Ich sage nicht, dass es immer Anzug sein muss. Es muss auch anderes geben. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass kein Bewusstsein darin liegt, sich eine Jeans und Wetterjacke für eine Hochzeit auszusuchen. Wer Jeans und Wetterjacke aussucht, sollte sich bewusst sein, dass es Kleidung für einen fest umrissenen Einsatzzweck ist. Aber keine Mode.
Hallo Masin,
mir scheint, wir gehen völlig unterschiedlich an die Sache ran. An eine Hochzeit habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich dachte eher an das Personal, das an einem Werktag die Fußgängerzone bevölkert.
Angeregt von der Diskussion und einem Gespräch vor ein paar Tagen, habe ich mir wieder mal Gedanken zum Thema "Kleider machen Leute" gemacht.
Vielleicht ist es wirklich so, dass sich Menschen in andern Ländern unbewusst, aber wirkungsvoll an dieses Motto halten und in Deutschland eher zurückhaltend damit hantiert wird. Was meines Erachtens aber kein Schaden sein muss.
Wenn ich bedenke, dass der Artikel von einer Modedesignerin stammt bzw. über ihre Aussagen verfasst wurde, habe ich größtes "Verständnis" dafür, dass sie für mehr "Modebewusstsein" wirbt. Ist es doch ihr Einkommen, das dadurch aufgebessert werden könnte.
Was folgt daraus für den Stil der Deutschen im Vergleich zu dem der Italiener oder der Franzosen?
In Frankreich und Italien gehört es für die meisten zum Stil, angezogen zu sein, nicht nur nicht notdürftig bekleidet. Das gewährt eine Art Basis-Eleganz, unabhängig von Geld, Figur und Alter. Ich habe beobachtet, wie sich in Ligurien abends an der Mole die alten Herrschaften trafen, die Herren im Anzug, die Frauen im Kleid oder Kostüm. Wenn Sie in Venedig mit einem gepflegten Outfit und feinen Schuhen auftreten, auch an einem heißen Tag, und nicht halbnackt durch die Straßen schlurfen, werden Sie sofort für eine Einheimische gehalten.
Den Artikel habe ich auch gelesen, nur habe ich den Absatz mit den "alten Herrschaften" auf die alten Herrschaften Liguriens, bzw. die ganz angezogenen Damen in Vendig (die dann für mich nicht mehr unbedingt Kleid oder Kostüm tragen müssen, war ja schon im Satz vorher!) bezogen und nicht auf alle Frauen Europas. (Sorry, bin da etwas engstirnig veranlagt...)
Vermutlich sind wir uns im Kern wesentlich einiger, als es wieder mal auf den ersten Blick aussah. Wenn Menschen ein Gespür für Formen, Farben und Textilarten haben, können sie sich auch unabhängig von den (wirklich etwas unpassenden) Fotos des Artikels geschmackvoll kleiden. Modisch ist mir zu "kommerziell-zeitgebunden" ausgedrückt. Mal ist dieses Mode, mal was anderes. Wenn ein Mensch Stil hat, wird er angenehm auffallen, egal ob die Kleidung modisch, altmodisch oder unmodern ist.
Den Begriff "Basiseleganz" finde ich in dem Zusammenhang gut. Wobei ich persönlich mir, nur der Grundeleganz wegen, auch keine unbequemen "Schuhe für jeden Tag" kaufen würde!
Viele Grüße
Tine