Hallo Michl,
ich bin mir nicht sicher, in welchen Kontext Platon sein Höhlengleichnis eingebaut hat, ob einen ontologischen oder einen epistemologischen.
Ich auch nicht, ich finde nur, dass es recht gut mein Weltbild beschreibt. Aber das macht "Die Matrix", "Welt am Draht" oder "Hinter dem Horizont" auch... Das sind wie Platos Höhlengleichnis für mich interessante Modelle, die sich im Kern gleichen und für mich letztendlich dasselbe beschreiben.
Ich verweise manchmal darauf in einem epistemologischen Rahmen, also aussagend, dass wir nicht die Dinge selbst, sondern nur Schatten ihrer selbst sehen, wobei die Schatten unsere Konstrukte sind. Ich bemühe da also eine konstruktivistische Interpretation.
Ja, das kann ich nachvollziehen. Wenn ich davon ausgehe, das unsere physische Realität unsere eigene Schöpfung ist - worauf die Quantenphysik ja recht deutlich hinweist - dann sind letztendlich wir selbst es, die die Schatten erschaffen. Und da wir das unbewußt machen, sind es für uns wie bei Plato im Prinzip Andere, die das tun.
Bevor ich da weiter drauf eingehe möchte ich dich fragen, ob und wenn ja welche ethischen Implikationen oder Konsequenzen Deine Vorstellung von der Welt als Illusion für Dich hat.
Grob zusammengefasst würde ich sagen, dass ich ein sehr großes Grundvertrauen in das Leben habe oder anders ausgedrückt: Mir fehlt weitgehend die Angst vor dem Leben und dem Tod. Falls du meinst, ob es negative Implikationen hat und ich das Leben anderer deshalb geringer schätze: Nein. Ich achte das Leben vermutlich mehr als die meisten anderen, weil ich weiß, wie wichtig die Erfahrungen hier sind, aber ich weiß auch, dass der Tod manchmal die bessere Lösung ist.
Lieber Joe,
allerdings ist Konstruktivismus kein Solipsismus der die Exsitenz einer äußeren, von uns unabhängigen Realtiät verneint. Er verneint lediglich, dass wir einen direkten Zugäng über sie hätten, unabhängig von unseren Konstrukten.
Die Frage nach der Ethik zielt darauf, dass im Hinduismus und Mahayana Menschen die Lehre von der Welt als Illusion so interpretierten, dass sie sagten, man könne einen Menschen nicht wirklich töten, sondern nur seinen Leib, der ja nur Illusion sei. Demzufolge sei Töten aus Mitgefühl sogar ein Option, dem anderen Menschen bei seiner Befreiung von der Illlusion zu helfen.
Mit dieser Intepretation wurden japanische Soldaten trainiert, ohne Gewissensbisse zu töten.
Literaturempfehlung: "Zen, Nationalismus und Krieg" von Brian Victoria.
Dass der Buddha was anderes im Sinn hatte, ist offensichtich.
Die Bhagavad Gita kann ähnlich interpretiert werden, Gandhi zum Trotz.
LG,
Michel