Neulich führte mich mein Weg nach England zu einer Schulung. Wenn möglich ziehe ich zu solchen Gelegenheiten gerne mal einen Rock für die Reise an. Die Unterkunft hatte ich mir über Airbnb gebucht. Ein Risiko, im Hotel Kollegen zu begegnen, die ich später auf der Schulung sehen würde, existierte also nicht. Da ich in einer etwas exotischen, wenn auch wachsenden, Brache beschäftigt bin, in der irgendwie jeder jeden kennt, hätte ich sonst unter Umständen eine Lawine losgetreten, bei der über mich geredet wird. Und ein bisschen Kontrolle will ich dann doch behalten. Also kein Grund, keinen Rock zu tragen.
Einen dunkelblauen, knielangen Jeansrock hatte ich mir ausgesucht. In Deutschland war es einer der wärmeren Tage, aber am Zielort waren frische 5 Grad gemeldet. Außerdem würde ich erst nach Sonnenuntergang ankommen. Deshalb hatte ich mich entschlossen, eine Strumpfhose anzuziehen. Meine Wahl viel auf eine schwarze 80den Feinstrumpfhose, die praktisch blickdicht ist. Für mich war das eine gute Wahl, wie ich feststellen sollte. Als ich abends am zugigen Bahnsteig stand, war mir leicht kühl, absolut noch im angenehmen Bereich. "Fremdgefroren" habe ich beim Anblick der Mädels in kurzen Sporthosen und Shirts, die offensichtlich gerade vom Training (Fußball? Rugby?) kamen. Das wiederholte sich auch an den nächsten Tagen (an denen ich zu meinen Schulungen fuhr) mit viel nackter Haut an den Bushaltestellen bei unter 10 Grad und Nebel oder Nieselregen. Engländerinnen sind da absolut schmerzfrei.
Die Sicherheitskontrolle verlief ziemlich exakt so, wie ich es erwartet hatte. Der Bodyscanner schlug an und der Bediener fragte mich, ob ich von einer Frau oder einem Mann abgetastet werden will. Nicht ohne hinzuzufügen, dass es ihm peinlich ist, das fragen zu müssen. Ich ließ mich gründlich abtasten und war eine Minute später schon auf dem Weg zum Gate. Der Rest der Reise war dann eher langweilig. Niemand schien meinen Rock zu bemerken, oder ich habe die Kommentare nicht mitbekommen. Auch an Bord und bei der Einreise wurde ich behandelt wie immer. In England musste ich noch mit der U-Bahn zum Bahnhof und mit dem Regionalzug zu meinem Zielort weiterreisen. Beim jeweiligen Warten am Bahnsteig war ich eigentlich sichtbar genug, und von jeder Menge Leute umgeben, so dass schon mal eine Reaktion hätte kommen können, aber nichts geschah.
Bereits als ich am Flughafen mein Handy wieder eingeschaltet habe, hatte ich eine Nachricht von meinem Vermieter, dass er nicht da sein würde, und den Schlüssel hinterlegt hat. So hatte ich an der Unterkunft nur das Vergnügen mit einer Schlüsselbox.
Und so ist dieser Bericht eigentlich ein Bericht über nichts, denn genau das ist passiert: Nichts. Ich bin nach England gereist. Ende der Geschichte.
Rockige Grüße, Michael