Autor Thema: Neues Jahr, neuer Versuch  (Gelesen 3030 mal)

Offline John1697

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Neues Jahr, neuer Versuch
« am: 02.05.2025 18:23 »
Nach meinem letzten Nordseeurlaub bin ich nun letztens in der Vorsaison im April wieder unterwegs gewesen, natürlich mit Röcken. Leider kam es zu einem guten und auch schlechten Erlebnisse, wobei ich seitdem her wieder etwas mehr zu kämpfen habe.

Ich hab mich dabei eher bedeckt gehalten und leider nicht oft ermutigen lassen und habe meine Sachen meistens in der Tasche gelassen.
Ich müsste also erst wieder etwas warm werden. Als ich dann in Zandvoort war habe ich mich halbwegs getraut, wenn auch nur wenige hunderte Meter vom Auto entfernt. War eigentlich Recht schlicht gekleidet, also T Shirt, dunkelblauen
wadenlangen Plisseerock und schwarze Sneaker. Außer ein / zwei Blicke konnte ich nichts nennenswertes wahrnehmen. Es war echt viel los, also viele Menschen und Touristen.
Als ich gerade auf einer Bank saß sprachen mich zwei relativ junge Frauen an (vielleicht was zwischen 25-30) und fragten ob ich ein Foto von Ihnen machen könnte. Ich war natürlich komplett überfordert, weil mir dann bewusst wurde, was ich trug 😅
Aber mein Mund war schneller und bevor ich mich versehte stimmte ich denen zu. Ich wollte eigentlich einfach nur schnell das Foto machen und dann wieder meine Ruhe. Als ich das Foto machte und das Handy zurück gab sprach die andere mich auf meinen Rock und meinte das es echt toll aussah. Sie fragten mich auch wo ich ihn den her habe was ich ihnen dann auch beantwortete. Wir kamen so ins Gespräch und die beiden wirkten wirklich super nett. Sie meinten auch dass sie es nur jedem (auch Mann) mal empfehlen kann und wems trotzdem nicht gefällt kanns ja wieder lassen.
Ich Großen und Ganzen war es echt toll, sie hatten mir noch zwei "Styling"Tipps gegen und dann gingen wir unsere Wege.

Dann gab es noch eine zweite Situation auf der Syltfähre. Ich bin über Römö zum Hafen gefahren hatte diesmal einen etwas anderen Rock an, aber relativ ähnlich. Es war etwas kälter, also zog ich eine Strumpfhose drunter an. Als ich auf der Fähre war wollte ich dann an Deck gehen und Videos machen. Zuerst traute mich nicht ging aber dann doch nach draußen. Es war zwar etwas windig draußen aber das war mir ja egal. Was aber mich dann doch etwas "verletzt" hat. Waren so Kommentare wie "Oh schau mal", "Wie sieht das den aus" und "Bei dem Wind mit dem Rock und mir wäre das viel zu kalt" ...
Ich hab mir das erst 5 Minuten angehört und mich dann entschieden ins Auto zurückzuziehen, weil mir zum einen zu viele Menschen dort waren und zum Anderen ich mich SUPER VERUNSICHERT gefühlt habe.

Das hat mir leider auch dann die restliche Zeit auf Sylt etwas versaut und ich hab komplett den Mut verloren.😔

Normalerweiße mache ich mir nichts mehr aus solchen Kommentaren, aber ich hatte meine Kopfhörer nicht dabei und konnte nicht anders als zuzuhören

Offline Skirt-Man

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #1 am: 03.05.2025 11:56 »
Lass Dich nicht verunsichern.
Es gibt immer ewig gestrige und auch ich musste mir aus dem Freundeskreis schon dumme Sprüche anhören.
Dann ist es so.
Letztens hatte mich ein Kollege angesprochen, was ich den morgen anziehe.
Meine Antwort war dann nur: "Extra für Dich, das kleine Schwarze."
Ein Bekannter meiner Freundin hatte mal gefragt, was ich den mache, wenn es kalt ist.
"Dann ziehe ich eine Strumpfhose unter." War meine Antwort und er war damit zufrieden.

