Nein, ich rede nicht über den Hosenzwang bzw. über das Hosengefängnis, aus dem die Männer wohl nicht rauskommen.
Naja, viele sind da ja schon draussen, und es werden noch viele hinzukommen. Dieses Forum möge seinen Anteil daran haben!
Ich selbst habe mir Röcke erobert. Und ich habe mir Kleider erobert. Das trage ich alles inzwischen wie selbstverständlich.
Das, wovon ich rede, ist etwas Anderes. Mich treibt es gerade die letzten Wochen um und besonders die letzten Tage, wo es nicht nur sehr warm, sondern auch sehr schwül war.
Ich rede von: Männer und Spaghettis. Und nocht von Bolognese, Napoltana, Carbonara oder con pesto, sondern von der praktischen Erfindung der: Spaghettiträger.
Ich empfinde es wohl selbst noch als sehr weiblich besetzt. Und ich habe ausser bei Barefoot-Joe hier im Forum auch noch nicht gesehen. Und ich finde auch immer wieder Menschen, die das auch als weiblich empfinden.
Spaghettiträger sind offenbar die letzte nahezu uneinnehmbare Bastion der Frauen. Ich will gar nicht darüber nachdenken, warum das so ist. Ich will nur sagen: ich finde das ungerecht.
Natürlich muss nicht jeder Stöckelschuhe tragen, wenn er es nicht will. Ich will nicht. Ebenso muss nicht jeder Spaghettiträger tragen, wenn er es nicht will. Aber ich will. Ich sage es auch warum (kleine Nebenbemerkung: ich mache kaum etwas, auch nicht bei der Kleidung, was nicht irgendeinen für mich plausiblen Grund hätte).
Für mich gibt es bei warmen Temperaturen und/oder Sonnenschein nichts angenehmeres obenrum anzuziehen als was mit Spaghettiträgern.
Mich treibt es schon viele Jahre um. Und auf der Suche nach Ersatz habe ich unzählige Oberteile gekauft mit ohne arme, leichtem Stoff (auch wenns denn unbedingt mal Ärmel sein müssen), Kombination aus beidem, möglichst viel textillos am Hals, am besten auch am oberen Rücken, an den Schultern, nicht zu dicke Träger - nur um das Optimum zu vermeiden, das da heißt: Spaghettiträger. Denn: ich fange im Sommer sehr schnell an zu schwitzen. Sehr viel mehr als die meisten. Und Schwitzen ist unangenehm. Fur den Schwitzer. Schwitzen ist unangenehm aber auch für die Personen, die mit dem Schwitzer zu tun haben - wird als eklig empfunden (ausser in der Muckiebude). Warum um alles in der Welt muss jemand denn Schwitzen, wenn man das mit angepasster Kleidung verhindern könnte?
Dazu folgende Anekdote: Ich mach beruflich ja was mit Medien. Ich bin mal im Sommer mit einem Kollegen nach Kaiserslautern gefahren. Da haben wir den Zug der Wissenschaften - so hiess er glaub ich - im Bahnhof besucht. Das ist sowas wie die MS Wissenschaft, das Schiff, das irgendwie vom Bund finanziert ist und wissenschaftliche Themen versucht unter die Leute zu bringen, bzw. die Leute auf das Schiff zu kriegen, dort, wo es gerade für ein paar Tage anlegt. Da dieses Schiff Kaiserslautern nicht ansteuern kann - oder auch sonst vieles nicht - haben die dann einen Zug bestückt und die Käffer in der Fläche mit Wissenschaft beglückt.
Und meine Kollege und ich haben den Zug beglückt. Und glücklicherweise gab es da auch einen Themenbereich mit Klimawandel und eine Wärmebildkamera, vor die der geneigte Wissenshungrige treten konnte und sich im Infrarotbild anschauen konnte. Jetzt war es so, dass es ein paar Tage schon sehr warm war, dass der Zug keine Klimaanlage hatte, der Zug in der prallen Sonne stand und auch sonst alles im Zug verbaut war, um Durchzug im Zug zuzulassen. Ausser den Zustiegen zum Zug blieb alles zu und die Hitze drin und wir kamen rein.
Wie gesagt, ich schwitze sehr viel, weil mir immer warm schnell warm ist. Mein Kinderarzt scherzte mal, ich hätte die höchstliegenden Adern von Mainz. Das war noch, bevor ich anfing wie ein Schwein zu schwitzen, das kam erst so Anfang 20. Vielleicht liegts ja an diesen Adern. Vielleicht liegts auch an den Medikamenten, die ich tagtäglich jahreinjahraus nehme, um mein Asthma in Schach zu halten. Vielleicht liegts auch einfach nur daran, dass ich einfach ich bin. Fertig. Mir ists schnell warm und ich schwitze halt. Möglicherweise habt Ihr das jetzt verstanden.
Mein Kollege, gebürtiger Filipino, dort 15 Jahre aufgewachsen, schitzt aber auch sehr. Auf der Fahrt im Auto nach Lautern hatte er schon geklagt, trotz Durchzug durch offene Fenster.
Jetzt kamen wir schon vorbelastet in diesen übermässig mit Hitze belasteten Zug, ohne Durchzug, mit Equipment, weil wir fürs Fernsehen was machten, da hat man viel zu schleppen. Alleine jedes Bücken bringt bei mir schon Schweißausbruch hoch 10.
