Autor Thema: Von Stärke bis zur Schwäche  (Gelesen 7476 mal)

AsiaHarry

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Von Stärke bis zur Schwäche
« am: 07.04.2010 10:36 »
Hallo!

Beim Betrachten von History oder Dokumentar Filmen fällt immer wieder auf, dass das Einröhrige am Mann immer im "Zentrum der Macht" steht. Also je besser einer positioniert ist umso üppiger und ausgefallener waren seine Kleider. Dabei muss es garnichtmal immer besonders Maskulin ausschauen, wie z.b. bei Gladiator. Auch was heute als Feminin gilt, war in dieses Zeiten auch normal für Männer, z.b. üppiger Schmuck.

Das Gesamtbild das mich aus dieser Zeit am meisten fasziniert,ist, dass das Einröhrige am Mann immer in Verbindung mit Macht und Stärke steht.

Was aber war eigentlich der Auslöser dafür dass es heute gerade umgekehrt ist, also dass das Einröhrige am Mann als Zeichen von Schwäche steht?

Offline franco

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #1 am: 07.04.2010 13:15 »
Das ist eine sehr gute Frage, AsiaHarry! Mir ist das auch schon aufgefallen!

Über das Thema habe ich mich schon vor 15 Jahren mit einer gelernten Schneiderin ausgetauscht. Ihre These lautete:

Die Entwicklung der Herrenmode lief über die Jahrhunderte völlig anders als die Entwicklung der Damenmode.

Bis in den Absolutismus hinein galt bei Männlein wie Weiblein der Grundsatz: "Zeige mir deine Kleider, und ich sage Dir wer du bist". Das heißt: Die Kleidung regelte sich mit mehr durch den sozialen Status als durch das Geschlecht. Der Extremfall sind vielleicht die alten Griechen und Römer: Die tägliche Bekleidung der Menschen war in erster Linie, nach heutigen Maßstäben, ein helles Kleid, bei Frauen länger und bei Männern kürzer. Natürlich gab es auch im Mittelalter kolossale Unterschiede zwischen Männer- und Frauenkleidung, aber diese waren subjektiv noch geringer als die standesbedingten Unterschiede.

Der Quantensprung in der Modegeschichte, der dann alles veränderte, war wahrscheinlich die Französische Revolution. Denn die führte dazu, dass die allgemeine Wehrpflicht für Männer eingeführt wurde. Das hieß, dass alle Männer im wehrfähigen Alter automatisch vom Staat eine schlichte Militäruniform erhielten. Da man seinerzeit auf die Zugehörigkeit im Militär stolz war, orientierte sich fortan die Herrenbekleidung an der Militäruniform. Die Damenmode hat die damit vollzogene Funktionalisierung der Kleidung erst 150 Jahre später vollzogen - ausgehend von der revolutionären Modeschöpferin Coco Chanel, die praktisch das heutige Business-Kostüm entwicklelt hat. Von da aus war es zur kollektiven weiblichen Verhosung in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts nur noch ein relativ kleiner Schritt.

Was hat das nun mit der Fragestellung zu tun? Ganz einfach, wir brauchen uns nur die wenigen Berufsgruppen ansehen, die in der sog. westlichen Kultur beharrlich "einröhrig" tragen. Dies sind im Prinzip einerseits Richter, Anwälte und Staatsanwälte vor Gericht und andererseits Geistliche. Bei diesen beiden Gruppen ist die optische Militarisierung komplett vorüber gegangen, weil das Militär zur Machtausübung für sie keine Rolle spielt. Der Geistliche wird das Militär vielleicht sogar ablehnen und verzichtet auf diese Form von Macht eher. Die "Macht" geht aber nach wie vor vom Militär aus, und kein Militarist der Welt trägt "einröhrig". Selbst Frauen in der Armee (in Israel gilt die Wehrpflicht zum Beispiel auch für Frauen) zeigen sich im Kampfanzug. Ich habe noch nicht einmal etwas vón einer weiblichen Galauniform mit Rock gehört.

Ein besonders schlagendes Beispiel für die kleidungsmäßige Entwicklung der letzten Jahrhunderte findet sich im Dresscode der norwegischen Königsfamilie. Am norwegischen Hof ist nämlich schon vor langer Zeit die Krönungszeremonie und damit auch die Königskrone abgeschafft worden. Damit entfällt auch ein üppiges Krönungsornat, wie es zum beispiel der letzte britische oder auch schwedische König bei seiner Krönung noch trug. Im Prinzip sieht der norwegische König an jedem Tag so aus als ob er ein Präsident einer Republik oder ein Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens wäre. Dementgegen trägt seine Frau ebenso wie auch die Prinzessinnen zu hohen Anlässen nach wie vor Abendgarderobe einschließlich Diadem, welches, wie in jeder anderen Monarchie noch an die Krone einer Königin erinnert. Auch in Norwegen erinnert die Königin äußerlich noch ein Stück an vergangene Zeiten - der König hingegen nicht.

Wenn wir also "Macht" und "Stärke" mit "Einröhrig" in Verbindung bringen wollten, dann müsste es uns folglich gelingen, den Militarismus zurück zu drängen.
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Offline GregorM

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #2 am: 07.04.2010 14:21 »

Das Gesamtbild das mich aus dieser Zeit am meisten fasziniert,ist, dass das Einröhrige am Mann immer in Verbindung mit Macht und Stärke steht.

Hallo AsiaHarry,

da hast du ganz sicher Recht. Der Grund könnte sein, dass Männer, die die Macht besassen, keine fysische Arbeit zu leisten hatten. Man konnte sich unpraktischer kleiden.

Die alten Könige waren gelichzeitig Feldherren, und wenn sie in den Krieg zogen, waren sie in Hosen (z.B. im Mittelalter).
Im antiken Rom waren die Soldaten in kurzen Röcken (Tuniken), wärend die Senatore etc. lange Kleider (Togen) anhatten. 

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Offline Highlander

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #3 am: 07.04.2010 16:14 »
Hallo Franco,
nur eine kleine Anmerkung bzgl. "Einröhrig"  und  Armee
werfe mal einen kurzen Blick auf die "Galauniformen" der weiblichen Mitglieder der US-Streitkräfte  ;)
Röcke ohne Ende ;)
und nicht nur dort, denn soviel mir bekannt ist, tragen die Mädels der
Britschen- und Israelischen- Army zu bestimmten Anlässen ebenfalls Rock.
 Grüße
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Offline Luan

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #4 am: 07.04.2010 22:32 »
Ich habe noch nicht einmal etwas vón einer weiblichen Galauniform mit Rock gehört.

Man sieht es nicht so häufig, aber auch bei der Bundeswehr gibt es Galauniformen. Ich selber habe es während meiner Zeit dort auch nur ein oder zwei mal gesehen, dass Gala-Uniform -- üblicherweise von den Offizieren -- getragen wurde. Diese Klamotten gehören dann wohl auch nicht zur Standard-Ausrüstung und muss wohl von den Soldaten selber gekauft werden. Damals gab es in Hannover einen "Shop", wo man u.a. auch die Galauniform kaufen konnte.
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Offline GregorM

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #5 am: 08.04.2010 07:30 »
Wenn die Polizeidirektorin Kopenhagens (2009 in die Rente gegangen) in Galauniform auftrat, war sie immer im Rock.

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Offline franco

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Re: Von Stärke bis zur Schwäche
« Antwort #6 am: 08.04.2010 13:55 »
War mir nicht bekannt mit der Galauniform! Danke fürs Feedback.

Der Bundeswehr-Gesellschaftsrock sieht übrigens ausgesprochen schick aus, finde ich!
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