Autor Thema: Im Rock auf der Arbeit  (Gelesen 603650 mal)

Offline MAS

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #720 am: 23.11.2023 10:08 »
Verstehe, lieber Yoshi!

Das ist wirklich schade!

Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Stellensuche und dann dortselbst viel Freude mit den Vorgesetzten, Kolleg:innen, Kindern und auch Eltern!

LG, Micha
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Yoshi

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #721 am: 23.11.2023 18:56 »
Es gibt dort Familien, bei denen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vorliegt und das Jugendamt informiert ist. Diese Familien gingen auch gegen vorherige Mitarbeiter*innen vor. Alleine in den letzten zwölf Monaten haben dort rund ein Dutzend Erzieher*innen gekündigt. Es wird prinzipiell gegen alle Männer Stimmung gemacht, weil sie als potentielle Sexualstraftäter gesehen werden. Bei mir kommt da wohl noch Queerfeindlichkeit hinzu. Gegen meine Kollegin wird aber auch gewettert, weil sie stark tätowiert ist. Man wird leider täglich angeschrien und beleidigt von Eltern. Zudem gibt es Rassismusprobleme: Osteuropäische Kinder bespucken Dunkelhäutige, weil die "eklig" sind. Diese Einrichtung hat massive Probleme und das hat überhaupt nichts mit mir als Person zu tun. Wenn ich Hosen tragen würde, würden sie nach etwas anderem bei mir suchen. Die Eltern beschimpfen sich auch gegenseitig aufs Übelste und drohen sich mit Jugendamt. Alkoholismus und häusliche Gewalt ist Alltag der Kinder. Zwischenzeitlich mussten sogar Gruppen in der Einrichtung schließen, weil kein Personal mehr da war und das steht nun wieder bevor. Es tut mir Leid für die Kinder, weil die wieder die Leidtragenden sein werden und nichts für ihre Eltern können.

Die Leitung schaut leider weg und beschimpft uns, wenn wir Probleme ansprechen. Sie meint, wir "bilden" uns das nur ein, "spinnen" uns Probleme zusammen, die nicht existieren würden und müssten uns einfach nur ein "lockeres Mindset" aneignen. Eigentlich müsste sie uns schützen, aber ist wohl selbst maßlos überfordert. Seit Jahren bekommt der Träger diese Einrichtung nicht in den Griff und es wird scharenweise gekündigt. Ich habe mir diese Einrichtung auch nicht ausgesucht, sondern wurde dorthin versetzt.

Ich werde weiterhin Röcke und Nagellack tragen und ich finde mich selbst ziemlich cool!! Hoffentlich werden die Söhne und Töchter nicht wie ihre Eltern und werden stattdessen mehr wie ich. Ich will nicht vermitteln, dass Jungs Röcke tragen sollen, sondern dass jede*r zu sich selbst steht und macht, worauf er*sie Bock hat. Deswegen bin ich heute mit dunkelblauen Glitzernagellack in die Kita gegangen und habe dieses Outfit getragen:

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Offline cephalus

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #722 am: 23.11.2023 19:29 »
Yoshi,  mit dem was Du beschreibst ist ein Wechsel die einzig sinnvolle Entscheidung.

Ich arbeite selbst bei einem Kindergartenträger, wenn auch nicht erzieherisch, bekomme aber mit was läuft.

Bei uns wurde durchaus Eltern schon der Betreuungsvertrag gekündigt, wenn sie sich gegenüber Mitarbeiter*innen nachhaltig im Ton vergriffen haben.

Es wird äußerster Wert auf ein harmonisches Arbeitsklima gelegt.
So gesehen ist wohl dein Kernproblem dein Arbeitgeber.

Offline MM

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #723 am: 23.11.2023 22:23 »
Hallo Yoshi,
es tut weh, so was zu hören.
Es ist so wichtig, dass die Kinder lernen, mit der Verschiedenartigkeit umzugehen und zu respektieren, was der andere macht. Und ich bin froh, dass das bei uns in den Kitas schon gemacht wird und die Kinder dann auch so schon in die Schule kommen.
Was man auch immer merkt: Wenn die Kinder in der Kita nicht nur Erzieherinnen (ohne „*“!) erlebt haben. Das kommt uns in der Schule dann zu Gute.
Das Problem sind halt, wie so oft, die Eltern, die den Respekt vor dem anderen Individuum nicht gelernt haben. Und das dann auch noch auf die Kinder übertragen.
Das macht so traurig. Für die Kinder. Und auch für dich.
Ich wünsche dir, dass du eine gute neue Stelle findest. Die Kitas in unserer Gegend suchen immer gute Mitarbeiter 😀 Ich hoffe, das ist bei dir genau so. Ich drück dir die Daumen!


