wenn ich das so lese kommen mir regelmäßig Zweifel: Warum gibt es verhältnismäßig so wenige Frauen die sich als Transgender bezeichnen und warum ist das so häufig bei Männern?
Das ist vor allem ein statistisches Problem, das Du weiter unten eigentlich schon selbst erwähnt hast! Frauen haben keine Notwendigkeit ihr geschlechtsuntypisches Verhalten zu erklären oder gar zu rechtfertigen. Damit haben sie auch keinen Grund sich als Transgender zu bezeichnen. Wenn sie dagegen den Wechsel des eigenen (biologischen) Geschlechts anstreben, dann bezeichnen sie sich als transsexuell und zählen sich dann oft nicht mehr zu den Transgendern obwohl sie je nach Definition des Begriffs sehrwohl nachwievor dazu gehören. Männer, die sich in irgendeiner Form weiblich verhalten fallen auf, müssen ihr Verhalten erklären und sich oft rechtfertigen, suchen deshalb dann nach Begriffen, die sie verwenden können um ihre Situation zu erklären und erscheinen damit auch in entsprechenden Statistiken. An Frauen, die sich männlich verhalten hat man sich längst gewöhnt, weil Frauen schon jahrzehnte lang für ihren Teil der Gleichberechtigung kämpfen und deshalb fallen sie nicht weiter auf und werden auch von keiner Statistik erfaßt. Wie die Verhältnisse wirklich sind, müßte mit einer dafür geeigneten Studie hinterfragt werden, die eben auch wirklich alle zugehörigen Personen wirklich erfaßt.
Ich glaube, daß bei vielen Männern in Wirklichkeit nicht Zweifel an der eigenen geschlechtlichen Identität Vater des Gedanken sind, sondern vielmehr der Wunsch aus den strengen Regeln für Männer ausbrechen zu können. Schließlich gibt es kein Kleidungsstück für Herren, alles wird auch von Frauen getragen, aber umgekehrt? Bei Kosmetika ist das noch drastischer. Frauen haben es also gar nicht nötig, als Mann erscheinen zu wollen, wenn sie sich "maskulin" stylen wollen.
Könnte es bei Dir nicht auch so sein? Ist nicht einfach der Wunsch nach Kleidung und Styling der Antrieb, aus der Rolle auszubrechen? Schießt Du dann mit Transgender nicht gleich über das Ziel hinaus?
Ich muß bei diesem Abschnitt ein bißchen Schmunzeln. Der Begriff Transgender wird durchaus in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, unter anderem auch als Oberbegriff für alle Menschen, die sich nicht auf ein Geschlecht bzw. eine Geschlechterrolle festlegen (lassen) wollen. Auch Transvestiten zählen, je nach Definition des Begriffs, zu den Transgendern. In sofern hast Du damit keinen Widerspruch zu meiner Aussage gefunden sondern nur eine der Bedeutungen des Begriffs Transgender mit Deinen Worten formuliert.
Ich zweifle nicht an meinem biologischen Geschlecht, englisch als sex bezeichnet, sondern ich stehe emotional nicht eindeutig auf der männlichen Seite. Das emotionale oder soziale Geschlecht, das Identitätsgeschlecht bzw. die geschlechtliche Selbstwahrnehmung wird im englischen als gender bezeichnet. Transgender bezieht sich also keineswegs primär auf das körperliche Geschlecht sondern eben vielmehr auf die emotionale Geschlechtlichkeit.
Wenn Du es genauer wissen möchtest, kannst Du Dich ja mal bei Wikipedia durchlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Transgender
Ich bin Mann durch und durch, und stehe dazu...
Und genau das war ich noch nie. Ich wurde schon früher von Mitschülerinnen als "Softie" bezeichnet, habe mit typisch männlichem Verhalten noch nie viel anfangen können, ich lebe auch im Alltag in vielfältiger Hinsicht die weibliche Rolle (übernehme Aufgaben in der Familie, die sonst eher von der Frau übernommen werden), ich werde von Frauen wie eine gute Freundin wahrgenommen, behandelt und unterhalte mich mit ihnen gerne über Schuhe kaufen und schminken, werde dabei von Männern aber durchaus noch als Mann wahrgenommen, ich fühle mich geschmeichelt, wenn ich liebevoll als "Mädchen" bezeichnet werde. Ich bin in unserer Familie die Mama (übernehme eben viele der typischen Aufgaben einer Mama) und manchmal sehe ich eben auch so aus...dazu stehe ich nun meinerseits voll und ganz.
Genau deshalb trage ich gerne Rock, würde auch gerne mal ein mir passendes Kleid finden, trage Feinstrumpfwaren und Schuhe mit Absatz, lackiere mir zumindest sporadisch die Fingernägel, nenne auch Kosmetika mein eigen, ... und ich werde immer noch eindeutig als Mann erkannt.
Demnach bist Du dann ja auch nicht Transgender, denn Transgender hat vor allem mit der eigenen emotionalen Selbstwahrnehmung und nicht mit Rock, Strumpfhose, Nagellack oder anderer Kosmetik zu tun, sondern eben vielmehr damit wie man sich selbst wahrnimmt und dann folglich auch von anderen wahrgenommen wird oder werden möchte.
... und ich werde immer noch eindeutig als Mann erkannt. Genau deshalb? Klar, denn als Mann agiere ich Selbstbestimmt, stehe zu dem was ich will und tue es auch. Männliche Kleidung gibt es nicht mehr, männliches Verhalten durchaus. Ich glaube darauf kann ich stolz sein.
Spätestens hier komme ich doch sehr ins grübeln, denn da werden eher die negativen Aspekte von Männlichkeit sichtbar! Handeln Frauen nicht auch selbstbestimmt? Wenn nicht, warum dann nicht? Weil Mann Frauen das nicht zugesteht!? Stehen Frauen nicht zu dem was sie tun? Tun Frauen nicht (hoffentlich) meistens auch das was sie selbst wollen? Sind das Merkmale männlichen Verhaltens, daß Mann Frauen nicht zutraut selbstbestimmt zu handeln und zu dem zu stehn was sie tun, daß Mann Frauen nicht zutraut auch das zu tun, was sie (eigentlich) wollen? Wenn das wirklich Deine Definition von Mann sein ist, dann sind heutzutage wohl sehr viele Frauen auch Männer, weil sie die vermeintlich männlichen Merkmale auch vorweisen können!