Trotzdem erwische ich mich immer wieder dabei, mein Outfit zu überdenken.
Im nachhinein passiert nix. Außer Dumme Blicke über die ich lache.

Also ist die größte Hürde der innere Schweinehund.

Offline MAS

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #2 am: 03.05.2025 13:01 »
Hallo John,

da würde ich mich aber auch nicht von verunsichern machen. Wenn es jemand anderem zu kalt wäre, dann ist dass ja dessen Gefühl. Umgekehrt sage ich auch mal im Sommer über jemdanden im Anzug: "Das wäre mir jetzt aber viel zu warm!"

Denke lieber an die beiden Damen, mit denen Du Dich so nett unterhalten hast.

Anders gesagt: Achte lieber auf die Rosen als auf die Dornen.

Und je öfter Du Röcke trägst, desto normaler wird es für Dich, desto selbstsicherer wirst Du und desto weniger machen Dir dumme Sprüche oder ablehnende Kritik etwas aus.

LG, Micha
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Offline Timper

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #3 am: 03.05.2025 18:02 »
Ich kann MAS nur zustimmen. Ignorieren. Mir wurde am Wochenende in einem Club gesagt, das mein Outfit auffällig bzw herausragend aus der Menge wäre. Es war mit Sicherheit nett gemeint, denn das Mädel war aus der Szene mehr oder weniger.  Es war ein Club ohne Dresscode wo aber ua auch Besucher aus der Gothic Szene auftauchen, der Musik wegen. Also auffällig ist man eigentlich immer. Auch da wo man meint das es nicht so wäre und auch an Tagen wo man denkt Tag , Thema, Besucher alles passt. Nö. Irgendwie ist man mit einem Rock immer auffällig.   
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Offline xtramper:in

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #4 am: 03.05.2025 20:54 »
Moin,

sei ruhig verunsichert,
Verunsicherung hilft dabei sich Selbst, die Motivation und das eigene Outfit zu prüfen.
Die Frage was wird getragen wenn es kalt ist, halte ich für durchaus legitim........
Manche Kommentare könnten auch versteckte Neugierde beinhalten...... Wie wäre es denn wenn ich.......

Und wie MAS schon geschrieben hat und ich es auch gemacht habe:
"Je öfter Rock getragen wird, desto eher ist es selbstverständlich und umso selbstsicherer wird man(n)"

Also: Rock an, Kopf hoch und den Blick frei gerade aus

LG aus dem Norden der Republik
Ich bin jetzt in dem Alter, in dem das Ende der Wehrpflicht für Männer im Spannungs- und Verteidigungsfall eintritt.
Hurra Hurra Hurra

Offline cephalus

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #5 am: 04.05.2025 11:48 »
Hallo John,
beim ersten schnellen Lesen habe ich mir gedacht:
"warum erlebe ich ganz andere Reaktionen, als John"

Bei mir sind irgendwelche Reaktionen extrem selten.

Jetzt habe ich nochmal gelesen. Eigentlich waren es keine an Dich gerichteten Kommentare, sondern man hat sich z.B. aufgrund der Witterung in einer Situation der Langeweile über die Besonderheiten im Umfeld unterhalten. Das hätte Dir mit einem auffälligen Shirt auch passieren können.
Vermutlich hat jeder von uns schon mal seine Gedanken über andere geäussert, gerade wenn man wie auf einer Fähre nichts Besseres zu tun hat.

Du kannst stolz auf das sein, was Du trägst, es ist dein Stil, und er muss nur dir gefallen. Du kannst ihn mit Überzeugung tragen.
Ja, ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, in denen ich mich nicht aus dem Auto getraut habe, oder mich möglichst "unsichtbar" bewegt habe - vermutlich habe ich dabei mehr (kritische) Blicke angezogen als jetzt.

Vor ein paar Tagen war ich, mit einem doch etwas extravagantem Kleid im Biergarten und sehr präsent zu sehen.
 Vermutlich musst Du noch einen Beitrag schreiben, bevor du auf Bilder und den Mitgliederbereich zugreifen kannst.

Ausser ähnlichen Blicken, mit denen auch Frauen ihre dort reichlich getragenen Kleider gegenseitig gemustert haben, habe ich nichts mitbekommen.