Offline Silkman

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #724 am: 24.11.2023 00:23 »
Hallo Yoshi,

es ist schlimm genug, dass einige Eltern gegen Dich (und andere Erzieher) Stimmung machen, vor Allem wenn sich das auch auf die Kinder überträgt.

Aber wenn dann auch noch die Leitung in ein ähnliches Horn bläst, anstatt sich gegenüber den Eltern als Mauer vor Dich zu stellen, ist es Zeit zu gehen. Ja, die haben es auch nicht leicht, aber dafür sind Führungspersonen nun mal da, sie wurden nicht zu diesem Karriereschritt gezwungen.

Und es ist niemandem geholfen, wenn Du Dich von einem engagierten Erzieher der seinen Job gerne macht (davon geh ich jetzt mal aus - was ich von Dir so lese ) stück für stück in jemanden verwandelst, der morgens mit Widerwillen zur Arbeit schleicht, irgendwie die Stunden rumbringt und dann später im Burnout landet. Oder als "consultant" für irgendwas in der Wirtschaft...

Aber ich vermute mal, dass Frankfurt eine recht breite Trägerlandschaft hat - und drück Dir die Daumen, als nächstes einen Glücksgriff zu landen.

Und im Übrigen: Dein Outfit ist cool - was kann man dagegen haben??? Wenn Du jetzt mit High heels und Netzstrümpfen zur Arbeit gingest...

findet
Jürgen

Offline MAS

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« Antwort #725 am: 24.11.2023 00:55 »
Mir fehlen die Worte!  :'(

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Offline Wolkenkobold

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #726 am: 24.11.2023 08:03 »
Yoshi lass dir deren Probleme nicht aufzwingen, das bekommst du weder bezahlt noch jemals gedankt. Zieh mit einem lächeln einfach weiter.  :)
lg Martin

Offline hirti

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« Antwort #727 am: 24.11.2023 09:49 »
Ich finde das wirklich traurig.
Das negative, vor dem ich mich so lange gefürchtet habe bevor ich den Schritt im Rock in die Arbeit gewagt habe, das scheint bei dir zu passieren. Das tut mir leid.

Ich glaube aber auch dass du als guter Erzieher sicher gesucht wirst und sich für dich einen besserer Arbeitsplatz finden wird. Ich kann mir vorstellen, wenn du dich dort so vorstellst wie du bist, kriegst du vielleicht nicht die allererste Stelle, aber eine die zu dir passt und wo man dich mehr schätzt als hier.

Wieder "zurückzurudern" und dich doch auf blasse Nägel und brave Hosen zu beschränken wird dich wohl nicht glücklich machen. Wer die Freude als Mann in besonderer Bekleidung mal geschnuppert hat, wird ungern wieder darauf verzichten. Ich habe es vor Jahren probiert und es hat mich weder glücklich gemacht, noch ist es mir auf die Dauer gelungen.

ALLES GUTE! 

Offline Jean

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #728 am: 24.11.2023 17:35 »


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Das sollte so sein da versagt eindeutig der arbeitgeber.
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Offline MAS

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« Antwort #729 am: 24.11.2023 18:16 »
Mich macht es nicht nur für Yoshi traurig, sondern auch für diese Eltern und ihre Kinder selbst. Sie befinden sich gewissermaßen im Zustand von Hungergeistern oder gar Höllenwesen, wenn man die buddhistischen Wiedergeburtsebenen als Metaphern versteht. Sie verstricken sich selbst imme mehr in ihrem Gespinst und finden keine Freiheit. Das ist wirklich sehr schade!

LG, Micha
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Yoshi

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« Antwort #730 am: 24.11.2023 19:21 »
Die Kinder werden mich jedenfalls vermissen. Ich bin sehr beliebt und viele nennen mich ihren "Lieblingserzieher". Wenn ich morgens ankomme, stürmen die Kinder auf mich los, um mich zu umarmen. Die Kolleg*innen sagen, dass die Kinder einen wertvollen Erzieher verlieren werden. Ich glaube, da werden viele Kinder sehr traurig sein, aber auch viele Eltern, weil ich sehr geschätzt werde und denen auch vieles nicht passt, was die Problemfamilien machen. In den vergangenen Monaten haben auch einige Eltern ihre Kinder bei Kitas mit privatem Träger angemeldet, weil sie lieber Geld bezahlen, als weiterhin bei uns zu bleiben. Wir hatten sogar vier Familien, die diesen Stadtteil verlassen haben. Trotz Gentrifizierung ist das halt immer noch eine Art Ghetto.

