Meine hier immer wieder geaeusserte Vermutung: Es liegt an unserem derzeitigen Maennerbild. Bzw. der Rolle, die der Mann zu spielen und zu zeigen hat: Macho-Maennlichkeit! DAS quillt ja ueberall aus den meinungsbildenden Mainstrem- medien heraus! DAS ist die Welt, die uns umgibt:" Maenner duerfen keine Haut oder (Koerper-) Kontur zeigen. Das bleibt ausschliesslich dem weiblichen Geschlecht vorbehalten. Denn dazu ist es ja schliesslich da! Uns zur Freude und Erregung."
Ich bin mir da nicht so sicher. Ich verorte das Problem lieber in der Gegend der Versächlichung des männlichen Körpers, was mit heutigem männlichen Rollenvorstellungen nicht konform geht. Es ist, wie Du auch schreibst, vollkommen in Ordnung, wenn eine Frau ihren Körper als Gegenstand der Bewunderung und der Begierde präsentiert. Bei Männern gilt das als unangemessen, 'unmännlich', nicht dem Rollenverständnis entsprechend, wonach Männer die Konsumenten des fleischlichen Angebots aber nicht die Anbieter sind.
Wie Franco als Kommentar auf einer anderen Website schrieb: Frauen können ihren Körper feiern; macht ein Mann das, gilt es als 'weiblich', ergo 'unmännlich'. Es ist ja nun nicht so, als müssten Männer sich komplett verhüllen, ganz im Gegenteil: Männer können zum Schwimmen weniger tragen als Frauen, Männer können ohne Oberteil irgendwo rumliegen, -sitzen oder auch einfach arbeiten (Baustelle!). Der damit einhergehende Kontext ist aber immer in einen Zweck eingebunden, zumeist Freizügigkeit zur Erfüllung der Funktion des Hitzeabbaus. Funktional, pragmatisch. Wird aber zum Ziel der Ästhetik Haut (wohlgemerkt nicht Muskel, das ist ein anderer Schwerpunkt) gezeigt, macht man sich des Geschlechtsverrats verdächtig. Darunter scheinen dann auch alle Oberteile zu fallen, die Haut frei lassen und nicht einer bestimmten Funktion dienen. Ach, wieso auf Oberteile beschränken? Das Problem existiert doch auch bei Beinkleidern!
Es ist Sommer und Party. Sie zieht an: Eine Sohle mit Absatz und zwei bis drei Riemchen zum Festbinden am Fuß, einen Fetzen Stoff, der Scham und Po bedeckt, und ein Oberteil, das züchtig die Brustwarzen verdeckt, Schultern aber weitmöglichst frei lässt. Er zieht an: Lange Hose, Socken, geschlossene Schuhe. Hemd & Weste oder Hemd & Jacke. Wenn er schlau ist, dann ist es ein kurzärmeliges Hemd. Arme dürfen also gezeigt werden, solange es nicht zu nobel wird. Ärmellose Hemden werden schon skeptisch beäugt. Jeder Schritt freizügiger wird auch immer proletarischer, primitiver, archaischer, da die Männergarderobe in den letzten Jahrhunderten nie etwas Leichtes und Elegantes hervorgebracht hat (Achtung! Ich vermenge aus Vereinfachung gerade Ästhetik und Eleganz) -- leichte Kleidung war immer funktionell und hatte eher körperliche Arbeiter zum Ziel.
Freizügigkeit und Ästhetik setzt leider voraus, dass man sich selbst, seinen eigenen Körper als Gegenstand ästhetischer Kritik und Bewunderung aussetzt. Und das passt eben nicht zum potentiellen Krieger, zum Vielleicht-Anführer, zur Möchtegern-Respektsfigur, zum eventuellen-irgendwann-wird-es-soweit-sein-Alphatier -- denn im Ernst: Wieviele Männer werden tatsächlich im Laufe ihres Lebens eine solche Position einnehmen? Ein kleiner Bruchteil. Aber dennoch halten sich alle für so eine Position bereit. Und in der Zwischenzeit erobern Frauen diese Positionen, weil sie trotz vermeintlicher 'Weiblichkeit' in Verhalten und Sozialisation Anspruch darauf erheben -- und sich durchsetzen. Das ist ein Witz, oder? (Alles unter der Voraussetzung, dass meine Argumentationskette keine schwerwiegenden Lücken enthält)
LG
Masin
Edit PS: Ich bin natürlich mit Dir einer Meinung, dass es mit dem traditionellen Männerbild zusammenhängt. Ich bin in den Details mit Dir aber uneins. Vielleicht ist es auch nur eine andere Perspektive, ein anderer Fokus. :-)