Zuhause erzählte mir meine Frau, die abseits in einer anderen Schlange wartete, dass sich zwei Frauen, neben ihr, über mein Kleid unterhalten hätten, und es schön fanden. Interessant war nur das Kleid, nicht dass es ein Mann trug.

Offline MAS

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #6 am: 04.05.2025 22:28 »
oder mich möglichst "unsichtbar" bewegt habe - vermutlich habe ich dabei mehr (kritische) Blicke angezogen als jetzt.

Das ist es m.E. tatsächlich: Wer sich quasi unsichtbar machen will, zieht mehr kritische Blicke auf sich, als wer wie selbstverständlich seinem Rock trägt und sich darin ganz normal bewegt. Und natürlich zieht man Blicke auf sich, wenn man wie Lars ganz extravagante Röcke trägt. Aber dann will man das ja auch.

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Online Skirtedman

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #7 am: 05.05.2025 14:49 »
Hallo John1697,

Danke für Deinen ehrlichen Bericht.

Ich kann mich auch noch sehr gut erinnern, wie ich anfangs oft die Autotür nicht aufbekam, um im Rock unter die Augen wildfremder Menschen zu treten. Und ich finde es genaugenommen echt heftig, wie sehr uns da das Muffensausen über all unsere Lebensjahre hinweg eingetrichtert wurde.

Aus heutiger Sicht habe ich sowas von irgendwie gar keine Scheu mehr. Aber das musste ich mir ja auch über viele Jahrzehnte erst antrainieren. Damals gab es noch sehr viel mehr Kommentare und Reaktionen, darunter auch durchaus bös gemeinte Kommentare oder Blicke. Im Vergleich zu heute ist das aber gar nicht mehr vorstellbar, so heftige und geballte Reaktionen zu bekommen. Es sind und bleiben aber noch immer einzelne, die auch heute noch sich berechtigt fühlen, zu tuscheln oder einen blöden Spruch zu machen. Zum Glück aber sind das Einzelne. Und, Hand auf´s Herz, wollen wir uns anziehen für "Einzelne"? Sollen die über unser Tun bestimmen? Es wird immer einzelne Menschen geben, denen nicht gefällt, was Dir gefällt.

Und so ein bisschen sind Frauen noch immer irgendwie ein Vorbild für mich. Sie trauen sich, Sachen zu machen und Dinge anzuziehen und fragen selten jeden um seine Erlaubnis. Ganz besonders muss ich jene Frauen als Vorbild nehmen, an die sich die meisten Frauen - auch gerade diejenigen Frauen, die uns Männern die Röcke nicht gönnen wollen - gar nicht mehr erinnern: nämlich jene Frauen, die trotz Widerstand und Nichtgefallen ihrer Mitmenschen anfingen, Hosen zu tragen: sie haben es einfach gemacht! Erst langsam, jetzt kräht kein Hahn mehr danach.

Lass Dich nicht verunsichern, John!
Und behalte immer im Hinterkopf:
Wir Männer wurden zum Hosentragen geboren, genau wie Frauen geboren wurden, um Küche und Klo zu putzen.

Offline Timper

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #8 am: 05.05.2025 18:48 »
Dem kann man nur zustimmen. Machen und daran denken die Frauen sich auch ihre Rechte genommen haben.
Zu empfehlen ist ein Vorgehen in kleinen Schritten. Am besten zu bestimmten Ereignissen. Anfangs war mir der ÖPNV nicht angenehm, da es aber ggf doch nötig ist, weil es am Ziel keine Parkplätze gibt, ist man dann dazu gezwungen und gewöhnt sich daran. So war es letztens bei dem Besuch eines kleinen Festivals. Blöd war lediglich die überfüllte U Bahn bzw Zugausfall und 20 min in der Nacht auf den Zug warten. Normalerweise nehme ich eher das Auto.
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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #9 am: 06.05.2025 11:18 »
Hallo John,

ich muss noch mal an meinen Beitrag von eben anknüpfen, weil der gestern noch ganz frisch geschrieben war und ich nur kurze Zeit später wieder an meine Worte sehr stark erinnert wurde.

