"Nicht von der Hand zu weisen. In diesen Redewendungen liegt ja oft ein tieferer Kern.", schreibt Timper.
Naja, "
sie hat die Hosen an" stammt sogar noch deutlich vor der Zeit, wo die Frau zur Hose griff.
Diese Redewendung zeugt von der Symbolkraft der Hosen (symbolisiert uneingeschränkt den Mann) und von der patriarchalen Struktur innerhalb einer Familie, eines Paares. Und das ganze bestimmt noch einmal später angefeuert mit dem Bestreben der Frau, z.B. wählen zu dürfen oder arbeiten gehen zu dürfen.
Interne Entscheidungen unterlagen in der Zeit zuvor ganz klar dem Machtwort des Manns - sofern er davon Gebrauch machte. Zumindest das, was von der Familie, dem Paar nach aussen hin offensichtlich war, war oft vom Haushaltsvorstand, per se dem Mann, bestimmbar. Zurecht hat sich das in der Zwischenzeit deutlich verändert.
Was aber oft vergessen wird, dass ziemlich viele Dinge doch auch von den Frauen bestimmt wurden. Und dass Aufgabentrennung und Konzentration auf bestimmte Bereiche der Teambildung vielleicht förderlicher waren als jetzt, wo jeder alles gleichermassen gerne und gut machen soll. Ja, hier schimmert vielleicht ein kleiner Konter-Feminist in mir hindurch...

Das mit der Augenhöhe ist ein guter Ansatz, Gleichwertigkeit in einer Beziehung auszudrücken, ist aber oft auch eine recht schwammige Definitionssache, die ebenso schnell wieder missbäuchlich oder manipulativ sogar angewendet werden kann. Ich komme da gleich noch ein wenig drauf zurück.
Eigentlich flanierten in mir ein paar Gedanken im Hirn, um vor allem auf Gregors Beiträge von heute Vormittag näher einzugehen. Da greift Timper so ein paar Stichworte bereits auf, auf die ich selber eingehen bzw. die ich verwenden wollte.
Wenn wir mal den Rock ausblenden, gibt es durchaus Beziehungen, wo es Machtgefüge gibt, in der die Frau die bestimmende Rolle hat. Jeder träumt ja von der gleichen Augenhöhe aber das ist nicht immer so.
Wenn wir uns das Paar anschauen, das Janna hier im Thread uns vorgestellt hat, so - falls es nicht alles Phantasie und Fake ist - wird zwar der Mann 'gezwungen', ja 'unterworfen', der das ganze aber sicherlich nicht mitmachen würde, sofern er nicht selbst einen gewissen Gefallen daran finden würde.
Wo ist bei diesem Paar die Augenhöhe? Diese wurde für unsere Augen wohl völlig aufgegeben.
Aber ist es nicht überall so, dass, wenn wir "auf Augenhöhe" uns in einer Beziehung bewegen, das nicht komplett alle nur erdenklichen Bereiche des Zusammenlebens und -gestaltens umfassen kann? Mal fordert jemand "auf Augenhöhe" etwas ein, was der andere vielleicht bereit ist zu überlassen, mal holt der andere sich mehr als auf Augenhöhe etwas heraus. Ist dieses Nehmen und Geben können,
da mehr, dort weniger, nicht die eigentliche Kunst des gegenseitigen Respekts, um gemeinsam ein gutes Team zu bilden?Und auch besser als das beständige Pochen auf Augenhöhe, unter dessen Deckmäntelchen sich der eine vielleicht eher mehr Rosinen herauspickt als es dem anderen lieb ist?
Man könnte den Faden sogar noch weiter spinnen. Nicht wenige Männer klammern sich in kaputten Beziehungen an die Frau, weil sie alleine nicht klarkommen. Fast schon eine besondere Form von Unterwerfung. Nicht BDSM, aber etwas selbstzerstörerisches hat es schon.
Ich will das noch nicht mal auf kaputte Beziehungen beschränken. Sondern ein gefundener, gelebter, oft nicht ausgesprochener Konsens, wo sich jemand (hier reden wir vom Mann) bewusst oder unbewusst zurücknimmt, um eben die Beziehung nicht aufs Spiel zu setzen. Innere Kompromisse eben, die ein jeder (und wohl nicht nur der Mann) findet, mit dem er sich abgibt, um die Beziehung am Leben zu erhalten.