Ich bin selbstbewusst und psychisch stabil, sodass mich das nicht umhauen wird, aber Silkman hat Recht, ich stehe kurz vor dem Burnout und muss die Reißleine ziehen, um mich selbst zu schützen. Zudem muss ich auch erstmal die Freude am Beruf wiederentdecken. Ich habe schon einige Einrichtungen herausgesucht, die in liberaleren Stadtteilen sind und deren Träger offen sind für Diversität. Zwar bin ich nicht queer, weil ich weder schwul noch trans bin, aber ich merke aufgrund meines Äußeren, wie queerfeindlich einige Menschen in unserer Gesellschaft noch sind. Ich will nicht wissen, wie eine Transfrau in meiner Kita behandelt werden würde, wenn bei mir schon ein Rock und Nagellack für Ressentiments ausreichen. Wir sind noch weit davon entfernt, dass LGBTQ gleichgestellt ist mit der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft. Deswegen sei hier allen Forenmitgliedern gesagt, die gerne gegen LGBTQ und Gender wettern: Wer von euch glaubt, dass ihr als heterosexuelle Männer im Rock nichts damit zu tun habt, dann irrt ihr euch gewaltig! Queere Rechte und Genderrechte sind auch unsere Rechte!

Ich mache mir auch Sorgen um einen Jungen in meiner Gruppe. Er trägt gerne Elsa-Kleid und Glitzernagellack. Seine Eltern lieben mich und er erzählt Zuhause nur von mir. Hoffentlich wird er nicht so angefeindet wie ich. Ich bin ein selbstbewusster Erwachsener und kann damit umgehen, aber er ist noch ein kleiner Junge, den das nachhaltig negativ beeinträchtigen kann. Außerdem macht mir die lesbische Familie mit ihrer Tochter Sorgen, wie sie in Zukunft behandelt werden, wenn sie von der Krabbelstube in den Kindergarten rüberwechseln.

Offline MAS

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« Antwort #731 am: 24.11.2023 20:49 »
Es sind halt schwierige Themen, diese Abweichungen von der Heteronormativität. Und dann noch das englische Wort "Gender". Wobei die englische Herkunft sicher nicht das Problem ist, aber eben die Vorstellung, dass es neben dem biologischen auch noch ein soziales oder kultuelles Geschlecht gibt, ist vielen zu kompliziert. Dabei hat ja jeder ein Gender, auch wessen Gender sich zu 100% am Sex orientiert. Aber das ist ja dann noch komplizierter. Und viele Menschen bevorzugen eben einfache Weltbilder, mit klaren Schubladen und eindeutigem Schwarz-Weiß.

Die Frage ist halt: Wer kann was für die Kinder solcher Eltern tun? Wer holt sie da raus? Sozialarbeiter:innen?

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JoHa

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« Antwort #732 am: 24.11.2023 22:30 »
Wenn Menschen mit klaren Vorurteilen und sauberen Schubladen mit der Wirklichkeit konfrontiert werden, fühlen sie sich unsicher und reagieren oft agressiv. Da gibt es nicht genug Sozialarbeiter, das zu bearbeiten, zumal genau diese oft mangels Supervision in stereotype Urteile zurückfallen.

Offline MAS

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« Antwort #733 am: 24.11.2023 22:33 »
Wenn Menschen mit klaren Vorurteilen und sauberen Schubladen mit der Wirklichkeit konfrontiert werden, fühlen sie sich unsicher und reagieren oft agressiv. Da gibt es nicht genug Sozialarbeiter, das zu bearbeiten, zumal genau diese oft mangels Supervision in stereotype Urteile zurückfallen.

Mangels Supervision? Es gibt keine Supervision für Sozialarbeiter:innen? Das ist ja strafbar - oder sollte es sein!

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JoHa

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« Antwort #734 am: 24.11.2023 22:39 »
Keine Supervision? Aber bitte! Gibt es massenhaft. Auf dem Papier. Wird nur nicht genug angefordert/angeboten. Auch hier gilt zu oft: "Ich habe es immer gerne getan und verstehe nicht, was du daran schwer findest." Solche Sentenzen töten die Bereitschaft zur Offenheit, wenn ein untätiger Supervisor daneben sitzt.


 

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