Besonders bezogen auf jene zwei, drei Kernsätze:
Aber das {die Scheu mir nehmen} musste ich mir ja auch über viele Jahrzehnte erst antrainieren. Damals gab es noch sehr viel mehr Kommentare und Reaktionen, darunter auch durchaus bös gemeinte Kommentare oder Blicke. Im Vergleich zu heute ist das aber gar nicht mehr vorstellbar, so heftige und geballte Reaktionen zu bekommen.

Ich bin nämlich kurz nach diesem Beitrag gestern an einer Bushaltestelle vorbeigekommen mit einer Menschentraube von Schülern, die gerade den Heimweg nach Schulende antraten, die mir weitestgehend im Weg standen und wir weitestgehend uns arrangieren mussten, damit ich da durch kam.

Zudem war nach dieser Haltestelle einen kurzen Abschnitt weiter eine andere Haltestelle mein Ziel, an der eine noch größere Menschentraube von Schülern gestanden hat, alle so geschätzt etwa 7. oder 8. Klasse plusminus.

Im obigen Beitrag sprach ich von Reaktionen von heute im Vergleich zu früher.

'Früher' - ich habe es noch sehr präsent im Kopf - habe ich anfangs jede Gruppierung von zwei, drei Jugendlichen oder mehr gemieden. Ich wechselte oft die Seite des Platzes oder die Straßenseite, nur um eine direkte Begegnung zu vermeiden. Was nicht selten nicht sehr viel half, weil die Gruppe Jugendlicher sich trotzdem amüsierte und eventuell lautstark quer über den Platz/die Straße Kommentare abgab.

Ich merkte zwar im Laufe der Zeit, dass es deutlich glimpflicher ablief, wenn ich der direkten Konfrontation nicht aus dem Weg ging. Aber dennoch war eine Schülergruppe an einer Bushaltestelle ein regelmässiger Garant dafür, dass ein Raunen durch die Gruppe ging und wenigstens leichtes Gelächter und zwei, drei mindestens kurze Muckser aus der Menge kamen, die an mich eher diskreditierend gerichtet waren - früher.

Heute - genauer gesagt gestern bei der erwähnten Situation - war das vollkommen anders. Ich beobachte dies zwar schon seit längerem, aber weil gestern "die Tinte meines Beitrags" noch nicht trocken war, ist es mir wert, dies hier explizit zu erwähnen:

Die erste Schülergruppe (ca. 30), bei denen ich recht beengt vorbeilief, reagierte gar nicht. Nein, das ist nicht korrekt, wer mich kommen sah, versuchte mir Platz zu machen. Aber es gab keinerlei Raunen durch die Menge und keine drei, fünf oder gar 30 Schüler drehten sich zu mir um, um mich zu bestaunen oder zu belachen. Sicherlich gab es einige, die in ihr Smartphone vertieft waren, aber die Mehrzahl unterhielt sich miteinander, tollte miteinander altersgemäß rum oder machten sowieso Scherze untereinander, die aber mit mir nichts zu tun hatten, was man in diesem Alter halt so beim Warten auf den Bus unter Menschen macht, die eine teils vertraute Zwangsgemeinschaft bilden. Sie hätten meine Erscheinung im wehenden Faltenrock in ihre Scherze oder gesteigerte Aufmerksamkeit einbinden können - aber nichts dergleichen geschah.

Die zweite Schülertraube an der zweiten Haltestelle ähnliche Situation. Es waren ca. 40 oder 50, ähnliche Altersmischung. Aufgrund des weitläufigeren Geländes etwas lockerer verteilt. Die konnten mich schon etwa eine Minute ankommen sehen mit meinem wehenden Faltenrock. Reaktion: ebenso keine. Dann stand ich am Rand der Traube und wartete noch, bis der Bus vorfuhr:

Wir quetschten uns alle gemeinsam noch in den anschließend übervollen Bus, um etliche Minuten gemeinsam zu fahren, dicht gedrängt. Bei den nächsten Stationen musste ich aussteigen, um einige Schüler (und Schülerinnen, sorry, dass ich die Mischung der Einfachheit halber erst jetzt erwähne) rauszulassen, um dann mit anderen, die auch Platz gemacht hatten, wieder erneut in den Bus einzusteigen (und weiterhin teils mühsam zu stehen).

