natürlich kann jeder nur für sich sprechen, weil es ja eigentlich nicht die "Kilt-" oder die "Rockträger" gibt 
Aber zumidest kann ich für ca 98% der Kiltträger die ich kenne sagen, das es nichts mit alternativer Männerkleidung, oder modischer Freiheit hat.
ich sage es mal so, es ist ein strake Verbundenheit mit Schottland.
Und ich sage es mal so, und ich möchte weder Dir noch irgendjemanden damit zu nahe treten: Die Tatsache, dass Schottland in der Bewunderung und 'Verbundenheit' eine so herausragende Position einnimmt, ist schon verwunderlich. Wo sind denn die Skandinavien-Verbundenen? Oder die Kosaken-Verbundenen? Was Schotten von denen unterscheidet -- ist der Kilt. Und offensichtlich scheint das unbewusste Bedürfnis nach einem einröhrigen Beinkleidungsstück durchaus als eine treibende Kraft hinter der sogenannten Verbundenheit zu stehen. Umso mehr, da es scheinbar vollkommen legitim das Tragen eines solchen erlaubt, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, Frauenkleidung zu tragen.
Hinzukommt, dass die schottische Kultur als Teil der abendländischen, westlichen Kultur, als Teil der Kultur der Industriestaaten wahrgenommen wird. Griechenland ist ja schon fast Orient, und alles andere, wo Männer Rock tragen, ist kulturell noch weiter entfernt.
Nein, ich will nicht sagen, dass Kiltträger ein Problem mit der Geschlechtsidentität haben. Aber ich erachte diese 'Verbundenheit' in den meisten Fällen für unaufrichtig, ziemlich verlogen sogar. Klar, Schottland hat eine faszinierende Kultur, aber die Auseinandersetzung damit beginnt doch zumeist mit dem Kilt, aus dem Bedürfnis "Ich will auch mal einen Rock tragen (ich trau mich aber nicht, Röcke sind Frauenzeug)". Aber Kilts siind männlich und keine Röcke, jaja -- das ist wohl eine der ersten Lektionen, die jeder lernen muss, der Kontakt zu Kilts und Kiltträgern aufbaut. Auch da spricht immer die Überheblichkeit mit, Mann und männlich zu sein sei besser als Frau und weiblich zu sein. Schlimmer noch: Allein der Verdacht, nicht seiner Geschlechtsrolle zu entsprechen, indem man einen Rock trägt, hat etwas Beleidigendes. Und die ruppig-aggressive Art des Schottens findet in diversen Witzen darüber dabei seinen Ausdruck.
Aber ich will mal nicht so hart sein: Auch Frauen scheinen so ihre Probleme zu haben, sie wollen Kleidungsstücke exklusiv für sich. So wird der Anzug zum Hosenanzug, die Hose zur Damenhose, der Pumps zum Damenpumps, der Stiefel zum Damenstiefel -- wobei die beiden letzten ja eigentlich in keiner ähnlichen Form für Männer hergestellt werden.
Welchen Wert also hat es, wenn mir ein Kiltträger sagt, es habe nichts mit einem Bedürfnis nach einem einröhrigen Kleidungsstück zu tun, dass er einen Kilt trägt, sondern mit der 'Verbundenheit' zu Schottland? Ist es wirklich eine ehrliche Antwort oder die Bemühung, sich selbst und mich zu belügen, um nicht in den Verdacht der 'Unmännlichkeit' zu geraten?
Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Überlegungen allein auf der herausgestellten Position der Schottlandfaszination im Vergleich zu der Faszination anderen Kulturen gegenüber beruhen, nicht auf meiner eigenen Motivation, Röcke zu tragen. Die Jeans trat auch nicht ihren Siegeszug allein aus Cowboy-Faszination an, sondern aufgrund eines damit einhergehenden Lebensgefühles mit dem Kleidungsstück: Aufsässigkeit, Unabhängigkeit, Widerstand gegen das konservative Establishment und die Elterngeneration usw. Naja, und praktisch bei manchen Sachen ist sie auch :-).
Conclusio: Ich sage nicht, dass Schotten gerne Frauen sein wollen (wie auch immer man das aus meinem Text ableiten könnte). Aber wer nur eine Röhre tragen möchte, soll es tun und soll es tun können -- ohne wenn und aber, ohne Diskussion, ohne Rechtfertigung. Und ohne vorgeschobene 'Verbundenheit' zu einer Kultur, so faszienierend sie auch sein mag.
Diese Verbundenheit mag im Einzelfall tatsächlich zutreffen, aber ich wette darauf, dass 90 % der Schottlandfans in Deutschland in Wirklichkeit Fans von einröhrigen Beinkleidern sind und sich nur deshalb mit Schottland beschäftigt haben. Einen Kilt zu tragen, heißt diesem Bedürfnis nachzukommen, ohne als 'Schwuchtel' tituliert zu werden. Im Gegenteil hat man als Schottenfan sogar fast eine Rechtfertigung, solchen Bezeichnungen auch aggressiv entgegenzutreten.
LG
Masin