Die Aufzeichnung war ziemlich spannend, auch wenn man gemerkt hat, dass man als Publikum eigentlich nur Mittel zum Zweck ist. Von der Show bekommt man jedenfalls deutlich weniger mit, als im Fernsehen. Aber wir wollten ja mal die andere Seite kennenlernen.
Ich hatte ein türkisfarbenes Polohemd an, dazu einen knielangen Stretchrock in schwarz-türkis und schwarze Leggings. Barfuß und Nagellack wie immer. Nichts davon war irgendein Problem, auch wenn mein Outfit den einen oder anderen Gast vor der Show zum Handy greifen oder tuscheln lies. Alles also ganz entspannt. Die Show wird am 12.11 gesendet, wer Lust hat, kann ja versuchen, mich zu finden. Wir saßen zum Glück nicht in der ersten Reihe, daher wird man vom meinem Rock vermutlich wenig sehen. Die Fingernägel in pinkmetallic und schwarz könnten beim Klatschen eher zu sehen sein.

Am ersten Tag fuhren wir mit der S-Bahn in die Stadt, meine Frau und ich standen. Kurz vor der Haltestelle am Hansaring stupste ein etwa 25 jähriger mit Migrationshintergrund meine Frau an und meinte "Warum macht der das?" Sie stubste dann mich an und deutet auf ihn.
"Warum ich das mache? Weil mir das gefällt."
"Kann ich echt nicht verstehen..."
Ein anderer mischt sich ein: "Was ist dein Problem, sieht doch gut aus?"
"Eh, wie kann man nur? Meine Mutter lebt seit 25 Jahren hier und wird wegen Kopftuch für kriminell gehalten"
Ich bin verwirrt. Er beklagt sich, dass seine Mutter wegen Kopftuch diskriminiert wird, macht aber genau das gleiche mit mir.
Er deutet auf meine Füße: "Ich kann das echt nicht verstehen, wieso ein Mann in fortgeschrittenem Alter..." (Oha, Junge, jetzt hast du verkackt) "...sich die Nägel lackiert. Das machen nur Frauen!"
Ich: "Ich mach das, weil mir das gefällt. Und deshalb ziehe ich auch einen Rock an lauf barfuß"
Zwischenruf von der anderen Seite: "Ja und er kann das auch, hat doch gepflegte Füße"
Die S-Bahn hält unterirdisch, er rennt raus, wie steigen auch aus. Wir gehen nach oben und stehen dort noch herum, um uns zu orientieren, als er plötzlich wieder auf uns zu kommt und meint, er wäre nur erstaunt gewesen und wollte mal nachfragen. Alles gut, kein Problem. Ich versichere ihm, dass alles OK ist und wir das verstehen können und er trollt sich.
Soviel also zu Köln, der Stadt in der alle offen sind und immer der CSD stattfindet.

Ich war schon ein wenig erstaunt, gleich mal schräg angemacht zu werden.
Das setzte sich am nächsten Morgen dann fort, als mich die Leiterin des Hotelrestaurants deutlich angepisst darauf hinwies, dass ich im Restaurant Schuhe zu tragen hätte.
"Wo steht das denn?"
"In der Hausordnung"
"Die habe ich aber nirgendwo gesehen, hätten Sie die da?"
"Äh, nein die ist irgendwo. Aber sie müssen hier Schuhe anhaben"
"Warum? Ich verspreche, ich steige nicht barfuß ins Büffet."
"Nein, wegen der Sicherheit! Hier kann überall Glas herumliegen"
Ich hole tief Luft, das ist bekanntes Terrain.

"Ich verstehe die Sorge, aber sie haben hier nur eine Verkehrssicherungspflicht und müssen sich dabei nur an den zu erwartenden Gästen orientieren. Selbst wenn ich irgendwo hineintreten würde, könnte ich sie nicht haftbar machen, weil sie mit barfüßigen Gästen nicht rechnen müssen"
"Ja, aber trotzdem. Morgen dann bitte mit Schuhen!"
"Das wird schwierig, ich habe keine Schuhe"
"

"
"Nein wirklich nicht, ich habe nie Schuhe an, daher brauche ich keine"
"OK, aber wenn mein Chef da wäre, müssten sie Schuhe anziehen"
"Und wo soll ich die hernehmen? Ich werde sicher keine Schuhe kaufen, nur um frühstücken zu können."
"Gut, aber ich musste ihnen das sagen. Jetzt habe ich es gesagt."
Sie zieht von dannen und wir frühstücken in Ruhe zu Ende.
Nächster Morgen, anderer Manager on duty - genau das gleiche Spiel.
"Sie müssen hier Schuhe anziehen, wegen der Sicherheit"
"Ja, das hat man mir gestern auch schon gesagt, aber ich habe keine Schuhe und da gestern Sonntag war, hatte ich auch keine Gelegenheit, welche zu kaufen - und würde das auch bestimmt nicht tun."
"Aber sie könnten irgendwo hineintreten..."
Ich fange wieder an, ihr das zu erklären. Sie versteht nicht und will auch gar nicht zuhören.
"Wenn mein Chef da wäre. müssten Sie Schuhe anziehen. Ich muss ihnen das sagen. Wie lange sind Sie denn noch hier"
"Wir reisen nach dem Frühstück sowieso ab."
"Gut, dann noch dieses eine Mal..."
"Sie können aber sicher sein, dass ich dieses Problem bei meiner nächsten Hotelbuchung berücksichtigen werde...."
Tja, drei Tage - dreimal diskriminiert. Köln, yeah!

So viel werde ich sonst in einem ganzen Jahr nicht angemacht.
Beim ersten Restarantbesuch begrüsste uns übrigens eine sehr nette Dame asiatischer Herkunft, die unsere Zimmernummer abhakte und uns sagte, dass sie mein Outfit ganz toll finden würde und dass mehr Leute einfach da machen sollten, was sie für richtig halten. Ich hatte da den letzten Rock an, den ich vorgestellt hatte, den schwarz-grauen asymetrischen mit dem Muster und dem Godet hinten, dazu ein blaues Shirt mit Schnürung. Es gab also auch positive Rückmeldungen.

Am Samstag waren wir im Rhein-Center shoppen. Bei Vero Moda hat meine Frau nach einer Jacke gesucht und ich bin natürlich auch mal durch die Regale gegangen und habe mit ausgesucht. Da bei Vero Moda praktisch nur Frauen zu finden sind (die Männer sind nebenan bei Jack&Jones) fiel ich natürlich heftig auf. Auch der Verkäuferin, die meine Frau beraten hat und mit der ich gleich mal ins Gespräch über Nagelacke und Haltbarkeit gekommen bin. Und natürlich über Röcke. Wobei sie das jetzt gar nicht so ungewöhnlich fand und positiv kommentierte.
Sonntag waren wir mal im Dom, da lief gerade die Messe und interessanterweise interessiert sich auch dort niemand für mein Outfit oder die fehlenden Schuhe - nicht einmal die Security, die vor der Tür stand. Die anderen Besucher schauten zwar teils ein wenig verwirrt, aber hier gab's keinerlei Reaktionen - weder negativ noch positiv.
Alles in allem war es in Köln recht abwechslungsreich und interessant. Muss ich bei Gelegenheit noch mal hinfahren. Nur eben in ein anderes Hotel.