Spürbare Reaktion auf meine Erscheinung: Keine!

Früher wäre das anders gewesen. Da ich vorne in Fahrernähe stand, hätte die Info, dass da ein Mann mit Rock (oder was auch immer daraus für eine Info gemacht worden wäre) steht, spätestens nach 20 Sekunden die letzte Bank im langen übervollen Bus erreicht. Ein Raunen, Lachen und blöde Laute, verletzende Kommentare wären ständig aus der Menge gekommen. Nichts dergleichen geschieht heutzutage, nichts dergleichen geschah gestern.

Ich hätte mich extrem unwohl fühlen können, zumal ich weiss, wie schlimm wir damals in diesem Alter drauf waren. Nichts, aber auch gar nichts geschah, um sich unwohl zu fühlen (ausser die Enge, wo Zwangskuscheln mit dem einen oder der anderen Schüler/in nicht ausbleiben konnte, zumal der Fahrer einen sehr eckigen Fahrstil aufwies).

Eigentlich wollte ich die Busfahrt mit Dauer von etlichen Minuten nutzen, um was am Handy zu erledigen; war natürlich nicht denkbar, Drum musste ich die ganze Zeit an meinen frischen Beitrag hier im Thread denken und an die Tatsache, wie liberal und wie wenig unter gesellschaftlichem Druck wir doch heute leben. Das wäre vor 20 Jahren so noch längst nicht der Fall gewesen.




Mehr noch: Durch die Fußgängerzone musste ich einen längeren Streckenabschnitt im Bereich von vier männlichen Jugendlichen laufen, die sportlich gekleidet waren und recht lautstark miteinander alberten - über dies und jenes. Viererkette. Sie liefen ähnlich schnell wie ich, aber doch etwas langsam. Sie nervten mich, weil im Gegenverkehr der Passanten es etwas schwer war, sie zu überholen, was mir dann gelang. Gut 150 Meter liefen die dann hinter mir her - sie wählten auch immer jenen "Korridor", den ich durch die bewegten Passanten wählte. Eigentlich sass mir die ganze Zeit das potentielle Unbehagen im Nacken, dass ich Ziel ihrer Albereien sein könnte.

Insofern war ich froh, als ich kurz etwas auf der Seite erledigen musste. Nach diesem sehr kurzen Zwischenstopp setzte ich meinen Weg draussen durch die Menge fort.

HInter der nächsten Ecke lief die albernde Viererkette halbstarker Jugendlicher wieder vor mir her - wieder die selbe Situation: Ich wollte ein paar Zentimeter pro Sekunde schneller gehen und angestrengt sie überholen. Wie der Zufall so wollte, gabelte sich unser Weg erneut eins, zwei Minuten nicht - ich hatte sie wieder im Nacken...

Und was soll ich sagen: Nichts ist passiert! Keiner hat auch nur im Ansatz auf mich Bezug genommen. Einer machte mir sogar ein wenig Platz bei meinem zweiten Überholvorgang. Und die letzten 100, 200 Meter waren sehr viel übersichtlicher als zuvor - also musste ich ihnen umso mehr ins Auge fallen.

Und auch hier - mit der halbstarken Viererkette - wieder der Beweis: Du erlebst nichts, was Dich abhalten müsste, Rock zu tragen. Es kommt Dir vor, als sei Rocktragen normal. Und wenn so damit umgegangen wird, als sei es das normalste der Welt, dann braucht man sich auch nicht verunsichern lassen, dass man etwas unnormales machen würde. Ja - es ist vielleicht nicht üblich, als Mann Rock zu tragen, aber es ist nichts, was die Mehrzahl der Leute nicht ertragen könnte. Nichts, wovon die Leute Dich abhalten wollen.

Lass auch Du Dich nicht davon abhalten, John! Oder Du oder Du, die Ihr hier alle mitlest!

