Och Leute kommt schon. Müssen wir uns wirklich so derbst kleinlich darüber auslassen, was mann ist und was nicht?
Nein, müssen wir nicht. Wollen wir!
Und wenn Du nicht willst, dann lies doch einfach weg.
Es ist doch völlig unwichtig was die Leute, was die Medien oder irgendwelche Feministinnen sagen, was sie meinen, was ein Mann ist.
Ebenso werden sich die Männer ebensowenig einig wie ne Frau sein sollte, üppig oder schmal, Drall oder mager, großbusig oder eher Flachbrüstig, meine Güte.
Es geht doch garnicht darum wie Mann sein sollte, sondern was er alles sein kann und dabei immer noch Mann ist.
Keagan, ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, daß Du Dich an etwas festklammerst. Und daß Du Angst hast, dieses etwas könnte zerbrechen. Geh doch mal in Dich. Dazu solltest Du erstmal versuchen zu entspannen. Wer ein hartes Äußeres zur Schau trägt ist oft schlicht und einfach verkrampft.
Eventuell habe ich mit dieser Einschätzung auch völlig unrecht, aber:
Dieses Festklammern an etwas fest abgegrenztem und leicht verständlichem Traditionellem ist mMn kennzeichnend für den gegenwärtigen Mann. Das äußert sich unter anderem in der Mode. Und genau da kommen wir jetzt daher und wollen uns nicht an die Spielregeln halten.
Der nächste Schritt ist aber, und das ist ja auch Ziel des Forums, die Spielregeln zu lockern. Und dazu sollte man schon versuchen zu verstehen, wie es zu den Spielregeln kommt. Somit halte ich es für absolut notwendig sich über die Rolle des Mannes und die weitverbreiteten Erwartungen an ihn Gedanken zu machen.
Und die Mode ist nur eine Äußerung der inneren Einstellung. Ich will Mann sein, so wie ich selbst Männlichkeit empfinde. Leider passt dies nicht zu den Männlichkeiten, die mir in meiner Umwelt begegnen. Mit dem allerseits anerkannten Bild vom Mann kann ich mich nicht weit genug identifizieren.
Über das gesellschaftliche Geschlecht, über die Vorstellungen der Menschen, wie Mann oder Frau zu sein haben, über Ansprüche, Erwartungen und implizite Forderungen. Die haben erstmal keinen kausalen Zusammenhang zum Geschlecht sondern sind kulturell konstruiert bzw. verstärkt und jeweils einem biologischen Geschlecht attribuiert (geiles Wort! ;-)). Wir reden darüber, dass dieses gesellschaftliche Geschlecht Wandel unterliegen kann, wie Frauen im letzten halben Jahrhundert eindrucksvoll bewiesen haben -- da waren wohl nicht wenige Männer mit Sexentzug bedroht worden, wenn sich nicht was zu ihren Gunsten ändert ;-). Und wenn es sich derart wandeln kann, dann ist es nicht biologisch sondern kulturell. Wann immer ich diese Konstrukte anspreche, setze ich sie in Anführungszeichen, um sie von dem biologischen Geschlecht zu unterscheiden. Betrachte es als meine Form des Protests gegen geschlechtliche Vorurteile.
Es gibt genug Eigenschaften von Menschen die man gerne für kulturell hält, aber die doch biologisch sind. So gibt es Evolutionsbiologen, die annehmen, daß viel unserer Ethik nicht kulturell bedingt ist, sondern eine angeborene Eigenschaft, die uns in der Evolution Vorteile eingebracht hat. D.h. nicht, daß jeder einzelne von uns gleich viel davon hat, so wie wir uns auch in äußerlichen Eigenschaften stark unterscheiden.
Es mag also auch Eigenschaften im Verhalten (und auch im Kleidungsbedürfnis) geben, die mehr biologisch sind als wir momentan vermuten möchten. Aber auch hier variieren diese Eigenschaften in der Masse aller Menschen sehr stark. So einfach wie "Schwanz dran ==> Mann" ist das nicht. Selbst das stimmt nicht in allen Fällen.
