Hallo Jürgen, Hallo Rockers,
Deine Antwort trifft meine Einstellung zu 100 %! Ich weiß, dass mein Style nicht mehr als Maskulin bezeichnet werden kann, ist mir aber auch egal. Dennoch, ich bin froh und stolz ein Mann zu sein - einerseits! Andererseits aber habe ich auch so viel Achtung vor Frauen (und meiner an erster Stelle), dass ich kein Problem damit habe wenn es anderen feminin erscheinen mag. Und ja, ich finde es auch als vorwiegend männliche Eigenart, mutig zu sein. Ich brauche nicht den Herdentrieb, will mich gerne von der Masse abheben.
Ich war auch schon recht feminin, aber immer noch als Mann unterwegs. Mir hat das gefallen. Aber es gab auch immer wieder Situationen, die mich verunsichert haben. Eine davon war, als ich vor zwei Jahren Jürgen in Frankfurt getroffen habe. Ich war mit kurzem Rock und Pumps mit hohen Absätzen unterwegs. Meine eigene Erscheinung war ich schon gewöhnt. Aber dann kam Jürgen daher. Wie lang oder kurz der Rock war, weiß ich nicht mehr genau, aber er trug Stiefel mit ebenfalls ordentlich hohen und schmalen Absätzen. Und obwohl wir in gewisser Weise ähnlich angezogen waren, kam ich mit seiner Erscheinung anfangs nicht zurecht. D.h. obwohl ich selbst in großen Teilen feminin gekleidet war, hat mich der Anblick eines anderen ähnlich gekleideten Mannes nicht begeistert. OK, es gibt da immer noch viele Stil-Differenzen, mit denen man das begründen kann. Dennoch hat mich dieses Erlebnis nachdenklich gemacht.
Ich bin danach trotzdem wieder in High-Heels, Glanzstrumpfhosen, kurzem Rock oder Kleid raus unters Volk. Immer wenn mir danach war. Oder besser, wenn ich mutig genug dazu war. Denn jeden Tag konnte ich das nicht.
Allerdings: Rechtfertigungen brauche ich keine. Ich mache das, einfach so.
Genau so habe ich das auch mal gesehen. Aber langsam aber sicher wurde mir klar, daß ich das nicht richtig freiwillig mache. Egal ob nur einfacher Jeansrock oder komplett rausgeputzt, irgendwie hatte ich einen inneren Zwang. Einfach mal unauffällig in Hose rauszugehen kam mir vor, wie eine vegebene Chance. Wie versagt. Und wenn maine Frau mich gelegentlich mal unauffällig sehen wollte, fiel mir das schwer. Mittlerweile ist mir richtig klar geworden, daß es einen starken inneren Drang in mir gibt, den ich nur schwer bändigen kann. Das ist jedenfalls mehr als, einfach so.
Ich brauche keine Rechtfertigung zum Rock tragen. Aber wenn es zur Sucht wird, wenn die eigene Kleidung keine Grenzen mehr kennt, wird es problematisch.
Wenn ich mir überlege, dass ich in unserem Dorf von rund 7000 EW vielleicht ein Dutzend "gute" Freunde habe (und noch ein paar in anderen Gemeinden), dann ist das "meine Gesellschaft"! Und das reicht mir. Lieber einige wenige Freunde, auf die ich mich verlassen kann, als die vielen Scheinheiligen, die in Wirklichkeit nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
Eine Einschränkung der Übereinstimmung finde ich gerade doch noch, hab' wohl etwas nachlässig gelesen: peinlich? Pardon, aber wem ich peinlich bin und bleibe, auch nach eingehendem Gespräch, der akzeptiert mich nicht so wie ich bin und kann nicht mein Freund sein!
Das ist prinzipiell vollkommen ok so. Ich habe auch Freunde, bei denen ich in egal welcher Kleidung willkommen bin. Aber es gibt noch mehr. Es gibt Leute, die fast Freunde sind. Ich finde sie nett; sie finden mich nett. Und daß ich Rock trage wollen sie tolerieren, schaffen es aber nicht. Und dann gibt es natürlich noch Freunde, die man sicht nicht aussucht. Die knallhart und ehrlich zu Dir sind. Und denen es durchaus peinlich ist, mit Dir gesehen zu werden. Die eigenen Kinder.
ciao, christian