Offline Ludwig Wilhem

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« Antwort #10 am: 06.05.2025 12:16 »
Moin, ich kann Wolfgang voll zustimmen, es gibt fast keine Reaktionen auf mein Rock/Kleider tragen, vielleicht Blicke, die ich aber nicht registriere. Das Forum hat mir geholfen, Selbstsicherheit beim Tragen von Röcken/Kleidern in der Öffentlichkeit zu bekommen und seit mehreren Jahren trage ich nur noch Röcke/Kleider. Also einfach den eigenen inneren Schweinhund überwinden.
LG Ludwig
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Offline Peter58Muc

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« Antwort #11 am: 06.05.2025 14:02 »
Hallo John,

ich muss noch mal an meinen Beitrag von eben anknüpfen, weil der gestern noch ganz frisch geschrieben war und ich nur kurze Zeit später wieder an meine Worte sehr stark erinnert wurde.

Besonders bezogen auf jene zwei, drei Kernsätze:
Aber das {die Scheu mir nehmen} musste ich mir ja auch über viele Jahrzehnte erst antrainieren. Damals gab es noch sehr viel mehr Kommentare und Reaktionen, darunter auch durchaus bös gemeinte Kommentare oder Blicke. Im Vergleich zu heute ist das aber gar nicht mehr vorstellbar, so heftige und geballte Reaktionen zu bekommen.

Ich bin nämlich kurz nach diesem Beitrag gestern an einer Bushaltestelle vorbeigekommen mit einer Menschentraube von Schülern, die gerade den Heimweg nach Schulende antraten, die mir weitestgehend im Weg standen und wir weitestgehend uns arrangieren mussten, damit ich da durch kam.

Zudem war nach dieser Haltestelle einen kurzen Abschnitt weiter eine andere Haltestelle mein Ziel, an der eine noch größere Menschentraube von Schülern gestanden hat, alle so geschätzt etwa 7. oder 8. Klasse plusminus.

Im obigen Beitrag sprach ich von Reaktionen von heute im Vergleich zu früher.

'Früher' - ich habe es noch sehr präsent im Kopf - habe ich anfangs jede Gruppierung von zwei, drei Jugendlichen oder mehr gemieden. Ich wechselte oft die Seite des Platzes oder die Straßenseite, nur um eine direkte Begegnung zu vermeiden. Was nicht selten nicht sehr viel half, weil die Gruppe Jugendlicher sich trotzdem amüsierte und eventuell lautstark quer über den Platz/die Straße Kommentare abgab.

Ich merkte zwar im Laufe der Zeit, dass es deutlich glimpflicher ablief, wenn ich der direkten Konfrontation nicht aus dem Weg ging. Aber dennoch war eine Schülergruppe an einer Bushaltestelle ein regelmässiger Garant dafür, dass ein Raunen durch die Gruppe ging und wenigstens leichtes Gelächter und zwei, drei mindestens kurze Muckser aus der Menge kamen, die an mich eher diskreditierend gerichtet waren - früher.

Heute - genauer gesagt gestern bei der erwähnten Situation - war das vollkommen anders. Ich beobachte dies zwar schon seit längerem, aber weil gestern "die Tinte meines Beitrags" noch nicht trocken war, ist es mir wert, dies hier explizit zu erwähnen:

Die erste Schülergruppe (ca. 30), bei denen ich recht beengt vorbeilief, reagierte gar nicht. Nein, das ist nicht korrekt, wer mich kommen sah, versuchte mir Platz zu machen. Aber es gab keinerlei Raunen durch die Menge und keine drei, fünf oder gar 30 Schüler drehten sich zu mir um, um mich zu bestaunen oder zu belachen. Sicherlich gab es einige, die in ihr Smartphone vertieft waren, aber die Mehrzahl unterhielt sich miteinander, tollte miteinander altersgemäß rum oder machten sowieso Scherze untereinander, die aber mit mir nichts zu tun hatten, was man in diesem Alter halt so beim Warten auf den Bus unter Menschen macht, die eine teils vertraute Zwangsgemeinschaft bilden. Sie hätten meine Erscheinung im wehenden Faltenrock in ihre Scherze oder gesteigerte Aufmerksamkeit einbinden können - aber nichts dergleichen geschah.

