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Da muss ich von einer Begegnung vor drei Tagen am Abend berichten.
Fast wollte ich es hier nicht kundtun. Weil es den einen oder anderen in seinem Tun vielleicht verschrecken könnte.
Andererseits möchte ich die Geschichte nicht zurückhalten, um zu zeigen, wie man mit einer Situation eventuell auch umgehen kann. Aber vorweg: Von Fall zu Fall kann das natürlich ganz anders ablaufen.
In meinem Fall war ich so kurz nach 21 Uhr unterwegs - Ihr werdet mein Outfit noch im Sinn haben, bzw.
da finden - weil fortgeschritten, noch mit einem Sportjäckchen ergänzt. Heimweg war angesagt. Ich bin aus dem Bus ausgestiegen und hatte noch ein gutes Stück zu laufen. Mit mir sind drei, vier andere Menschen ausgestiegen und grob auch in meine Richtung gelaufen.
Es war dunkel und im Halbdunkel der Laternen und Bäume sprach mich einer an. Keine Ahnung, ob er auch aus dem Bus kam oder ob er gerade sonstwo um die Ecke gebogen war. Er lief in meine Richtung und erkundigte sich nach einer Buslinie. Es ist ein kleiner ÖPNV-Knotenpunkt mit vier, fünf, sechs verschiedenen Buslinien, z.T. unterschiedliche Betriebszeiten und mehrere Einzelhaltenstellen über die Fläche und um die Ecken verteilt. Ich wies hinter mir auf die zwei in Frage kommenden Haltestellen hin, erwärtungsgemäß hätte der Fragende nun dorthin zurücklaufen müssen. Tat er aber nicht.
Irgendwas von er müsse später arbeiten, hätte aber noch Zeit murmelte er und lief munter weiter in meine Richtung und interessierte sich für mein Outfit. Freundlich, wie ich bin, gab ich Auskunft. An zwei entscheidenden Wegscheidepunkten hoffte ich, dass mein "Ich muss jetzt da lang" mich von meinem Begleiter befreien würde, "Ja, ich kann auch da lang!" war dann die wiederholte Enttäuschung.
Der Begleiter, schlechtes Deutsch, musste öfter nachfragen, was oder wie er es meint, keine Ahnung aus welcher Weltregion er entstammte, halber Kopf kleiner als ich, normal gebaut, machte einen durchschnittlich gepflegten Eindruck. Die Unterhaltung war aber wegen eingeschränkter Deutschkenntnisse schwierig und es wunderte mich nicht, dass er mehr oder weniger immer wieder die Fragen selben Inhalts stellte.
Mein Weg - pardon 'unser' Weg führte über einen in Dunkelheit gottverlassenen Spielplatz in einer Parkanlage. Und da fing er an verbal aufdringlich zu werden, ob ich nicht bi wäre oder es mal mit einem Mann versuchen wolle - also er wurde konkreter - die Frage nach der Buslinie war also nur Vorwand. Ich verneinte, verabschiedete mich freundlich, da stand er schon mit heraushängendem Piepmatz im Dunkeln neben mir, fast flehend. Ich ging nochmal drei Schritte auf ihn zu, sagte "Du bist bestimmt ein Lieber! Aber ich komme von der Seite!", ich umarmte ihn mit einem Arm von der Seite und ließ ihn stehen.
Das war das vierte Mal in vier Jahrzehnten in Rock und Kleid, dass ich von heißgemachten Männern ein eindeutiges Angebot bekam - das zweite Mal mit Piepmatz, wobei das erste Mal in einem Park hellichtentags einer war, der von Ferne dachte, es käme eine Frau ihm entgegen. Und die anderen zwei Mal ohne Piepmatz waren es nur Versuche verbaler Art. Diesmal halt schon irgendwie mehr.
Freilich hätte ich auch anders reagieren können. Ihn zum Teufel jagen. Oder die Polizei rufen. Meiner Einschätzung nach geht von ihm aber keine ernsthafte Gefahr aus - auch wenn der Ort des Geschehens (bestimmt eher zufällig) ein Spielplatz war (das war einige hundert Meter zuvor für ihn keineswegs absehbar, dass der Weg dorthin führen würde).
Ich weiß nicht, ob ich in jeder anderen Situation so souverän damit hätte umgehen können. Für mich ist es aber kein Anlass, einsame Straßen, Parkanlagen oder dunkle Stunden zu meiden. Ein bißchen Abenteuer, ein bißchen Erfahrung, ein bißchen Unangenehmes gehört mit zum Leben dazu.
Bis jetzt bin ich immer gut aus allen Situationen herausgekommen. Mit diesem Selbstvertrauen bin ich überall unterwegs, wann und wo ich möchte, in welcher Bekleidung ich auch immer möchte. Das lasse ich mir auch nicht nehmen.