Das ist ganz gut geschrieben, Jule. Bis Ende des 18. Jh. waren in Europa lange Haare bei Männern eine Vorrecht des Adels, zuletzt in Form von Perücken. Dan änderte sich das in Folge der Franz. Revolution. Ab da wurden sie zum Vorrecht und auch zur Pflicht der Frauen, die das schmückende Beiwerk erfolgreicher Männer wurden.
In den 1960ern waren die Menschen daran gewöhnt, dass ein ordentlicher Mann kurze Haare zu tragen hatte. Das war auch zum Teil des männlichen Sexappeals geworden. Die Hippies opponierten dagegen wie überhaupt gegen das Establishment. Konservative nahmen das als ungepflegt, verlottern, gammlig wahr und deren Träger überhaupt als unordentliche Leute, also nicht nur ästhetisch, sondern auch moralisch.
Das hat sich allerdings weithin auch geändert. Viele Männer tragen ihr Haar inzwischen, lang, aber oft auch so, dass es von vorne wie kurz und zurückgekämmt aussieht. Erst von der Seite sieht man dann den Pferdeschwanz. So trage ich es auch. Trüge ich sie offen, würden sie mir ins Gesicht hängen, es sei denn, ich verwendete Haarspray oder Gel, was ich nicht will.
Die Zeiten, in denen ein junger Mann mit langen Haaren als "junges Fräulein" angsprochen wurde, sind wohl vorbei, aber einem Mann im Rock oder Kleid kann das immer noch so passieren. Und wenn dann einer sieht, dass das ein Mann drin steckt, kann sich tatsächlich ein Widerwillen entwickeln. Der hängt vielleicht auch damit zusammen, dass der Mann, der das vermeintliche Fräulein für sexy hielt und dann den Kerl im Kleid entdeckte, Angst hat, homosexduell zu sein, wenn er sich beim Anblick des Typs im Kleid erotisch angesprochen fühlt. Und so schließt sich der Kreis dieses Threads.
LG, Micha