Und genau nach diesem Schema erlebe ich es oft, wenn Männer sagen, sie würden gerne Hosen tragen. Ich interpretiere oft das als eine Form des inneren Kompromisses, um bloß nicht mit der Frau/Freundin anzuecken. Ja, eine Form der automatischen Unterwürfigkeit. Und ich glaube daran scheitert auch durch die Bank weg der Mut bei Männern, aus den Hosen auszubrechen. Es kommt da zwar ja noch viel mehr hinzu - haben wir im Forum schon vielfach hoch- und runter-diskutiert. Aber diese - ich nenne es nochmals - Unterwürfigkeit innerhalb der Mann-Frau-Beziehung verleitet es dem Mann, in Sachen Kleidung progressiv zu sein.
Und in Sachen Kleidung ist es eben keine Augenhöhe, die gemeinhin praktiziert wird. Und wenn angeblich doch (da fällt mir grade ein Zeitschriftenartikel ein, der als Paradebeispiel gelten könnte), dann zerfällt diese Augenhöhe doch bei genauerem Hinsehen sofort wieder, weil das Bekleidungsrepertoire der Frau viel freier, breiter ist als die des Mannes. Wo kann da von Augenhöhe gesprochen werden, solange das so sehr unterschiedlich bleibt (Frau alles, Mann wenig)!
Und genau diese Verbotszone (Frau alles, Mann wenig) ergibt natürlich auch den gewissen Reiz, der auf den Mann das Verbotene auslösen kann. Etwas, was er nicht haben kann / darf / soll. Etwas Geheimnisvolles. Und da das Verbotene so sehr auch mit dem Weiblichen verknüpft wird, sind es eben für manche Männer die Wege, die sie brauchen, um doch an das Verbotenen zu kommen.
Die einen kleiden sich dann mal ganz als Frau (hoffentlich erkennt keiner, dass ich ein Mann bin), andere sehnen sich danach, in die Verbotszone gezwungen zu werden (Feminisierungs-Phantasien / -Praktiken), und da das ja auch gesellschaftlich nicht offen gewünscht ist, geraten diese Wege schnell in den Bereich des Intimen und werden mit Sexualität und Erotik aufgeladen.
Frauen müssen sich nicht grundlegend verkleiden, um dominant sein zu dürfen (die klassische Domina trägt keinen Schlips und Anzug). Der Mann muss sich aber erniedrigen, bücken, krabbeln, ins 'Verbotene' verkleiden, um die Kontrolle abgeben zu dürfen.
Ich glaube, es sind sehr stark diese Sehnsüchte, die einen Mann zu erniedrigenden Rollenmustern rund um BDSM bringen.
Und da stehen die Themenfelder Feminisierung und BDSM sehr entgegen jenen Inhalten, die ein Mann, der statt Hose einfach nur einen Rock tragen möchte, im Sinn hat.
Der 'Mann mit Rock' will dem Rock das Weibliche nehmen und er will eher anerkennen, dass das mit weiblichen Attributen besetzte Kleidungsstück und das Frauenbild als solches nicht minderwertig, sondern gleichwertig ist.
Dazu im Gegensatz wird bei der Feminisierung eher das Niederwertige gesucht und bestätigt. Bei BDSM (zumindest teilweise) auch - wobei es freilich ja auch Spielarten gibt, die 'auf Augenhöhe' mal den Mann, mal die Frau unterwerfen.
Klar übt der Rock einen magischen Reiz auf mich aus. Ich will gar keine Hosen mehr tragen, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist.
...
Ich hab das Rocktragen eben immer als angenehm, luftig und komfortabel empfunden. Eventuell steckt doch mehr dahinter. Warum weiß ich auch nicht genau. Es gefällt mir eben.
Ja, Jürgen, so räumst Du ein, was Timper vermutet. Dass viele nur nicht ehrlich genug sind, hier im Forum das zuzugeben. Aber oft auch nicht ehrlich genug zu sich selbst sind.
Wer weiss! Vielleicht steckt noch bei jedem mehr dahinter! Aber ist es so wichtig zu wissen, warum ganz genau jemand das anzieht, was er anzieht? Fragen wir unsere Frauen auch jeden Tag, warum sie Hosen anhaben, oder dies oder jenes? Beweggründe kann es viele geben.
Warum dürfen Männer nicht auch ihre Beweggründe haben? Auch unentdeckte, unoffenbarte? Müssen sie irgendwelche erwähnenswerte Beweggründe haben? Muss alles pathologisch sein, etwas, was man vielleicht gar heilen kann?
Ich halte es für sehr weit hergeholt, und für
mit althergebrachten Klischees belastetem Denken verbunden, wenn man vermutet, ein Mann mit Rock wolle sich selbst unmissverständlich erniedrigen.
Ich finde eher, das Gegenteil ist der Fall. Und es ist auch ein Zeichen für Anerkennung der Frau auf all ihren Ebenen - ein Verehren so ziemlich auf Augenhöhe.