Na, vor allem dank des legendären 9-Euro-Tickets gibt es zurzeit eine vermehrte Anzahl von kleinen Geschichtchen aus dem Bereich ÖPNV.
Längst nicht alle Geschichtchen, die sich so im ÖPNV oder auch andernorts so ergeben, kann ich hier im Forum schildern. Aber manche sind es nach meiner Auffassung dann doch wert, hier erzählt zu werden.
Alla, dann!
Zunächst eine schnelle, unspektakuläre Geschichte. Für mich aber war es ein Spektakel. Denn ich stieg für eine kurze Strecke in eine Straßenbahn (für Eingeweihte: Mainzelbahn) ein - und wähnte mich im Paradies. Erwähnen sollte ich, dass an diesem Tag hierzulande Temperaturen von 38, 39 Grad vorhergesagt waren. Und das Paradies bestand aus 17 Frauen, wovon nur eine Hosen trug. Der ganze Straßenbahn-Waggon war voller Kleider und ein paar Röcken. Ich blieb in meinem
Spaghettikleid in der Harmonika stehen. Eigentlich hatte ich mehr Reaktion erhofft. Aber dennoch: ein Kleid schöner als das andere. Und von den Frauen konnte man das auch behaupten. Alle so um die 30. Ein Paradies für einen rüstigen gefühlt 28-jährigen, der bisweilen schon mal als Opa bezeichnet wurde...

Gehofft hatte ich auch, dass die Frauenschar das gleiche Ziel hätten wie ich. Alsbald musste ich aussteigen, weil ich einen Anschlusszug kriegen wollte. Ich geh frühzeitig zur Tür. Hinter mir die Ansage einer Wortführerin: "Mädels! Wir steigen erst in zwei oder drei Stationen aus...!" ... Schade!
Okay, diese kurze, unspektakuläre Geschichte wollte ich eigentlich gar nicht schreiben, fiel mir nur grade so ein.
Jetzt mal eine eher erzählenswerte Geschichte:
Ich stieg in meinem (schon wieder!) Spaghettikleid in einen Zug ein. Auf der Suche nach einem Sitzplatz für die nächsten 30 Minuten musste ich an einem Viererblock mit jungen, nachtschwärmerischen Mädels vorbei, davor stand die Schaffnerin mir im Weg. Eigentlich sollte sie die Mädels bzw. deren Tickets kontrollieren, ich hätte mich dann auch kontrollieren lassen, damit ich dann endlich zu meinem geeigneten Sitzplatz durchschlagen kann.
Irgendwie aber kam es anders. Irgendwie kam ich zu meinem Sitzplatz zwar dann schon. Aber bevor die Schaffnerin ihre Arbeit verrichtete, sprach mich eines der vier Mädels im Viererblock an und fragte: "Machen Sie Ihre Nägel selber?" - Ich zunächst erstmal ganz verdutzt, blickte an meinem Adoniskörper runter und wurde mir bewusst, dass meine Zehennägel gemeint waren. "Ja", sagte ich, "aber erst seit ein paar Tagen, ich habe da überhaupt noch keine Erfahrung!" Sie sagte: "Sieht aber perfekt aus! Ich glaube, ich sollte auch mal anfangen, meine Nägel zu lackieren!" Und währenddessen hörte Frau Schaffnerin (wohlgemerkt: bei der Arbeit) interessiert zu. Erst nach diesem kurzen, scheinbar interessanten Austausch ging ihr Arbeitsalltag weiter - und ich zu meinem Sitzplatz.
In diesem Zusammenhang fällt mir eine weitere Begebenheit ein:
Und zwar parallel zu der Story, die ich in '...
gestern getragen' geschildert habe, wo ein Mann gegenüber an der Bierbank ewig unter den Tisch schaute.
Diesmal saß ich schon in dem Zug. Und zwar in einem Viererblock. Und diesmal mit einem Tisch dazwischen. Steigen da eine Gruppe kofferbestückter Schweizer ein, mitten in der Pampa (angesichts der Temperaturen: Extremadura), wobei das nichts zur Sache tut. Ich (schon wieder!) in meinem Spaghettikleid. Einmal durchgewaschen, trocknet wieder, wenn es nachts nicht kühler als 26 Grad wird. Egal.
Die Gruppe Schweizer verteilte sich quer über den Eisenbahnwaggon. Einer, so um die 60, platzierte sich nach anfänglichem Zögern dann mir schräg gegenüber in den Viererblock - ich saß da alleine. Er konnte wegen dem Tisch ja nur meine Spaghettiträger sehen. Dass da ein Kleid dranhing, konnte ihm vermutlich nicht so wirklich klar gewesen sein.
Jedenfalls nach ein paar schwizzerdütschen Floskeln quer über den Waggon verteilt sank er zusehends in sich zusammen. Sein Blick kam irgendwie nicht mehr nach oben. Ich schaute näher hin und merkte, dass er unter dem Viererblocktisch mein
Schuhe - und wahrscheinlich meine verhübschten Nägel entdeckt hatte und sein Blick konnte sich davon nicht mehr lösen. Minutenlang. Er beteiligte sich auch nicht mehr am Floskelaustausch seiner Mitschweizer.
Lediglich ein scheinbar fassungsloses Kopfschütteln durchfuhr immer wieder seine in sich gesunkenen Haltung.
"Diese dekadenten Deutschen!", wird er vielleicht gedacht haben.Es war ein Genuss, dem zuzusehen!!!!

)
An dieser Stelle vielleicht noch folgende komplettierende Verlautbahrung - eigentlich hätte ich´s untern "Tisch fallen lassen", wenn es nicht zu schön gewesen wäre

- ja, ich habe meine Fußnägel optisch aufgehübscht.
Barefoot-Joe war der erste, dem es aufgefallen ist (jedenfalls in unserem erlesenen Kreise). Ich habe vor drei, vier Wochen angefangen, aus 'Gründen' meine Fussnägel zu bepinseln. Ich war bemüht, einen ziemlich naturidentischen Farbton aufzutun. Aber irgendwie sticht das sensibilisierten Menschen doch sofort ins Auge. Auch einigen Freunden. Sichtlich. Die sich aber bis jetzt noch nicht trauten, das anzusprechen...

Ganz abschließend und zuletzt in diesem Zusammenhang noch - und das hat mit ÖPNV nun leider gar nichts mehr zu tun, aber mit dem Thema Bepinselung - folgendes: Letzten Donnerstag (Feiertag) stand ich in einem locker fluktuierenden Grüppchen von überwiegend Frauen. Eine sehr gute Freundin, die dazustieß, war die einzige, die unbehandelte Fußnägel hatte. Naja, die fluktuierenden Männer in der Minderzahl ja ebenso. Aber die Frauen mit ihren Schuhkunstwerken und ihren Fußnägelkunstwerken und den flatternden Röcken und Kleidern - mein Blick nach unten war jedesmal eine wahre Augenweide! Und meine Fußnägel haben in dieser Runde sich soooo wohl gefühlt....
