Und dann kommt bezüglich des Kleidungsausdrucks dazu, das das eine für Männer ungewohnte Ausdrucksform ist.
Männer haben keine Zeit, sich mit so nebensächlichen Dingen wie Kleidung zu beschäftigen. Oder gar Schmuck oder verheissungsvoller Körperpflege.
Männer bekommen vorgegeben, in was sie sich verpacken. Erst von Mama, dann von ihrer Frau. Und beide wollen nicht, dass ihr Sohn / Mann herumläuft wie ein Gockel. Denn das schönere Geschlecht bei den Menschen soll das weibliche Geschlecht bleiben.
Männer sollen funktionieren. Und deren Kleidung soll dazu geeignet sein, jederzeit auf eine Leiter steigen zu können, die Getränkekästen tragen zu können, Zementsäcke zu bewegen und jederzeit den Ölfleck unterm Auto inspizieren zu können und den Ohrring unterm Schrank herausfischen zu können. So funktional, wie Männer ein sollen, so funktional soll auc die Kleidung sein.
Und Frauen werden einen Teufel tun, ihren Sohn / Mann mit geschmacklosen Farb- und Musterkombinationen herumlaufen zu lassen, sondern Stil soll seine Kleidung ausdrücken, den Stil seiner Mutter bzw. Frau. Wenn nicht, dann fällt das nämlich alles auf die Frau zurück, glauben sie.
Und natürlich greifen Frauen bei der Kleidungsauswahl und -kombination für ihre Söhne / Männer nicht auf kreative Ideen zurück, sondern beziehen ihren Anspruch an Stil aus dem Pool des bisher Gewesenen. Denn der Mann soll ja nicht aus dem Rahmen der "Normalität" fallen.
Männer machen immer das, was ihnen vorgegeben wird. Machen sie es nicht, dann sind es "schwere Jungs" und kommen hinter Gittern. Die meisten aber verhalten sich anständig und ordnen sich unter.
Das war schon vor den Weltkriegen so und führte dann genau auch zu diesen.
Danach hat man die militärische Uniform als das schickeste, was neben seiner Frau den Mann am Leibe schmücken konnte abgeschworen. Die zivile Uniform war der Anzug. Der Anzug ist das erstrebenswerteste Kleidungsstück, das einen Mann bekleiden soll, als Ausdruck gesellschaftlich hochgeachteter Anständigkeit,
Bis in die 60er Jahre trug man ihn zur Arbeit (sofern man sich dabei die Hände nicht schmutzig machen musste), sonntags und abends zum Ausgang. Demgegenüber stand noch die sportliche Bekleidung als Ausdruck, dass er im Sport seine Aggressionen abbaut bzw. durch sportliche Betätigung seiner körperlichen Muskelaustattung nachhilft, damit er zuhause nicht nur brav auf die Leiter steigen kann, sondern auch diese noch an jede Stelle tragen kann, wo sie gebraucht wird.
Da in den 70er Jahren immer mehr Frauen auch arbeiten gingen, so meine These, sparten sie vermehrt die Zeit ihrer unverminderten häuslichen Pflichten dort ein, wo es un die Ausstattung der Söhne und Männer ging: das lästige Hemdenbügeln. Zumindest mag das mit dazu beigetragen haben, dass die ehemals sportliche Bekleidung beim Mann allgemein gesellschaftsfähig wurde: T-Shirt und Pullover. In den 80ern und 90ern trat dann das Sweatshirt seinen Siegeszug an und der Anzug ist aus dem privaten Alltagsleben der Männer nahezu ausgestorben.
Auch in die Büros zog der neue Männer-Schick ein. Dennoch gilt im Arbeitsleben für einen Mann, der eine Position bekleiden, will der Anzug noch immer als das Maß aller Dinge. Der Anzug als zivile Uniform, als Symbol, sich mit seinen Aufgaben zu beschäftigen, sich unterordnen zu können, zu funktionieren und nicht durch gockelartige Dekoration aufzufallen und nicht dadurch seine Persönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Frauen wird dies zugestanden, weil sie ja mindestens ebenso wie für ihre Fähigkeiten auch für die Gabe, das Büro zu schmücken und das Betriebsklima anzuheben, eingestellt werden.
In höheren Positionen changiert dann der Anzug als Symbol des zivilen Gehorsams mit der Bedeutung als ziviler Rüstung.
In Deutschland bezieht man sich gerne noch auf das alte Preußentum bzw. Kaiserreich, in der sich das Unterordnen als oberste Mannestugend nach klardefinierter Hackordnung perfektionierte. Auch in heutigen Amtsstuben funktioniert dies noch immer nach dem alten Muster, was die Arbeitsabläufe betrifft (sollte jedenfalls, da der Amtsapparat aber viel zu aufgebläht ist oder zumindest war, ist auch dort ziviler Ungehorsam verbreitet, bzw. Nichtstun).
Auch wenn andernorts in der in Selbstreflexion als zivilisiert angesehenen "westlichen" Welt das Preußentum nicht herhalten kann, so wird dort das Prinzip des männlichen Funktionierens und Unterordnens genauso bestanden haben und lebt weiterhin fort.
Frauen hingegen, und seien sie noch so emanzipiert, heftet noch immer der Erwartungsdruck an, durch solchen unproduktiven Dinge, wie Nägelfeilen, Haare aufhübschen, Makeup, Flatterklamotten mit verspielten Volants usw, auszudrücken, dass sie die Zeit haben, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, dass sie sich es leisten können, unproduktiv zu sein als Zeichen davon, dass ihr Mann / ihr Vater genügend Geld mit nach Hause bringt. Genau das, was Frauen im Gegensatz zu Männern zugestanden wird, drückt den Status des dazugehörigen Mannes/Vaters aus. Und drückt aus, dass dieser es geschafft hat, sich unterzuordnen.
So gesehen dürften es gerade die Single-Männer sein, die das Potential haben, die Symbolismen zu durchbrechen. Zumal sie längst nicht mehr zeitgemäß sind, diese Symbolismen.