Und es gibt kulturelle/gesellschaftliche Geschlechts-Konstrukte. Die sind nicht für jeden plausibel, so wie nichts Kulturelles für jeden plausibel ist. Für Dich ist z.B. Monotheismus plausibel, für andere nicht. Für einige sind Genderunterscheidungen plausibel, für Dich nicht. Okay! Aber wer gibt einem Menschen das Recht, das für ihn Plausible anderen aufzudrängen. Lebe Du ohne Gender, andere leben ohne Monotheismus. So what?
Bei den kulturellen/gesellschaftlichen geschlechtskonstrukten sollte aber nicht vergessen werden, daß sie aus dem biologischen Geschlecht abgeleitet sind und nur als Folge oder Korrelation des biologischen Geschlecht funktionieren. Den Rock als weiblich zu bezeichnen, weil er fast nur von Frauen getragen wird ist nachvollziehbar. Wenn ich aber einen Rock trage werde ich nicht weiblicher, sondern die Weiblichkeit des Rock verringert sich, denn meine Geschlechtlichkeit kommt von meinem Leib, und die des Rocks ist von der des Trägers abgeleitet.
Daß Du Gender mit Religionen vergleichst, sagt einiges über Gender aus. Religionen haben etwas, was grundsätzlich nicht wissenschaftlich nachweisbar ist, und man muß sich entscheiden, ob man es glaubt oder nicht, und beide Entscheidungen sind nicht zwingend. Es gibt aber Religionen, die gesellschaftlich schwere Probleme verursachen. Bezüglich des Islams sind wir da unterschiedlicher Ansicht. Details dazu haben wir in anderen Threads genug ausgebreitet, so daß ich hoffe, daß wir sie jetzt nicht nochmals hinschreiben müssen. Es gab auch Religonen, die da eindeutiger zu bewerten sind, nämlich solche mit Menschenopfern. So schlimm ist gender natürlich nicht, aber es verursacht mir dennoch Unangenehmes, und deshalb bin ich dagegen.
Gruß,
jo
Lieber Jo,
ob man das Körperliche oder das Geistige für wichtiger und wirksamer hält, ist auch eine Frage der Einstellung und damit des Geistes. Deine Einstellung im ersten Absatz klingt sehr materialistisch, was eigentlich Deinem christlichen Glauben widerspricht.
Es geht oft um Grundeinstellungen, die einen dazu bringen, zu werten, wie wichtig einem Religion, Wissenschaft, Kunst, Natur usw. sind. Diese Grundeinstellungen sind selbst nicht wissenschaftlich, auch wenn sie das Wissenschaftliche sehr hoch bewerten sollten. Der Bewertung der Annahme von zwei biologischen Geschlechtern als maßgebend für alles und der Bewertung von mehreren sozialen Geschlechtern als maßgebend für alles liegen unterschiedliche Grundeinstellungen zugrunde, die wohl auch mit der je eigenen Selbstbefindlichkeit und Biographie zu tun haben.
Auch mit Selbstbefindlichkeit, Biographie usw. zu tun hat die Bewertung von Religionen, vor allem von der je eigenen und den je fremden.
Eine Grundeinstellung von Dir scheint mir zu sein, Deine eigene Grundbefindlichkeit und Zugehörigkeit für sehr wichtig anzusehen und lieber andere zu kritisieren als Dich selbst.
Ich versuche, auch mich, meine Person, meine Gruppe/Religion/Kultur usw. kritisch zu betrachten und andere leben zu lassen, wie sie leben wollen, solange zu diesem Leben nicht gehört, sich selbst zu verherrlichen und andere zu kritisieren.
(Wobei das natürlich jetzt auch nach Eigenlob klingt.

)
LG, Micha