Die zweite Schülertraube an der zweiten Haltestelle ähnliche Situation. Es waren ca. 40 oder 50, ähnliche Altersmischung. Aufgrund des weitläufigeren Geländes etwas lockerer verteilt. Die konnten mich schon etwa eine Minute ankommen sehen mit meinem wehenden Faltenrock. Reaktion: ebenso keine. Dann stand ich am Rand der Traube und wartete noch, bis der Bus vorfuhr:

Wir quetschten uns alle gemeinsam noch in den anschließend übervollen Bus, um etliche Minuten gemeinsam zu fahren, dicht gedrängt. Bei den nächsten Stationen musste ich aussteigen, um einige Schüler (und Schülerinnen, sorry, dass ich die Mischung der Einfachheit halber erst jetzt erwähne) rauszulassen, um dann mit anderen, die auch Platz gemacht hatten, wieder erneut in den Bus einzusteigen (und weiterhin teils mühsam zu stehen).

Spürbare Reaktion auf meine Erscheinung: Keine!

Früher wäre das anders gewesen. Da ich vorne in Fahrernähe stand, hätte die Info, dass da ein Mann mit Rock (oder was auch immer daraus für eine Info gemacht worden wäre) steht, spätestens nach 20 Sekunden die letzte Bank im langen übervollen Bus erreicht. Ein Raunen, Lachen und blöde Laute, verletzende Kommentare wären ständig aus der Menge gekommen. Nichts dergleichen geschieht heutzutage, nichts dergleichen geschah gestern.

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Eigentlich wollte ich die Busfahrt mit Dauer von etlichen Minuten nutzen, um was am Handy zu erledigen; war natürlich nicht denkbar, Drum musste ich die ganze Zeit an meinen frischen Beitrag hier im Thread denken und an die Tatsache, wie liberal und wie wenig unter gesellschaftlichem Druck wir doch heute leben. Das wäre vor 20 Jahren so noch längst nicht der Fall gewesen.




Mehr noch: Durch die Fußgängerzone musste ich einen längeren Streckenabschnitt im Bereich von vier männlichen Jugendlichen laufen, die sportlich gekleidet waren und recht lautstark miteinander alberten - über dies und jenes. Viererkette. Sie liefen ähnlich schnell wie ich, aber doch etwas langsam. Sie nervten mich, weil im Gegenverkehr der Passanten es etwas schwer war, sie zu überholen, was mir dann gelang. Gut 150 Meter liefen die dann hinter mir her - sie wählten auch immer jenen "Korridor", den ich durch die bewegten Passanten wählte. Eigentlich sass mir die ganze Zeit das potentielle Unbehagen im Nacken, dass ich Ziel ihrer Albereien sein könnte.

Insofern war ich froh, als ich kurz etwas auf der Seite erledigen musste. Nach diesem sehr kurzen Zwischenstopp setzte ich meinen Weg draussen durch die Menge fort.

HInter der nächsten Ecke lief die albernde Viererkette halbstarker Jugendlicher wieder vor mir her - wieder die selbe Situation: Ich wollte ein paar Zentimeter pro Sekunde schneller gehen und angestrengt sie überholen. Wie der Zufall so wollte, gabelte sich unser Weg erneut eins, zwei Minuten nicht - ich hatte sie wieder im Nacken...

Und was soll ich sagen: Nichts ist passiert! Keiner hat auch nur im Ansatz auf mich Bezug genommen. Einer machte mir sogar ein wenig Platz bei meinem zweiten Überholvorgang. Und die letzten 100, 200 Meter waren sehr viel übersichtlicher als zuvor - also musste ich ihnen umso mehr ins Auge fallen.

Und auch hier - mit der halbstarken Viererkette - wieder der Beweis: Du erlebst nichts, was Dich abhalten müsste, Rock zu tragen. Es kommt Dir vor, als sei Rocktragen normal. Und wenn so damit umgegangen wird, als sei es das normalste der Welt, dann braucht man sich auch nicht verunsichern lassen, dass man etwas unnormales machen würde. Ja - es ist vielleicht nicht üblich, als Mann Rock zu tragen, aber es ist nichts, was die Mehrzahl der Leute nicht ertragen könnte. Nichts, wovon die Leute Dich abhalten wollen.

