Hallo zusammen!
Ich glaube, dass ich da was zu beitragen kann, denn ich gehe seit über 3 Jahren in Röcken arbeiten (Forschungsinstitut, physikalische Grossforschungsanlage). Ich habe damit überhaupt keine Probleme, ich habe aber wie immer darauf geachtet, dass ich nicht allzu "ungewöhnlich" aussehe. Ich habe letztlich nur die Hose gegen einen entsprechenden Rock getauscht und alles andere belassen.
Angefangen habe ich an einem heissen Hochsommertag, an dem alle kurze Jeans, T-Shirt und Sandalen trugen. Da bin ich einfach mal mit einem kurzen Jeansrock zur Arbeit gegangen. Keine negativen Reaktionen. Allerdings wusste die Kollegenschaft schon seit langem, dass ich Röcke trage, denn in unserem Institut steht an allen möglichen Stellen ein Internet-PC. Nachdem ich das einmal angefangen hatte, blieb ich dabei und zog im Winter meine langen Jeansröcke an. Eines Tages kam ein befreundeter Kollege zu mir und erzählte mir, dass er mit mehreren Kollegen zusammengesessen hatte. Sie hätten sich auch über mich und meine Röcke unterhalten. Dann kam etwas, womit ich niemals gerechnet habe. Er gab wieder, dass die Kollegen ihre Hochachtung und höchsten Respekt vor meinem "Mut" und meinem Selbstbewusstsein zum Ausdruck gebracht haben. Darüber war ich wirklich überrascht, denn das waren Kollegen aus mechanischen Werkstätten, in denen schon immer ein etwas rauherer Ton herrschte. Ich habe bei der Arbeit nur dann noch Hosen getragen, wenn Wartungsarbeiten anstanden, die ich in Röcken aus nachvollziehbaren Gründen nicht durchführen konnte. Da das immer mal wieder ganz überraschend notwendig werden konnte, hatte ich extra hierfür eine alte Jeanshose in meinem Spind deponiert.
triks schrieb:
Richtig ist, dass es Frauen eher nachgesehen wird, wenn sie "männliche" Kleidungstücke tragen. Das liegt aber wohl eher daran, dass wir es ja für erstebenswerter halten, ein Mann zu sein, als denn eine Frau.
Dagegen erhebe ich Einspruch! Wir brauchen es nicht für erstrebenswert halten, ein Mann zu ein,
wir sind Männer! So oder so! Nackt oder angezogen! In Hose oder in Rock!
triks:
Ich habe das mal so formuliert: die Tochter, die Vaters Oberhemd anzieht, ist eben Vaters Tochter, der Sohn, der Mutters Kleid tragen möchte, hingegen suspekt.
Mal ehrlich, liegt darin nicht eine ganz erhebliche Geringschätzung von Frauen und eine masslose Übertreibung des Männlichen? Ich finde schon. Meiner Meinung nach liegt das aber an der Unsicherheit der Männer. Die typischen männlichen Eigenschaften, die die Natur im Laufe der jahrzehntausendelangen Entwicklung hervorgebracht hat, wie körperliche Kraft und Stärke, Kampfeswille und Furchtlosigkeit bis zur Selbstaufgabe werden heute doch nicht mehr gebraucht. Heute werden geistige Leistungen gebraucht, denn all das wofür man früher körperliche Kraft brauchte, wird heute von Maschinen erledigt. Frauen üben heute vielfach dieselben Berufe aus wie Männer und verdienen ihr eigenes Geld. Da ist den Männern also ein Rollenbild, ein Klischee abhanden gekommen, was sie früher von den Frauen unterschied. Nun kompensieren sie das durch Machotum und durch Differenzierung in der Kleidung (Ich trage Krawatte, also bin ich ein Mann *LOLOLOL*). Mich erinnert das immer an Urwaldbewohner und Naturvölker, die glaubten, wenn sie ihre toten Feinde verspeisen würden, dann würden sie sich deren Stärke, Geist und Wissen einverleiben. Daher fühlen sich also die Töchter so "stark", wenn sie des Vaters Hemd anziehen und daher fühlen sich Männer nicht mehr als solche, wenn sie ein Kleid tragen, wie in triks´ Beispiel beschrieben. Dabei tragen viele Männer in der ganzen Welt Kleider und ähnliche Gewänder, in Mitteleuropa gabs das vor einigen 100 Jahren auch. In der Antike haben die römischen Soldaten schicke, kurze Faltenröcke getragen und damit sind die immerhin bis zum Teutoburger Wald gekommen, zu Fuss und zu Pferde, aber nicht im Kampfjet, Helikopter oder Panzer. Nach heutiger Klischeelage hätten die das niemals schaffen können, denn "Rock=Frau=schwach". Nun denn, in den Geschichtsbüchern steht´s halt anders. Dass die Römer dann schliesslich die Schlacht am Teutoburger Wald verloren haben, lag ganz bestimmt nicht an ihren Röcken.
Über andere geredet wird immer, das war auch schon immer so. Sei es über das neue Auto, das den Nachbarn nicht gefällt, über das unmögliche Urlaubsziel oder über die scheusslichen Gardinen, die Nachbarin Lieschen Müller an den Fenstern hat. Aber komisch, das interessiert die Betroffenen einen feuchten Kehricht. Nur wenn ein Mann statt einer Hose einen Rock trägt, dann soll das auf einmal staatstragende Bedeutung haben? Nein, nein und nochmal nein! Ich jedenfalls lasse mich von sowas nicht einen Deut beeinflussen. Ich empfehle Nachahmung, denn jeder hat nur ein Leben, und wenn das vorbei ist, dann kann er sich keine Wünsche mehr erfüllen und kann nur noch traurig sagen: "Hätte ich doch früher mal . . ."
Mehr Selbstbewusstsein, das wünsche ich Euch allen. Und natürlich so viel Freude mit Eurer Wunschkleidung wie ich habe.
Schöne Grüsse,
Ferdi