Der Wunsch nach Gleichberechtigung in der Kleiderordnung müsste heißen: alles für alle erlaubt. Aber davon können wir noch lange träumen, wenn solchen Schreibern vermutlich nicht mal im Ansatz bewusst wird, dass die Männer darin ja erheblich beschränkter sind. Und die Leser solcher Artikel werden vermutlich denken: "achja, die armen, armen Frauen" (das mit der Bezahlung steht auf einem anderen Blatt), aber mit keiner Synapse die Situation der Männer in Frage stellen.
Ich gebe zu, dass bei mir da sofort auch der Groll mitschwingt über diese latente Ungleichbehandlungwertung, was Kleidungsfragen angeht.
Ich habe selber viele Jahre den hiesigen Unichor bei seinen Konzerten besucht, weil ich einige Mitsingende kannte. Ich wusste, welche Kleidervorschriften da galten - und dass jede dritte Frau genaugenommen dagegen verstoßen hatte: dann doch armfrei, dann doch weit ausgeschnitten, dann doch kürzer als bis zum Knie, dann doch nicht einheitlich schwarz, dann doch Glitzer. Frauen würden solche enge Kleiderregeln, wie sie von Männer eingehalten werden, doch nie akzeptieren. Und kommen damit auch meistens sehr gut durch.
Ich kann das nicht nachvollziehen und lehne das ab!
WENN es eine "Uniform", dann bitte auch konsequent und einheitlich!
Genau das Problem hatte ich auch mal bei einem Chor: bei einem Auftritt mit 30°C+ erlaubte ich mir mal, mit kurzem Hemd und kurzer Hose anzutreten. Eigentlich kein Problem, da wir Männer ohnehin in dritter, vierter Reihe standen und ich dem Publikum erst ab Hals sichtbar war.
Aber
"nein!" "das geht ja gar nicht!" "wie sieht das aus?!" "da könnte ja jeder...!" Dass die Damen mit kurzen Beinkleidern auftauchten, Hemdchen mit Spaghetti-Trägern... das war natürlich alles okay und geduldet...
Es begab sich, dass ich kurze Zeit später in "Elternzeit" ging und ohnehin nicht mehr viel Zeit und Muße für den Chor aufbrachte. Als dann aber auch noch ein "Dresscode" verfasst wurde, wonach Männer LANGE Ärmel und LANGE Hosen zu tragen hätten, war bei mir auch das Verständnis und der Spaß am Singen vorbei.

Ehrlich gesagt, das vermeintliche strenge Genußverständnis der konservativen, aber zahlungskräftigen Kunstgenießer, das kann ich nachvollziehen. Solange Männer gezwungen werden, in Frack oder einer ähnlich eng beschriebenen Montur zu musizieren, soll Frauen bei diesen Veranstaltungen auch das Recht auf Hosen verweigert werden. Denn - so geht es mir - dann gibt es ein zumindest optisch einheitliches und stimmiges Bild. Ehrlich gesagt, ich finde es unfestlich, wenn eine Frau in Hosen die Bühne betritt, mögen sie auch noch so schick sein.
Mal Rock oder Hose weggelassen (das Salär sowieso) - wie kleiden sich denn die Solisten?
Madame in auffallendem Kleid (vielleicht noch nicht einmal schwarz), mit toupierten Haaren, Schmuck und Tralala...
und Monsieur? trägt den gleichen Pinguin-Anzug wie der Geiger aus der dritten Reihe.
Wo bitte ist da die Gleichberechtigung?! Oder wo ist das herausstechende Detail für den männlichen Solisten?!
P.S.: der "zahlungskräftige Kunstgenießer" ist hierzulande der normale Steuerzahler. Alleine in Mainz wird das "Mainzer Staatstheater" mit gut 23 Mio EUR/ Jahr bezuschusst (Stand: 2016). Und dennoch kostet eine Eintrittskarte erheblich mehr als eine Kino-Karte!
Auch in anderen Städten kaum anders. Da sind Subventionen von 170 EUR und mehr für eine einzelne Eintrittskarte des Theaters keine Seltenheit! Darum habe ich einmal mehr WENIG Respekt vor den "Kunstliebhabern", die mit verkniffener Miene - als hätten sie einen Furz quer sitzen - glauben, mit besonders wenig Spaß am Leben besonders großes Kunstverständnis ausdrücken zu müssen.
P.P.S.: Ich habe mich mal erdreistet, bei einer lustigen Inszenierung der Meistersänger (Wagner) laut loszulachen... ohjeh! den Blicken der "Kunstkenner" drumherum wäre ich wohl gut ein Dutzend Mal gestorben.