Da zerrten wir einen Verantwortlichen fürs Interview vor den Monitor mit der Infrarotkamera und machten ein Interview. Interessant: der Anzugträger leuchtete Blau. Blau war auch der Hintergrund, das heißt, die Farbwiedergabe war so eingestellt, dass alles, was Zugtemperatur hatte als kühl, also blau, dargestellt wurde. Etwas wärmer war dann hellblau über grün, gelb bis rot - das kennt man ja - und wenn es dann ganz arg kommt, kann sich das dann noch steigern bis ins Violette. Unser Anzugsträger war am Körper blau, die paar Halsfalten, die über die Krawatte noch lugten, waren hellblau, die Hände waren hellblau bis auf die mittleren Flächen, die zart gelbgrün waren und das Gesicht grün mit ein paar kleinen ins Gelbe gehenden Flecken.
Nach getanem Interview sind mein Kollege und ich vor die Kamera getreten. Der Körper vom vor Hitze stöhnenden Kollegen war gelb, das Gesicht war gelb mit mit größeren roten Flecken, die Hände waren rot.
Und ich: mein Körper war in Umrissen gelb, der wesentliche Teil war rot bis tiefrot mit violetten Flecken. Mein Gesicht awr an den Ohren noch rot, der Rest war violett, genauso wie meine Hände.
So unterschiedlich können Menschen sein. Wenn ich sage, mir ist warm, dann ist mir nicht nur warm, dann ist tatsächlich Wärme im Spiel.
Und das ist der Grund, weshalb ich die Wärme abführen muss, und neue frische Luft zuführen. Sonst leide ich unter dem Hitzestau. Auch die feuchte körpernahe Luft muss abgeführt werden, sonst reagiert mein Körper auf die fehlende Kühlung mit noch mehr Nachschub von Schweiss.
Ich bin kein Mutzenträger. Aus viele Gründen nicht. Aber wenn ich aus Gründen von schütterem bzw. kurzem Harr eine Mütze aufziehen sollte - und das auch tu, dann hab ich die i.d.R. bei normalen sommerlichen Temperaturen nach einer Minute durchgeschwitzt, so, dass sie von aussen an den dicken Nähten schon feucht ist.
Ja, ein unangenehmes Thema. Aber ein Thema, das - wie soll ich sagen - mich sehr beeinträchtigt.
Und das beste Gegenmittel, das es gibt - es ist einfach und so naheliegend - ist das Tragen von Kleidung mit Spaghettiträgern.
Es ist nicht neu, dass ich mich mit diesem Thema befasse. Ich habe aus sehr viel früheren Jahren so ca. 5 Spaghettiträger-Tops und so 5 Spaghettiträgerkleider. Aber ich hatte sie so gut wie nie getragen - und halte sie inzwischen z.T. auch für untragbar. Weil zu eng, weil zu schäbig. Weil zu spaghetti.
Aber mal ehrlich! - Das ist doch dumm. Spaghettiträger mit möglichst viel Freiluft im oberen Brustbereich und im oberen Rückenbereich sind geradezu ideal für mich. Ich kenne es aus eigener Erfahrung mit Tanktops - aber auch mit einem meiner Spaghettitops - sobald die Träger zu breit sind, fngt es schon an, für mich unangenehm zu werden. Ergo sind Teile als Ersatz für die abzulehnenden Spaghetti-Klamotten (weil zu spaghetti) immer noch zu viel textil. Ideal sind für mich Spaghettis in der Dicke von Spaghetti (oder dünnen Tagliatelle).
Was in aller Herrgottsnamen ist denn schändlich daran, als Mann Spaghettioberteile zu tragen? Warum kommen andere Männer nicht auf diese Idee. Warum muss ich mir alles selbst erkämpfen? Röcke. Kleider. Spaghetti. Warum ist die achso moderne Welt gerade aber in diesen Dingen nch immer so engstirnig?
Man kann jetzt natürlich noch sagen: das Privileg der Frauen, leichte Bekleidung und vor allem Spaghetti-Oberteile zu tragen ist darin begründet, dass sie ja immer noch eine Unterkleidung am Oberkörper tragen, dem BH, den Männer (einige Anwesende mal ausgeschlossen

) ja nicht tragen müssen. Liebe Frauen, ich bin der letzte, der verlangt, dass Ihr BH tragen müsst!
Und wenn ich Frau wäre, dann würde ich wahrscheinlich heute hier sitzen und schreiben, wie ungerecht es doch ist, dass Frauen BH tragen müssen, Männer nicht, und Männer in der Öffentlichkeit mit nacktem Oberkörper rumlaufen können, Frauen aber nicht.
Ich will aber nicht mit freiem Oberkörper rumlaufen. Erstens ist das in vielen Situationen ähnlich verpönt, wie Männer mit Spaghettiträgern, zweitens will es nicht aus folgendem plausiblem Grund: Ich habe im Bereich zwischen Brustwarzenhöhe und Bauchnabelhöhe mehrere größere Leberflecken, manche gewölbt und andere Hautänderungen (austretendes Adergwebe - rote Leberflecken also) - und das schon, seit ich meinen Körper kenne. Nix schlimmes, ist aber da. Und diese Teile will ich nur wenige Sonnenminuten im Jahr und nur wenige Sonnenstunden im ganzen Leben aussetzen. Ich will das Privileg des nackten Oberkörpers gar nicht nutzen!
Ich will aber die Vorzüge nutzen, die der Mensch im Laufe der Evolution mit seiner Kulturleistung der Spaghettiträger entwickelt hat, um meinen Körper, seinem Befinden und seiner sommerlichen Umwelt in Einklang zu bringen.
So, jetzt erzähl das mal jedem , der mir mit meinen Spaghettiträgern an meinem Leib begegnet!
Freiheit für die Männer - man muss keine Tunte werden, um sich wohl fühlen zu dürfen!