Ha!
Interessant, dass dieser Thread sich zu einem 'Rundumschlag' entwickelt. Und dass, wenn schlüssige Antworten greifbar nahe zu liegen scheinen, immer wieder neue Betrachtungsweisen sich auftun.
Ich wollte Timper gewissermaßen zustimmen, jetzt muss ich zuerst auch Dir, Lars, zustimmen, vor allem darin:
Die Natur ist das Höchste der Schöpfung .... sie ist quasi Gott. Wir sind ein essentieller Teil davon.
Das sehe ich als bekennender (wirklich?), naja jedenfalls als Katholik auch so. Und mein Gottesbild umfasst auch gleich noch jenseits des Planeten das ganze Universum. Nur so viel
dazu.
Und Timper ("Da hinkt nichts
(hinterher - Anmerkung 'Skm')"), da widersprichst Du Dir selbst in meinen Augen - da hinkt die Natur doch dem scheinbaren Willen hinterher - das tut aber hier gerade eben nicht viel zur Sache.
Wir versuchen nur die Natur auszubremsen. Das hat noch nie funktioniert. Wir versuchen Kultur der Natur überzustülpen.
Da muss ich Dir ziemlich Recht geben! Das sehe ich sehr ähnlich.
Vielleicht gehe ich da in manchen Details noch weiter:
Selbstverständlich kann der Mensch zu recht von seiner Einzigartigkeit überzeugt sein. Selbstverständlich beherrscht der Mensch Fähigkeiten, die in ihrem Ausmaß und dieser Kombination sehr einzigartig sind. Zu recht kann der Mensch sich somit auch von allen anderen Mitgeschöpfen abgrenzen und den Unterschied zu diesen Mitgeschöpfen betonen, sich
deutlich davon abgrenzen. Zu recht kann der Mensch sich abgrenzen von der übrigen Natur und einen Unterschied zwischen Natur und sogenannter Kultur definieren, was letzteres vor allem an intellektuellen Leistungen festgemacht wird. Zu vielleicht recht hat sich der Mensch den Begriff der Intelligenz erschaffen, das ihn über alles andere in der Natur selbst erhöht.
Nur: ist diese Intelligenz, auf die 'mensch' so besonders stolz ist, und auf sein Bewusstsein, das er jedem Geschöpf abspricht, welches nicht nach menschlichen Maßstäben auf den Spiegeltrick hereinfällt - Sind also des Menschen achso tolles bewusstes Handeln und seine Intelligenz das, was die Schöpfung auf Erden wirklich weiterbringt?
Mehr noch: wir Menschen berufen uns auf unsere kulturellen Leistungen (also deutlich mehr als nur die 'schönen Künste', sondern alles, was mit menschlicher Intelligenz hervorgebracht wurde, unser Wissen, unsere Fertigkeiten bis hin zu unserem intelligenten Anpassungsvermögen). Wir unterscheiden unsere Kultur von den Äusserung der Natur mit ihren minderbefähigten, unbeseelten Geschöpfen. Doch wir Menschen sind doch auch nur Teil der Natur!
Ist unsere Kultur nicht ebenso Teil der Natur? Das, was wir als 'künstlich' bezeichnen - bis hin zu wortwörtlich Kunststoffen - ist das nicht letzten Endes auch Teil und 'Programm' der Natur?
Ist das, was wir in kultureller Leistung hervorbringen, von der Friedfertigkeit, dem Handel untereinander, der Höflichkeit, der Architektur bis hin zum Gendersternchen nicht auch alles dem Programm der Natur entsprungen?
Sind unsere Leistungen, auf die wir achso stolz sind, nicht doch alles Ergebnisse aus Abläufen
in der Natur? Ist bei uns Menschen eben das alles nur in einem Maße verdichtet, wie es bei keinem anderen Mitgeschöpf in dieser Weise vorhanden ist?
Mit unserer achso tollen Kultur und Intelligenz sind wir in der Lage, das Gesicht unseres Lebensraums radikal zu verändern wie kaum ein anderes Wesen jetzt und zuvor in der Erdgeschichte (nach unserem heutigen Verständnis jedenfalls). Wir nutzen das auch sehr aus - nüchtern betrachtet trotz beseelter Intelligenz dann aber im Ergebnis doch nicht so ein intelligentes Seelenheil.