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Hallo Wolfgang,
deine Erlebnisse kann ich voll und ganz Bestätigen.
Ich bin jetzt schon öfter mit Jeansrock und schwarzer Transparenter Strumpfhose mit der Straßenbahn gefahren und es gab keinerlei Reaktionen, auch nicht mit mehreren Menschen, beim warten auf die Straßenbahn.

LG Peter

Offline cephalus

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Antw:Neues Jahr, neuer Versuch
« Antwort #12 am: 06.05.2025 14:10 »
Tja einfach das täglich Brot des Rock- oder Kleidträgers.

Online Skirtedman

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« Antwort #13 am: 07.05.2025 13:46 »
Vielleicht interessiert es ja wen,
denn es gibt ja auch noch ein Bild von meinem Outfit, das ich zum Geschehen meiner Schilderung von oben, Antwort #9, getragen habe:
(ich erwähnte ja, mein Faltenrock flatterte die ganze Zeit beträchtlich im Wind - draussen, im Bus natürlich nicht)

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https://up.picr.de/49576624pr.jpg
(Mehr davon gibt's zu sehen bei "Was habt Ihr gestern getragen?".)
 

Offline GregorM

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« Antwort #14 am: 10.05.2025 16:22 »

Die erste Schülergruppe (ca. 30), bei denen ich recht beengt vorbeilief, reagierte gar nicht. Nein, das ist nicht korrekt, wer mich kommen sah, versuchte mir Platz zu machen. Aber es gab keinerlei Raunen durch die Menge und keine drei, fünf oder gar 30 Schüler drehten sich zu mir um, um mich zu bestaunen oder zu belachen. Sicherlich gab es einige, die in ihr Smartphone vertieft waren, aber die Mehrzahl unterhielt sich miteinander, tollte miteinander altersgemäß rum oder machten sowieso Scherze untereinander, die aber mit mir nichts zu tun hatten, was man in diesem Alter halt so beim Warten auf den Bus unter Menschen macht, die eine teils vertraute Zwangsgemeinschaft bilden. Sie hätten meine Erscheinung im wehenden Faltenrock in ihre Scherze oder gesteigerte Aufmerksamkeit einbinden können - aber nichts dergleichen geschah.

Die zweite Schülertraube an der zweiten Haltestelle ähnliche Situation. Es waren ca. 40 oder 50, ähnliche Altersmischung. Aufgrund des weitläufigeren Geländes etwas lockerer verteilt. Die konnten mich schon etwa eine Minute ankommen sehen mit meinem wehenden Faltenrock. Reaktion: ebenso keine. Dann stand ich am Rand der Traube und wartete noch, bis der Bus vorfuhr:

Wir quetschten uns alle gemeinsam noch in den anschließend übervollen Bus, um etliche Minuten gemeinsam zu fahren, dicht gedrängt. Bei den nächsten Stationen musste ich aussteigen, um einige Schüler (und Schülerinnen, sorry, dass ich die Mischung der Einfachheit halber erst jetzt erwähne) rauszulassen, um dann mit anderen, die auch Platz gemacht hatten, wieder erneut in den Bus einzusteigen (und weiterhin teils mühsam zu stehen).

Spürbare Reaktion auf meine Erscheinung: Keine!

Früher wäre das anders gewesen.

Dass Kinder und Jugendliche nicht auf Mann im Rock reagieren,  ist auch meine Erfahrung. Wie ich schon vor ein paar Jahren geschrieben habe, scheint es mir, als wissen die jüngsten Generationen nicht, dass Röcke eigentlich nur "von Frauen zu tragen" sind. Viele haben nie ihre Mutter im Rock gesehen, und dass ihr Vater und andere Männer keinen tragen, könnte ja Zufall sein. Röcke sind in ihren Augen einfach etwas, das nur sehr selten getragen wird, von wem oder wer auch.
Das ist natürlich auf die Spitze gestellt, aber es ist zu glauben, denke ich, dass ihnen scharfe Grenzen zwischen männlich und weiblich weniger relevant sind als bei älteren Leuten.

 
Gruß
Gregor


 

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