kleid ist, sondern weil ich mir darin in der Öffentlichkeit zu nackt vorkomme, denn es ist sehr kurz und hat nur Träger, keine Ärmel. Selbst für ein Zoom-Gespräch ziehe ich mir da gerne ein T-shirt über, weil es sonst aussieht, als säße ich in einem schwarzen Unterhemd da. Das empfände ich aber als respektlos meinen Gesprächspartner:innen gegenüber. Ich habe es schon mal ohne T-shirt gemacht, das ging auch, aber so richtig wohl fühlte ich mich damit nicht. Da geht es also nicht um männlich oder weiblich, sondern um zu viel Haut auf dem Bildschirm.
LG, Micha