Michael schrieb in „Erfahrungsbericht:Anfeindungen“:
„Was übrigens ds Kopftuch angeht, so habe ich in kopftuchtragenden Frauen oft Verbündete, denn wir haben gemeinsam, dass wir mit unserer Kleidungswahl akzeptiert und respektiert werden wollen. Da war ich schon manches Mal mit einer kopftuchtragenden Frau sehr einig. Und beide verändern wir das Straßenbild und provozieren die Menschen, die Kopftüche an Frauen und Röcke an Männern nicht gewohnt sind, obwohl wir beide nicht provozieren wollen, sondern nur nach unserer jeweiligen Facon selig werden.“
Nun denke ich, daß es Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt, was Kopftuch und Rock betrifft.
Die für mich wichtigste Gemeinsamkeit ist, daß beide nicht für das, was sie sind, sondern für die Vorstellungen abgelehnt werden, die die Ablehnenden dahinter sehen. Beim Kopftuch wird der Islam und das zugehörige Menschenbild abgelehnt. Beim Rock werden sexuelle Perversionen (entsprechend dem, was die Beurteilenden als solche ansehen) vermutet und abgelehnt. Dafür spricht, daß vor fünfzig Jahren das Kopftuch nur als Bekleidungsvariante gesehen wurde, und auch von nichtmuslimischen Frauen getragen wurde, und höchstens als altmodisch abgelehnt wurde, und sich kein Mensch über die Kilts in Schottland aufregt. Unterschiedlich ist, daß das Abgelehnte, nämlich der Islam, beim Kopftuch in der Regel auch dahinter steht, beim Rock die vermutete Perversion aber oft nicht zutrifft.
Die Frage des provozieren Wollens ist wieder eine Gemeinsamkeit, wobei ich im Gegensatz zu Michael nicht behaupte, daß die Provokation nicht gewollt ist.
Ein für mich wichtiger Unterschied ist, daß der Rock eine Erlaubnis realisiert, während das Kopftuch ein Gebot realisiert.
Ebenfalls wichtig ist für mich der Unterschied, welches Männerbild dahinter steht. Hinter der Rockerlaubnis sehe ich eine Würdigung des männliches Körpers als schön, und eine Befreiung von Einengungen, die aus Angst vor männlicher Sexualität entstehen. Beim Kopftuch sehe ich eine Einengung der Frau aus Angst vor männlicher Sexualität.
Daher kann ich in den muslimischen Kopftuchträgerinnen keine Verbündeten sehen. Wäre es nur eine modische Variante, wäre das anders.
Gruß,
Jo