Freilich sind wir Menschen nicht die einzigen Wesen, die ihre Umgebung existenziell umgestalten. Biber legen sich Seen an, sowas wie die Gärten bei einigen von uns Menschen. Biber gestalten auch wesentlich ihre Umgebung und ziehen andere Mitgeschöpfe in Mitleidenschaft - oder erschaffen anderen wiederum ein Biotop. Auch ein Baum, den wir
als ach so natürlich verklären bewundern, greift wesentlich in seinen Lebensraum ein. Unter ihm wächst nicht mehr viel, den einen Organismen schadet er, anderen Organismen wiederum verschafft er günstige Bedingungen.
Nichts belebtes hat auch irgendwie keinen 'Fußabdruck' (selbst ohne Füße

), den es nicht hinterlassen würde. Auch in der Natur, die wir gerne romantisiert verklären, herrscht ein beständiges Hauen und Stechen, ein permanenter Überlebenskampf.
Wenn Vögel singen, dann dient das nicht zu ihrem Vergnügen, dann ist das Kommunikation oder gar harte Arbeit (Verteidigung des Reviers, Werben um Sexualpartner etc.). Das von uns hochgelobte biotopische, ökologische Gleichgewicht ist keine Eintracht der Geschöpfe der Natur, sondern ein Aushandeln der jeweiligen Möglichkeiten, deren scheinbares "Gleichgewicht" jederzeit aus dem Lot kommen kann, wenn sich einzelne Bedingungen ändern. Da braucht es nicht erst den Mensch, um den "Status quo", das scheinbare Gleichgewicht zu stören.
Machen wir uns nichts vor, so wirklich anders sind wir nicht als die gesamte Natur, von der wir uns immer wieder gerne durch Selbstüberhöhung extrem abgrenzen.
Und ich halte - wieder näher zurück zum Thema! - auch die markanten Merkmale von Genderrollen - die wir heutzutage gerne als ausschließlichen kulturellen Überbau definieren wollen - in Wirklichkeit sehr viel tiefer verankert in der Natur und sehr viel begründeter als wir uns heute zugestehen wollen.
Immer mehr geraten Begründungen, etwas auf die Steinzeit und damit der Natur, dem Wesen des Menschen zurückführen zu wollen, in ein Licht ewig gestriger, in ein Licht, mit radikalem Patriarchatsdenken verbunden zu sein. Immer mehr wird neuerdings versucht, unserem klassischen Bild von der Steinzeit eine ideologische Patina überzuziehen und unsere althergebrachten Annahmen zu widerlegen und zu beweisen, dass früher alles doch viel moderner angelegt war und Muster völliger Gleichbehandlung - nach unserem fortschrittlich-aufgeklärt-modernem Verständnis - in das Bild der Steinzeit hineinzubringen. Ein vielleicht berechtigter Ansatz - nur ob dieser stärker frei ist von Ideologien, das ist dabei die Frage.
Ich glaube, in allem Bemühen, Gender und 'Sex' (für biologisches Geschlecht) voneinander zu trennen - vor allem auch, um Zwischenformen ihre verankerte Berechtigung zu geben (könnte man aber auch anerkennen ohne krampfhafte Begründungen) - lassen sich Gender und 'Sex' eben doch nicht so frei auseinander dividieren.
Auch wenn es bei vielen seeehr konservativ klingen mag, ein wesentlicher Teil der Genderrollen sind dann eben doch darin verwurzelt, dass sie ihren deutlichen Vorteil hatten und wahrscheinlich vielfach noch haben, auch wenn uns das nach unserer heutigen Ideologie zuwiderlaufen scheint.
Und deswegen, Timper, bin ich mir ziemlich sicher, dass vieles davon wirklich auf sehr direktem Wege natürlichen Programmen entspringt. Zumal, wenn man das komplette kulturelle Erbe des Menschen auch als Teil der Natur definiert, es dann ohnehin eine natürliche Äusserung wäre.
Aber die Natur steht nicht still. Die Natur entwickelt sich weiter. Menschenkulturen sind zugrunde gegangen, neue sind entstanden, etliche Arten von Lebewesen sind ausgestorben, neue haben sich gebildet. Auch die Natur ist im Wandel. Vielleicht gemächlicher als es dem Menschen recht ist - manchen Menschen recht ist. Aber das ist die Natur des Menschen.
Und die allgegenwärtige Zuordung eines Menschen in Mann oder Frau ist wohl auch Teil eines natürlichen Programms: dem Programm der Selbsterhaltung der Art.
Und dieses Programm möchte ich im Gegensatz zu Holger nicht kleinreden in ein kausales Nichts auflösen.Das mag eine zufriedenstellende Antwort auf meine Fragestellung sein.
Doch juckt es mir in meinen Fingern und Gehirnwindungen sehr, das noch weiter zu ergründen.