Jede dieser Eigenschaften hat eine bestimmte Verteilung und meist auch einen Häufungspunkt. Problematisch wird es oft dann, wenn die Eigenschaft eines Individuums deutlich neben einem Häufungspunkt (*) liegt. Das macht einen leicht zum Außenseiter.
Und jeder von uns ist die Summe seiner Eigenschaften. Die, die nun mitten im 'grünen Bereich' liegen, werden solche Diskussionen wir wir wohl nicht führen. Die aber am Rand leben, tun gut daran ihre Position richtig beurteilen zu können und sich nicht für fehlerhaft zu halten. Und dann gibt es noch die, die sich trotz anderer innerer Werte äußerlich am 'grünen Bereich' festzuklammern versuchen, statt sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.
'Mode' in ihrer engsten Bedeutung hat sehr wohl mit der Präsentation des individuellen Geschlechts zu tun. Männer verhüllen ihren Körper heutzutage in weiten Stoffen, um Geschäftspartnern und Konkurrenten keine offene Stelle zu bieten und keinen konkreten körperlichen Eindruck zu gewähren. Es wird Verzicht geübt im Ausdruck, da Farben, Schmuck und Zierrat Hinweise auf Schwachstellen bieten (Emotionalität ist Schwäche, Eitelkeit ist Schwäche, Verspieltheit ist Schwäche). Frauen wiederum konkurrieren durch Aussehen und sexuelle Reize auf Männer: viel Haut in Form kurzer Röcke oder Hosen, kurze Ärmel wenn überhaupt, weite Ausschnitte -- das gilt als 'weiblich'. Oder hautenge Klamotten, die Körperdetails eher weniger verstecken.
Du beschreibst die Häufungspunkte, den 'grünen Bereich'. Viele von uns hier sind wohl mehr am Rande anzutreffen. Und dieser Rand ist groß; größer als der 'grüne Bereich'. Das erklärt auch, warum wir Rocker nie eine homogene Einheit bilden können. Aber dennoch haben wir ein gemeinsames Anliegen, nämlich uns mit unserem Randdasein auseinanderzusetzen. Und vor allem all den 'Normalen' klarzumachen, daß wir keine fehlerhaften Exemplare der Gattung Mensch sind.
Wie auch immer: Nicht diesen Ansprüchen zu genügen, sich der gesellschaftlichen Vorstellung vom jeweiligen Geschlecht also zu widersetzen -- das ist hier doch auch das Thema. Frauen haben keine wirklichen Sanktionen mehr zu befürchten, sie fallen halt nur nicht sonderlich auf. Da 'weibliche' Kleidung es aber an sich hat aufzufallen, fallen eben auch Männer in solchen Klamotten stärker auf.
Frauen können heute zwar problemlos Männerkleidung tragen, aber sie dürfen sich noch lange nicht wie ein Mann benehmen. Die Kleidung ist nur ein Aspekt. Es gibt aber auch viele Menschen, deren eigene Art sich zu Geben nicht im Rahmen des Normalen liegt. Und wenn sie der Normalität des andern Geschlechts näher liegt als der des eigenen, dann kommen wir in den Bereich des Cross- oder Trans-Irgendwas.
Und die Motivation zu abnormalem Verhalten dazu wird sehr oft mißverstanden. Nicht zuletzt von einem Selbst.
ciao, christian
(*) Bitte nicht mit Durchschnitt verwechseln. Auch in einem völlig gleichverteiltem Spektrum ohne Häufungspunkte gibt es einen Durchschnitt. Z.B. in einer Gruppe von 40 Menschen, der erste 1,60m groß, der zweite 1cm größer, der dritte wieder usw., gibt es keine gefühlt richtige Größe (keinen Häufungspunkt), aber trotzdem eine Durchschnittsgröße.